Von allen wird Corona-Tribut erwartet

Lohnverzicht der Spieler? EVZ-Führung steht vor einer Mission impossible

Er ist der Posterboy des EV Zug, Captain, einer der bestverdienenden Akteure und gehört zu den 13 Zuger Kaderspielern mit einem auslaufenden Vertrag: Raphael Diaz. (Bild: Daniela Frutiger/Freshfocus)

Zugs CEO Patrick Lengwiler verlangt von allen Angestellten einen Lohnverzicht, um das für die nächste Saison veranschlagte Defizit von gut 4 Millionen Franken zu minimieren. Gleichzeitig gibt der Klub aber Geld für neue Spieler aus. Wie erklärt Lengwiler diesen Widerspruch?

Jetzt macht sich Patrick Lengwiler an sein wohl schwierigstes Projekt zur finanziellen Bewältigung der nächsten Corona-Saison. In den nächsten Tagen will die Klubführung einen tragfähigen Vorschlag ausarbeiten, wie der Lohnverzicht für jeden der rund 120 Festangestellten in- und ausserhalb der EVZ-Garderobe konkret aussehen soll.

«Wir verfolgen einen linearen Ansatz für Mitarbeiter und Spieler, das ist unserer Ansicht nach am fairsten», schwebt Lengwiler vor. Konkret: Je höher das Salär, umso grösser die Lohneinbusse.

Nachdem der Bundesrat letzte Woche grünes Licht für eine Erhöhung der Zuschauerobergrenze auf zwei Drittel der Stadionkapazität per Anfang Oktober gegeben hatte, bezifferte Lengwiler den zu erwartenden Verlust unverzüglich auf 4 bis 5 Millionen Franken (zentralplus berichtete).

Lengwiler rechnet mit Solidarität

Der schmerzhafte Prozess soll die EVZ-Angestellten aber nicht wie ein Naturereignis treffen. Lengwilers Darstellung nach wissen «alle schon seit langem, dass der Tag x kommen wird, an dem wir in Sachen Lohnverzicht Nägel mit Köpfen machen müssen.»

«Wir geben eben gerade kein Geld für neue Spieler aus.»

Zugs CEO Patrick Lengwiler

Der CEO erwartet, dass «ausnahmslos alle ihren Beitrag dazu leisten werden, um die wirtschaftliche Zukunft des Vereins zu sichern.» Was beim EVZ auf dem Spiel stehe, müsse nun hinlänglich bekannt sein. Darum folgert er: «Es braucht die Solidarität von allen Seiten.»

Bei ihm lebt die Zuversicht, dass der Goodwill der Mitarbeiter für den EV Zug unvermindert vorhanden ist. Sie fusst vor allem darauf, dass «alle innerhalb von zwei Tagen in eine Lohnstundung für die abgelaufenen drei Monate eingewilligt haben».

Er setzt auf «offene und ehrliche Kommunikation»

Aber was, wenn sich Lengwiler dieses Mal gewaltig irren sollte? «Mit dieser Frage setze ich mich nicht auseinander», entgegnet er dezidiert und ergänzt: «Wir haben intern bereits vor ein paar Monaten transparent aufgezeigt, um was es geht. Wir werden wieder offen und ehrlich kommunizieren.»

Auf dem Weg zu dem von der Zuger Klubführung angestrebten Lohnverzicht stehen aber ein paar Hürden. Eine davon lautet: Wie erklärt Lengwiler seinen Angestellten, dass er von ihnen Geld braucht, während der Klub gleichzeitig neue Spieler für die nächste Saison holt?

Die Rede ist von Calvin Thürkauf, Nico Gross oder Ryan McLeod, die allesamt nach dem Ausbruch der Corona-Krise verpflichtet wurden.

Budget für vierten Ausländer nicht benötigt

Lengwiler argumentiert so: «Thürkauf und Gross sind unsere Nachwuchsleute, die aus Nordamerika zurückkehren. Thürkaufs Zuzug hatten wir schon lange unter Dach und Fach, bevor wir ihn kommuniziert haben. Und McLeod als vierter Ausländer kostet uns bloss Unterkunft und Verpflegung.»

