Zuger Knatsch um afghanische Flüchtlingsfamilie

Linker Populismus? Lustenberger im Kreuzfeuer der Kritik

Zuerst kritisierte Andreas Lustenberger die Zuger Regierung. Dann drehte sich der Wind und er selbst wurde von mehreren Parteien kritisiert.

(Bild: zVg)

Der Zuger Kantonsrat ist sich einig: Die Rückführung einer afghanischen Familie nach Norwegen im letzten Oktober ging korrekt vonstatten. In die Schusslinie geriet allerdings der grüne Kantonsrat Andreas Lustenberger, der die Methoden der Zuger Regierung damals hinterfragt hatte.

Der Fall sorgte auf nationaler Ebene für Furore: Eine afghanische Familie, die sich illegal in der Schweiz aufgehalten hatte, sollte nach Norwegen und von dort aus voraussichtlich nach Afghanistan ausgeschafft werden. Weil sie sich jedoch wehrte, wurden die Eltern inhaftiert, wodurch die Familie getrennt wurde. Die Kinder kamen vorübergehend ins Heim (zentralplus berichtete).

Die Zuger Verwaltung geriet alsbald ins Visier von Medien und Organisationen. Im Raum stand der Vorwurf, dass die Regierung in diesem Fall nicht korrekt gehandelt habe. Auch der Zuger Kantonsrat Andreas Lustenberger lancierte diesbezüglich eine Interpellation.

Darin kritisierte der grünalternative Politiker das Vorgehen der Zuger Regierung. So etwa habe die Verwaltung «Traumatisierung von Kindern, die bereits mit einer schweren Vergangenheit zu kämpfen haben, in Kauf genommen», indem man die Kinder nicht bei ihren Verwandten in der Schweiz, sondern vorübergehend im Heim platziert habe.

«Einmal mehr zeigt sich die Absurdität dieses Systems, indem Familien zu Spielbällen dieses Abkommens werden.»

Andreas Lustenberger, Kantonsrat ALG

Heute, fast ein halbes Jahr später, sind die Vorwürfe gegenüber der Zuger Regierung abgeflacht. Es herrscht Konsens im Kantonsratssaal. Auch bei der Linken: «Wir wissen heute, dass der Zuger Regierungsrat in der Sache seriös vorgegangen ist.» Kritik äussert Lustenberger jedoch am Schengen-Dublin-Abkommen. «Einmal mehr zeigt sich die Absurdität dieses Systems, indem Familien zu Spielbällen dieses Abkommens werden.» Der ALG-Kantonsrat ist überzeugt, dass es bezüglich der Integration der Familie weit erfolgreicher gewesen wäre, wenn sie hätte hierbleiben dürfen.

Ein Steilpass für Polemiker

Ganz anders der Tenor bei der SVP. Beni Riedi nimmt kein Blatt vor den Mund, als er sagt: «Der Fall zeigt exemplarisch auf, mit welcher Arroganz sich Wirtschaftsflüchtlinge unserem System widersetzen.» So habe der Fall einen ganzen Beamtenapparat beschäftigt – und das zulasten der Steuerzahler. «Und auch wir müssen uns jetzt noch damit befassen», so Riedi. Der SVP-Kantonsrat fordert von der Ratslinken ein Statement gegen die illegalen Einreisen in die Schweiz – dieses bleibt aus – und kritisiert Lustenberger dann direkt.

«Natürlich ist es das Recht von Lustenberger, Interpellationen einzureichen, wie es ihm gerade beliebt. Dabei sollte er sich aber bitte mit seiner Fraktion absprechen.»

Andreas Hausheer, Kantonsrat CVP

«Die Ausschaffung der afghanischen Familie löste ein riesiges Medienecho aus. Die ALG bewirtschaftete das Thema und löste somit auch weitere Kritik an den Behörden aus.» Man könne jedoch schwarz auf weiss nachlesen, dass sich die Behörden an sämtliche Vorschriften gehalten hätten.

Wollte er doppelte Aufmerksamkeit?

Auch Andreas Hausheer von der CVP kritisiert Lustenberger. «Natürlich ist es das Recht von Lustenberger, Interpellationen einzureichen, wie es ihm gerade beliebt. Dabei sollte er sich doch aber bitte mit seiner Fraktion absprechen.» Hausheer bezieht sich darauf, dass sowohl Lustenberger als auch die gesamte ALG-Fraktion zeitnah je einen Vorstoss lanciert hatten. Damit habe die Verwaltung doppelte Arbeit machen müssen. Er mutmasst gar, dass Lustenberger dieselbe Sache bewusst zweimal benutzt habe, um mediale Aufmerksamkeit zu erreichen. «Politische Effekthascherei auf der Basis eines tragischen Ereignisses?», äussert sich Hausheer provozierend.

«Solche Anfragen sind das einzige Mittel, mit denen wir überhaupt etwas bewirken können. Unsere Motionen werden ja offensichtlich nicht überwiesen.»

Andreas Lustenberger, Kantonsrat ALG

Lustenberger bestreitet, dass Effekthascherei hinter den beiden Vorstössen stecke. «Die kleine Anfrage haben wir eingereicht, bevor die Diskussion zum Thema überhaupt richtig ins Rollen gekommen ist. Auch unterscheiden sich die Fragen dieses Vorstosses gegenüber jenen der Interpellation klar», so der Alternativ-Grüne.

Etwas frustriert fügt er an: «Solche Anfragen sind das einzige Mittel, mit denen wir überhaupt etwas bewirken können. Unsere Motionen werden ja offensichtlich nicht überwiesen.» Lustenberger bezieht sich auf die Motion der Linken für eine nachhaltige und solidarische Steuerpolitik, die an der Sitzung diesen Donnerstag besprochen, doch zum Schluss von der Ratsmehrheit versenkt wurde.

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