Zehn Fragen zur Abstimmung

Luzern entscheidet über Mega-Büro am Seetalplatz

177 Millionen Franken will der Kanton in ein neues Bürogebäude für seine Verwaltung investieren: Am 28. November entscheidet die Luzerner Stimmbevölkerung über das Projekt. zentralplus zeigt auf, warum der Neubau nicht nur die Kantonsangestellten betrifft, sondern für eine neue Arbeitskultur steht.

Vor wenigen Tagen ist den Luzernerinnen das Abstimmungscouvert in den Briefkasten geflattert. In der öffentlichen Debatte geben vor allem das Covid-Gesetz und die Pflegeinitiative zu reden.

In Luzern steht aber auch eine kantonale Vorlage zur Abstimmung: der Neubau für die Kantonsverwaltung am Seetalplatz.

zentralplus hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum kantonalen Urnengang zusammengestellt.

1. Worum geht es?

Heute arbeiten die Angestellten des Kantons Luzern in ganz verschiedenen Gebäuden in der Stadt, aber auch in anderen Gemeinden verstreut. In Zukunft wird ein markanter Teil von ihnen unter demselben Dach in Emmenbrücke beschäftigt sein. Der Kanton plant am Seetalplatz ein grosses Bürogebäude für seine Verwaltung.

Dadurch werde die Verwaltungsarbeit effizienter, begründet die Regierung. Denn die heute dezentrale Verteilung sei für die Zusammenarbeit nicht optimal. Im Wettbewerb durchgesetzt hat sich das Projekt «Metropol» von Losinger Marazzi AG und Max Dudler Architekten.

Der zukünftige Standort liegt auf demjenigen Grundstück, das heute durch die Zwischennutzung NF 49 bespielt wird. Das neue Bürogebäude soll Mitte 2026 bezugsbereit sein.

2. Betrifft das Ganze nur die Kantonsangestellten?

In erster Linie: Ja. Aber das Verwaltungszentrum soll auch eine zentrale Anlauf- und Beratungsstelle für die Bevölkerung werden. So wird beispielsweise das Passbüro genauso in Emmenbrücke zu finden sein wie ein Polizeiposten, das Handelsregister oder das Amt für Migration. Es soll also zugleich auch ein bürgernahes Dienstleistungszentrum werden. Oder in den werberischen Worten des Kantons: wie ein «Shopping-Center», in dem fast alle Besorgungen unter einem Dach getätigt werden könnten.

Apropos Shopping: Im Erdgeschoss sind tatsächlich auch Läden, ein öffentliches Betriebsrestaurant und andere Nutzungen für die breite Bevölkerung vorgesehen.

Wer es besonders nah an der Verwaltung mag, kann sich übrigens selber im neuen Bürohaus niederlassen: Im 6. bis 9. Obergeschoss sind insgesamt 17 Mietwohnungen und eine Kindertagesstätte geplant.

So soll der neue Bürokomplex am Seetalplatz aussehen. (Visualisierung: zvg)

3. Wieso gerade am Seetalplatz?

Der Kanton besitzt am Seetalplatz mehrere Grundstücke. Das heisst, er muss nicht teures Land dafür kaufen. Zudem handelt es sich um ein Gebiet, das sich vom hässlichen Verkehrsschlund zum neuen Stadtteil mit Wohnungen, Arbeitsplätzen, Einkaufsmöglichkeiten und einem Stadtplatz entwickeln soll.

Die Regierung streicht zudem hervor, dass der Seetalplatz sehr gut erschlossen ist. Nicht nur für Autos, sondern mit dem neuen Busbahnhof und dem Bahnhof Emmenbrücke auch für alle, die mit dem öffentlichen Verkehr unterwegs sind. Und gerade deswegen sollen die Mitarbeitenden des Kantons mit Bus, Zug oder Velo anreisen, denn aktuell ist lediglich eine Einstellhalle mit 74 Parkplätzen vorgesehen. «Die guten Erschliessungen durch den öffentlichen Verkehr und für den Fuss- und Veloverkehr schaffen die Voraussetzung für einen weitestgehend autofreien Pendel- und Geschäftsverkehr», erklärte Gesamtprojektleiter Franz Müller kürzlich (zentralplus berichtete).

4. Wer zügelt – und wer bleibt in der Stadt?

Rund 30 Dienststellen zügeln bei einem Ja in einigen Jahren nach Emmenbrücke. Aber nicht alle. So bleiben zum Beispiel die Lebensmittelkontrolle und der Verbraucherschutz oder der Veterinärdienst an ihren bisherigen Standorten, denn beide Dienststellen benötigen Spezialeinrichtungen. Auch die kantonalen Schulen und der grösste Teil der Luzerner Polizei zügeln nicht mit.

Ebenso behalten der Regierungsrat sowie die Stäbe sämtlicher Departementssekretariate und die Staatskanzlei ihre bisherigen Büros. Sie gestalten ihre Arbeitsplätze künftig flexibel, hält der Kanton fest. Das heisst: Wenn es sinnvoll ist, sind sie ebenfalls im Verwaltungsgebäude am Seetalplatz zugegen.