«Ein Spieler mit auslaufendem Vertrag wird kaum Lust darauf verspüren, dem EVZ ein Lohngeschenk unter den Weihnachtsbaum zu legen.»

Ein in Zug aktiver Spielerberater

Deshalb gelangt er zum überraschenden Schluss: «Wir geben eben gerade kein Geld für neue Spieler aus. Wir haben in den letzten Monaten die vakante Position des vierten Ausländers nicht besetzt und hätten es auch in Zukunft nicht getan. Die Ausleihe von McLeod war aber eine sehr interessante Gelegenheit, uns sportlich zu verstärken, ohne dass wir die Budgetposition des vierten Ausländers benötigen.»

Es wird sich zeigen, ob seine Argumentation bei den EVZ-Angestellten verfängt. Schliesslich darf man davon ausgehen, dass weder Thürkauf noch Gross für Gotteslohn spielen werden.

Vertragssituation ist ein mögliches Hindernis

Eine weitere Hürde kann die Vertragssituation der einzelnen EVZ-Spieler sein. «Ein Spieler mit auslaufendem Vertrag wird kaum Lust darauf verspüren, dem EVZ ein Lohngeschenk unter den Weihnachtsbaum zu legen», formuliert es ein in Zug aktiver Spieleragent salopp.

Nur eine Vertragsverlängerung kann einen Betroffenen wohl zum Einlenken bewegen. 13 der 25 Zuger Kaderspieler besitzen einen auslaufenden Vertrag.

«Wir wollen konkret wissen, wie lange der Lohnverzicht dauern soll.»

EVZ-Captain Raphael Diaz

Darüber hinaus sagt der Berater: «Die Spieler wollen sehen, dass der Klub alles unternimmt, um neue Geldquellen zu erschliessen. Zum Beispiel mit Aktionen während eines Heimspiels, an denen die Zuschauer mit einem freiwilligen Beitrag teilnehmen können. Bei 26 Heimspielen in der Qualifikation läppert sich da etwas zusammen.»

Bei Lengwiler stehen solche Aktionen noch auf der To-do-Liste. «Wir müssen zuerst organisatorisch grosse Herausforderungen für den Saisonstart meistern. Dann werden wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen.»

Spieler sind am längeren Hebel

Raphael Diaz, der 34-jährige Captain, gehört zum Kreis der 13 EVZ-Kaderspieler mit einem auslaufenden Vertrag. Er sagt über seine Rolle im Prozess um einen Lohnverzicht: «Das Wichtigste ist, dass wir kommunizieren und gemeinsam Lösungen finden. Und das geht nur mit einem Mit- und sicher nicht Gegeneinander.»

Er sagt aber auch: «Wir wollen konkret wissen, wie lange der Lohnverzicht dauern soll. Denn was ist, wenn eines Tages wieder mehr als die aktuell 3’800 Zuschauer in die Bossard-Arena dürfen?»

Man braucht kein Wahrsager zu sein, um Lengwiler und der Zuger Führungscrew zähe Verhandlungen mit geringer Aussicht auf Erfolg vorherzusagen. Denn die Spieler sind am längeren Hebel. Sie haben rechtlich verbindliche Arbeitsverträge unterschrieben, die zu erfüllen sind. Ausser ein Klub geht in Konkurs.

Kommt der EVZ also seinen vertraglichen Verpflichtung nicht nach, kann der betreffende Spieler zu einem anderen Klub wechseln. Darum gibt es unter den Schweizer Klubvertretern die Bestrebung, dass Verweigerer einer Lohnreduktion während der nächsten Saison keinen neuen Job in der Liga bekommen.

Allerdings ist eine solche Absprache kaum durchsetzbar, weil sie mit dem Schweizer Kartellrecht kollidiert.

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