Nächster CVP-Präsident aus Zug?

«Links oder rechts ist gar nicht so entscheidend»

Der Zuger CVP-Nationalrat Gerhard Pfister will die CVP Schweiz führen.

Der Zuger Nationalrat Gerhard Pfister ist der konservativste CVP-Nationalrat der Schweiz. Manche befürchten, dass er als Parteipräsident urbanere,  sozialliberal eingestellte CVP-Wähler abschrecken würde. Trotzdem glaubt der Kommunikationsberater Iwan Rickenbacher, dass Pfister die Voraussetzungen erfüllen würde, um neuer CVP-Chef der Schweiz zu werden.

Die Anzeichen verdichten sich immer mehr, dass sich Gerhard Pfister für den Posten des CVP-Präsidenten bewirbt. Respektive, dass er von seiner Kantonalpartei empfohlen wird. Traktandiert ist die Sache schon: Am 6. Januar wird die CVP des Kantons Zug an ihrer Dreikönigstagung im «Ochsen» in Zug bekannt geben, ob sie Pfister ins Rennen schicken will. «Wir sind im Entscheidungsfindungsprozess. Erst an diesem Tag entscheiden wir, ob Ja oder Nein», sagt CVP-Geschäftsstellenleiter Geni Meienberger auf Anfrage.

Der Posten des CVP-Präsidenten, den Christophe Darbellay seit zehn Jahren hält, wird im April 2016 frei. Eine Findungskommission, die vom Luzerner Ständerat Konrad Graber geleitet wird, nimmt bis Februar Vorschläge der Kantonalparteien entgegen (Kasten ganz unten).

Abschreckend für urbane Wähler?

CVP Zug entscheidet am 6. Januar

Die CVP Kanton Zug lädt die Medien am 6. Januar um 10 Uhr ins City-Hotel Ochsen in Zug zu ihrer Dreikönigskonferenz 2016 ein. In diesem Rahmen, schreibt die CVP, würden sich Kantonalpräsident Martin Pfister und Nationalrat Gerhard Pfister zum möglichen Vorschlag von Gerhard Pfister als Parteipräsident der CVP Schweiz äussern.

In der Partei sind nicht alle begeistert über die Vorstellung von Gerhard Pfister als möglichem CVP-Parteichef. Seine Führungsqualitäten und sein Einsatz für die CVP sind breit anerkannt. Bedenken werden jedoch geäussert, weil Pfister am äussersten rechten Rand der Partei politisiert. In seinem Lieblingsthema Migrations- und Asylpolitik ist er ein absoluter Hardliner (zentral+ berichtete).

Aus dem letzten Parlamentarier-Rating der «NZZ» wird ersichtlich, dass rechts von ihm nur noch Bruno Pezzatti (FDP, Zug), Hanspeter Portmann (FDP, Zürich), die SVP-Fraktion und die Lega-Vertreter konservativer politisiert. Manche befürchten, dass Pfister deshalb die urbanere CVP-Wählerschaft, kirchennahe Frauen und progressivere CVP-Mitglieder abschrecken könnte.

Drei wichtige Qualifikationen erfüllt

Der Schwyzer Iwan Rickenbacher ist ein profunder Kenner seiner Partei. Was hält er von einem möglichen neuen CVP-Präsidenten Pfister? Rickenbacher findet, dass Gerhard Pfister drei wichtige Qualifikationen für die Nachfolge von Christophe Darbellay als Präsident erfüllt. «Herr Pfister ist ein etablierter Politiker. Er kommt überdies aus der Zentralschweiz, wo die CVP immer noch eine bedeutsame Partei ist. Ausserdem ist er mehrsprachig», sagt Rickenbacher. Damit sei er eine Persönlichkeit, die gute Voraussetzungen mitbringe.

Iwan Rickenbacher war 1988 bis 1992 CVP-Generalsekretär, ist heute als Kommunikationsberater tätig und war lange MAZ-Stiftungsratspräsident.

Iwan Rickenbacher war 1988 bis 1992 CVP-Generalsekretär, ist heute als Kommunikationsberater tätig und war lange MAZ-Stiftungsratspräsident.

(Bild: lwo)

Rickenbacher spricht als einfaches Parteimitglied, betont er. Denn seine Zeit als Generalsekretär der CVP Schweiz liegt lange zurück. Doch der Inhaber einer Kommunikations- und Beratungsagentur kennt die Partei wie kein anderer, und seine Analysen haben immer noch Gewicht.

«Gerhard Pfister kommt aus der Zentralschweiz, wo die CVP immer noch bedeutsam ist.»

Iwan Rickenbacher, Kommunikationsberater

Driftet ganze CVP nach rechts ab?

Würde die ganze CVP unter Pfister von der Mitte nach rechts abdriften? Rickenbacher glaubt das nicht. «Der Präsident kann selbstverständlich Themen bestimmen. Aber die eigene politische Positionierung spielt dabei eine untergeordnete Rolle.» Der Walliser Christophe Darbellay sei aus der Christlich-sozialen Partei gekommen und habe sich in seiner Amtszeit allmählich zur Mitte hinbewegt.