5. Was kostet das Projekt?

Der Neubau der kantonalen Verwaltung kostet insgesamt 177,4 Millionen Franken. Dieser Kredit kommt am 28. November zur Abstimmung. Die Regierung ist überzeugt, dass der Kanton sich diese Investition leisten kann.

Zumal er langfristig auch Geld einspart. Denn heute mietet er rund 80 Prozent der Büros in der Stadt und Agglomeration – das wird mit dem Neubau nicht mehr nötig sein. Pro Jahr wird der Kanton zukünftig rund 9 Millionen Franken weniger ausgeben. Auch weil nicht mehr jeder Angestellte einen eigenen Arbeitsplatz hat.

6. Welchen Einfluss hat die Homeoffice-Erfahrung aus dem Lockdown?

Der Kanton baut ein neues Bürohaus, aber nicht in Form der klassischen Amtsstube. Für die 1450 Mitarbeitenden am Seetalplatz werden nur rund 950 Arbeitsplätze geschaffen. Denn abgesehen davon, dass nicht alle in einem Vollzeitpensum tätig sind, arbeiten bereits heute viele im Homeoffice oder von unterwegs (zentralplus berichtete).

Der Neubau soll auch für eine moderne Arbeitskultur sorgen. Im geplanten Verwaltungsgebäude ist ein Open-Space-Bürokonzept ohne fix zugeteilte Arbeitsplätze vorgesehen. Die neue Arbeitskultur soll auch das fachübergreifende und vernetzte Arbeiten fördern – und den Kanton Luzern als Arbeitgeber attraktiver machen. Nicht zuletzt spart der Kanton damit eben auch Geld, denn die heutigen Büroflächen werden um rund 15’000 Quadratmetern – oder 40 Prozent – reduziert.

7. Was passiert mit den «alten» Büros der Kantonsverwaltung?

Ob in der Buobenmatt, oberhalb des Kleintheaters oder am Hirschengraben: Insbesondere im Luzerner Stadtzentrum werden durch den Umzug viele Büros frei. Ihre Fläche entspricht rund 250 Vier-Zimmer-Wohnungen oder Hunderten von Arbeitsplätzen für Firmen.

Blick in den Gastronomiebereich, der Richtung Seetalstrasse vorgesehen ist. (Visualisierung: zvg)

Was damit passiert und wie sie künftig genutzt werden, ist noch weitgehend unklar und hängt davon ab, was die jeweiligen Eigentümer machen. Ob das mehr ein Risiko für grosse Leerstände darstellt oder eine Chance für die Stadtentwicklung, liegt im Auge des Betrachters (zentralplus berichtete).

8. Wer ist für das Projekt?

Trotz einzelner Kritikpunkte: Das Projekt ist im Grundsatz unbestritten. Und folglich hat sich ein überparteiliches Ja-Komitee formiert, dem alle Kantonsratsparteien angehören. Bislang haben SP, GLP, EVP, FDP und SVP die Ja-Parole beschlossen. Die Mitte entscheidet erst diese Woche. Auch im Kantonsrat kam der Kredit mit 104 Ja- zu 1 Nein-Stimme überdeutlich durch.

9. Wer ist dagegen?

Neun Enthaltungen gab es im Kantonsrat von Mitgliedern der Grünen/Jungen Grünen, die sich ein ökologisch ehrgeizigeres Projekt gewünscht hätten. Die Partei hat sich kürzlich für die Stimmfreigabe entschieden. «Wir begrüssen die Bemühungen, den Neubau nachhaltiger zu gestalten als den Status quo», begründete Co-Präsident Raoul Niederberger. «Das Projekt ist jedoch weder besonders fortschrittlich noch ökologisch, lediglich heutige Mindeststandards werden erfüllt.»

Kritik gab es zudem teilweise auch aus Regionen, die Verwaltungsstandorte «verlieren». So gab es zum Beispiel mehrere politische Vorstösse zum Umzug der Dienststelle Landwirtschaft und Wald, die heute in Sursee zu finden ist. Die Regierung plant zum Ausgleich allerdings regionale Hubs: Eine Form von Coworking-Arbeitsplätzen, zum Beispiel in Willisau, im Seetal, im Entlebuch oder in Sursee, welche die Angestellten ebenfalls nutzen können.

10. Bonusfrage: Hat's nicht auch noch Platz für die Gerichte?

Eine Idee, die in der jüngsten Vergangenheit immer wieder auftauchte: Der Kanton könnte doch auch gleich das Kantonsgericht am Seetalplatz unterbringen. Denn der geplante Standort am Kasernenplatz ist bekanntlich sehr umstritten.

Die Regierung verweist allerdings auf die Gewaltentrennung: Die Gerichte sollen nicht im gleichen Gebäude einquartiert sein wie die Verwaltung und die Regierung. Auch die Sicherheitsanforderungen und die Platzreserven sprachen dagegen (zentralplus berichtete).

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Meier Hanspeter
    Meier Hanspeter, 12.11.2021, 08:51 Uhr

    Ich finde dass man die 177 Millionen Franken besser investieren könnte. Stimmt deshalb mit einem NEIN ab.

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