SBB prüfen Beschaffenheit des Seebodens

Luzern: Erste Bohrungen für Tunnel durch Seebecken laufen

Der Durchgangsbahhof könnte eine teilweise Trockenlegung des Seebackens bedingen. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Der Bau des Durchgangsbahnhofs liegt – zumindest gefühlt – noch in sehr weiter Zukunft. Und doch wird es schon konkret: Demnächst finden wichtige Bohrungen und Messungen im Luzerner Seebecken statt. Sie sollen Aufschluss darüber geben, was die Tunnelarbeiter antreffen und wie der Tunnel gebaut werden kann. Liegt das Luzerner Seebecken schon bald trocken?

Der Dreilindentunnel ist das eigentliche Schlüsselstück des Luzerner Durchgangsbahnhofsprojekts. Natürlich ist der unterirdische Bahnhof selbst das Herz des Unterfangens – aber der Dreilindentunnel ist die entscheidende Abkürzung, um die Nadelöhrproblematik des Luzerner Bahnhofs zu lösen. Der geplante Tunnel führt unter dem Vierwaldstättersee hindurch bis östlich vom Rotsee.

Dieser erste Abschnitt des Tunnels, direkt unter dem Seebecken hindurch, gehört zu den spektakuläreren Unterfangen des Generationenprojekts. Nicht zuletzt deshalb, weil eine teilweise Trockenlegung des Seebeckens notwendig ist. Nun sollen erste Aufklärungsarbeiten denn Weg dahin ebnen.

Bohrungen in 80 Meter Tiefe

Aktuell liegen Pläne für Sondierungen im Seebecken auf. Gesuchsteller sind die SBB. Sie wollen mittels Bohrungen und Messungen die genaue Beschaffenheit des Seebodens und der Gesteinsschichten darunter in Erfahrung bringen. Die Arbeiten dazu werden auf einer Schwimmplattform (Ponton) ausgeführt.

Insgesamt sind neun Bohrungen geplant. Es handelt sich dabei um sogenannte Clusterbohrungen. An drei Stellen im Seebecken, zwischen den Landungsbrücken beim Europaplatz und dem gegenüberliegenden Kurplatz, werden je drei Bohrungen durchgeführt. Diese führen in eine Tiefe von zwischen 13 und 80 Metern unter dem Seepegel, wie den aufliegenden Dokumenten zu entnehmen ist.

Die Bohrkerne haben einen Durchmesser von rund 20 Zentimeter. Geologen sollen daraus Proben entnehmen. Die SBB erhoffen sich, dass diese Proben wichtige Erkenntnisse zur Beschaffenheit des Untergrunds im Bereich
der Tunnelbauwerke liefern. Mit anderen Worten: Die SBB wollen wissen, womit sie zu rechnen haben, wenn sie dort einen Tunnel einbauen wollen.

Sonde soll präzises Bild liefern

Zudem sollen im gleichen Gebiet sieben elektrische Drucksondierungen ausgeführt werden. Bei diesem Verfahren wird eine mit internen Sensoren ausgestattete Messsonde mit einer konstanten Geschwindigkeit in den Boden eingedrückt. Die Sonde hat einen Durchmesser von rund 4,5 Zentimeter.

Die daraus resultierenden Daten sollen ein noch genaueres Bild von den Gesteinsschichten und deren Dichte liefern. Diese Sondierungen führen rund 50 Meter unter den Seepegel.

Bei den Quadraten sollen die Bohrungen stattfinden, bei den Dreiecken die elektrischen Drucksondierungen. (Karte: Screenshot SBB)

Bauweise steht noch nicht fest

Der Dreilindentunnel soll voraussichtlich mittels verschiedener Bautechniken realisiert werden. Gewisse Abschnitte werden klassisch durch Bohrungen erstellt, andere im Tagbau – hier wird zuerst die Oberfläche abgetragen, dann der Tunnel eingesetzt und danach alles quasi wieder eingebuddelt.

Die Querung des Luzerner Seebeckens ist aber nochmals eine andere Geschichte. Die vorgesehene Route erstreckt sich über rund 350 Meter und führt vom Schweizerhofquai – ungefähr auf Höhe des Pavillons – bis zum Bahnhofplatz. Welche Tunnelbautechnik hier zum Zuge kommen soll, steht noch nicht abschliessend fest, wie die SBB auf Anfrage von zentralplus erläutern: «Wir erarbeiten das Vorprojekt Durchgangsbahnhof Luzern bis Ende 2022, dazu gehört auch die Überprüfung der Baumethodik der Seeunterquerung. Deshalb können wir zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht weiter darauf eingehen», schreibt Mediensprecherin Jeannine Egi.