«Ich glaube, ob der Präsident links oder rechts steht, ist nicht die entscheidende Frage. Die Frage ist vielmehr, ob die CVP einen Präsidenten hat, der ihre Anliegen gut nach aussen vertreten kann und glaubwürdig ist. Nach innen muss er die verschiedenen Meinungen entgegennehmen, bündeln und gemeinsame Entscheide bewirken können.»

«Es muss jemand sein, bei dem die Leute nicht gleich den Fernsehapparat abstellen.»

Die Person brauche dazu ausgesprochene Managementfähigkeiten. Rickenbacher: «Sehr wichtig ist auch die Mediengewandtheit, vor allem in den elektronischen Medien.» Der Präsident sei das Gesicht der Partei in den Medien. «Es muss jemand sein, bei dem die Leute nicht gleich den Fernsehapparat abstellen», so Rickenbacher.

Gerhard Pfister ist national bekannt geworden durch seine vielen Arena-Auftritte beim Schweizer Fernsehen SRF. Er ist ein moderner Politik, twittert zum Beispiel oft.

Und die CVP-Frauen?

Wie schätzt Rickenbacher die Wahlchancen Pfisters bei den CVP-Frauen ein? Laut Rickenbacher gibt es auch dort ein Meinungsspektrum, das von traditionell-konservativ bis sozialliberal reicht. «Die Frauen sind aber sicher sensibler für gewisse Fragen wie Ungerechtigkeiten oder Diskriminierungen von Randgruppen. Gerade bei der Gleichstellung, die teilweise noch nicht erfüllt ist, schöpfen sie aus ihren eigenen Erfahrungen.»

Auch in dieser Frage glaubt Rickenbacher, dass Pfister toleranter ist als ihm sein Ruf als rechter Hardliner vorauseilt. Er habe Gerhard Pfister an einer Tagung in Bern erlebt, wo er sich klar gegen die Diskriminierung der jüdischen Minderheit ausgesprochen habe.

«CVP ist eine Landpartei»

Zur Befürchtung, dass Pfister urbane CVP-Wähler abschrecken könnte, hat Rickenbacher eine andere Meinung. Die CVP sei eine Partei der Landschaft und nicht der Städte. «Der Präsident muss die Befindlichkeit dieser Bevölkerung ernst nehmen», so Iwan Rickenbacher.

Meinungsumschwung vollzogen

Gerhard Pfister selbst ist interessiert zu kandidieren. Er vollzog einen Meinungsumschwung: Schloss er im März 2015 eine Kandidatur kategorisch aus, erklärte er im Dezember 2015, diese «zu prüfen». Er habe Anfang 2015 keine Diskussion anzetteln wollen, sagte Pfister im «Tages-Anzeiger». Inzwischen präsentiere sich die Lage anders. Er habe von jener Parteibasis, die ihm früher so deutlich seine Grenzen signalisiert habe, «ermunternde Signale erhalten», sagte Pfister. «Ich interessiere mich ernsthaft für das Amt des Parteipräsidenten», äusserte er im Dezember, bereits forscher, der «Neuen Luzerner Zeitung».

Gerhard Pfister will momentan keine Fragen zu seiner Kandidatur beantworten. Diese stellten sich für ihn frühestens ab dem 6.1.16., teilt er zentral+ mit.

Findungskommission nimmt bis Februar Vorschläge entgegen

Die Entscheidung, wer Nachfolger von Christophe Darbellay wird, treffen die CVP-Delegierten am 23. April 2016 an der DV der CVP Schweiz in Winterthur. Es gibt ein Vorauswahlverfahren: Eine Findungskommission, die vom Luzerner Ständerat Konrad Graber geleitet wird, hat im Dezember ihre Arbeit aufgenommen (Communiqué der Kommission). Noch bis Mitte Februar 2016 können sich CVP-Mitglieder, die im zwölfköpfigen Parteipräsidium Einsitz nehmen wollen, sowie Kantonalparteien, die einen Vertreter ins Präsidium der CVP Schweiz schicken wollen, bei der Kommission melden. Diese prüft die Kandidaturen.

Alle vier Jahre wird das Präsidium der CVP Schweiz durch die schweizerischen Delegierten neu gewählt. Auch bestehende Präsidiumsmitglieder müssen sich einer Wiederwahl stellen. Eine Amtszeitbeschränkung gibt es nicht. Zusätzlich wird 2016 auch ein neuer Parteipräsident gewählt, Christophe Darbellay tritt nach zehn Jahren nicht mehr zur Wiederwahl an. «Die Findungskommission wird die Öffentlichkeit nicht über einzelne Kandidaturen oder Zwischenergebnisse informieren», sagt CVP-Kommunikationschef Thomas Jauch auf Anfrage.

Gerhard Pfister ist bereits Mitglied des zwölfköpfigen Parteipräsidiums der CVP Schweiz. Zu den möglichen Präsidentschaftskandidaten gezählt werden auch der junge Nationalrat Martin Candinas (Graubünden), ebenfalls Mitglied des Parteipräsidiums, und der Solothurner Ständerat Pirmin Bischof. Pfister vertritt den rechten, wirtschaftsliberalen Flügel der CVP, Candinas eher den linken Flügel.

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