Eine Möglichkeit wäre das sogenannte Senkbrunnenverfahren. Dabei werden einzelne Tunnelelemente in Etappen innerhalb von provisorischen Dämmen auf dem trockengelegten Seegrund erstellt, abgesenkt und dann miteinander verbunden. Anschliessend werden die zusammengefügten Elemente mit einer Innenschale verkleidet. Die Seequerung kommt dabei auf vorgängig erstellte Pfähle zu liegen. Diese Möglichkeit wurde zumindest im Kurzbericht zum Vorprojekt im Jahr 2013 bereits aufgeführt.

Im Profil: So wurde die Seequerung 2013 aufgezeigt. (Visualisierung BUWD)

Trockenlegung bereitet dem Tourismus Sorgen

Die Tatsache, dass der Seegrund während längerer Zeit trockengelegt werden könnte, dürfte in Luzern noch zu reden geben. Es wäre eine der auffälligsten «Narben» während der rund 10-jährigen Bauzeit des Durchgangsbahnhofs – auch wenn es eine ist, die danach wieder ganz verheilen soll.

Was für Auswirkungen eine Trockenlegung des Sees auf die Stadt – insbesondere auf die Tourismusbranche – haben könnte, beschäftigte zuletzt auch die Politik. Es ist mit einer der Gründe dafür, dass SP und FDP einen Mediator für das gesamte Durchgangsbahnhofsprojekt einsetzen wollen (zentralplus berichtete).

Arbeiten bis Dezember

Die Pläne für die Sondierungen im Seebecken liegen noch bis am 9. Oktober auf. Gemäss den SBB beginnen die ersten die Vorarbeiten aber noch in diesen Tagen. Die Sondierungen im Seebecken werden gemäss SBB bis im Dezember andauern.

Die daraus resultierenden Befunde seien für die weitere Projektierung des Durchgangsbahnhofs unabdingbar, wie den aufgelegten Dokumenten zu entnehmen ist. Auf politischer Ebene könnten die Resultate ebenfalls von Interesse sein. Sie dürften Auskunft darüber geben, wie leicht oder komplex – sprich: wie teuer – die Realisierung dieses sensiblen Teilstücks ausfällt. Über die definitive Realisierung des Durchgangsbahnhofs entscheidet das eidgenössische Parlament voraussichtlich 2026.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Paul Stopper
    Paul Stopper, 12.10.2021, 12:51 Uhr

    Warum es den Durchgangsbahnhof in Luzern definitiv nicht braucht.
    Schön, dass für ein Bauwerk, das hoffentlich gar nie verwirklicht wird, Millionen von Franken (indirekt Steuergelder) für Tiefbohrungen ausgegeben werden. (Fast) alle schwärmen zwar immer noch von einem Luzerner Durchgangsbahnhof, obwohl ihn viel davon gar nicht mehr erleben werden, so er denn gebaut würde. Man erinnert sich, dass vor nicht allzulanger Zeit ein wirklicher Sackbahnhof von Ebikon unter den heutigen Bahnhof propagiert wurde, bis «man» merkte, dass er betrieblich einen westlichen Ausgang benötigt. Und so wurde er zu einem Tunnelbahnhof ohne wirklichen Sinn.
    Der erste, realistische Gedanke zum Tiefbahnhof entstand in den siebziger Jahren, als noch von einer echten Nord-Süd-Achse des europäischen Eisenbahnnetzes von Basel via Luzern-NEAT-Italien gesprochen wurde (mit der Seelisberger-Linie direkt von Luzern nach Altdorf/Erstfeld-NEAT, so wie die Nationalstrasse seit mehr als 30 Jahren nach Süden führt). Mit der Beerdigung dieses Gedankens ist auch der Tiefbahnhof Luzern in Schieflage geraten, resp. man wusste nicht mehr, was er überhaupt soll. Aber festhalten wollte man eben doch. Denn: wenn Zürich doch zwei Durchgangsbahnhöfe hat, muss doch Luzern auch einen haben … .
    Fazit: Ohne südlichen Ausgang von Luzern zur NEAT und damit nach Italien bringt ein gequälter Durchgangsbahnhof in Luzern wirklich nichts. Zwischen Luzern und Arth Goldau-Brunnen-Altdorf ist ja noch nichts geplant. Spätestens in Rotkreuz münden die Nord-Süd-Personenzüge weiterhin in die lediglich zweispurige, alte und langsame Strecke nach Arth Goldau-Brunnen-Altdorf und behindern sich gegenseitig mit dem Güterverkehr. Mit einer Seelisberg-Linie kann problemlos im heutigen, oberirdischen Bahnhof gewendet werden, denn der Fahrzeitgewinn gegenüber dem Umweg über Art-Goldau beträgt immer noch mehr als eine halbe Stunde. Mit einer vierspurigen Ein- und Ausfahrt ist die Kapazität des oberirdischen Bahnhofes genügend. Und noch etwas: Ohne Durchgangsbahnhof Luzern kann auch auf die unsägliche Abstellanlage in Dierikon verzichtet werden.

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