«Luanda Leaks»: Grosser Korruptionsfall führt nach Zug

Linke mahnen: «Das ist kein Zufall, sondern Folge der Zuger Tiefsteuerstrategie»

Zug: Regelmässig Schauplatz von internationalen Korruptionsskandalen.

Über die von einem Anwalt und früheren CVP-Politiker gegründete Zuger Firma sollen im grossen Umfang Gelder des angolanischen Staates an die Familie der Ex-Präsidententochter geflossen sein. Der honorige Zuger hat kürzlich die Nerven verloren – und linke Politiker fordern Konsequenzen.

Einst war sie ein gastronomischer Treffpunkt: Die Liegenschaft im Herzen der Stadt, von der aus ein bekannter Zuger Anwalt seine Geschäfte abwickelt. Der Christdemokrat ist zwar aus der Lokalpolitik ausgestiegen, sorgt aber in diesen Tagen dennoch für viele politische Schlagzeilen.

Der Reihe nach: Mehr Fortune als in der Politik hatte der Anwalt mit Geschäftsbekanntschaften. Dazu zählt Sindika Dokolo, der Ehemann der reichsten Frau Afrikas, Isabel dos Santos. Das Vermögen der Tochter des früheren angolanischen Staatspräsidenten José Eduardo dos Santos, der Angola fast 40 Jahre lang regierte, wird auf über zwei Milliarden Dollar geschätzt.

Rauschende Partys auf Kosten von Dritte-Welt-Land

Dieses private Vermögen habe sie auch mithilfe von angolanischen Staatsgeldern gemehrt, so lautet der am Montag publik gewordene Vorwurf des internationalen Journalistenkonsortiums ICI. Dieses hatte 700’000 Dokumente des Datenlecks «Luanda Leaks» auszuwerten begonnen, welche den Aufstieg der 46-Jährigen zur Milliardärin unter anderem mit unlauteren Mitteln dokumentieren sollen.

«Es sind stets Top-Kanzleien beteiligt gewesen.»

Zuger Anwalt, der anonym bleiben will

Über die Zuger Holding flossen demnach 100 Millionen Franken angolanisches Staatsgeld, mit dem Didoko, der selbst dänisch-kongolesischer Staatsbürger ist, die Hälfte an einer Genfer Schmuckfirma erwarb (ein Teil wurde via Darlehen finanziert). Diese Schmuckfirma fiel durch rauschende Partys an Jet-Set-Orten und Multimillionenverluste auf.

Zuger Anwalt deckt den korrupten Schwiegersohn

Ausserdem soll Didoko eine niederländische Tochter des Zuger Firmenvehikels benutzt haben, um von einer angolanischen Ölfirma ein Aktienpaket am portugiesischen Energieriesen Galp zu kaufen. Laut Medienberichten habe Didoko einen Buchgewinn von gegen 400 Millionen Euro gemacht. Da er die Aktien in Lokalwährung und nicht in Dollars bezahlte, habe er noch mal 10 Millionen einstreichen können. Zum ganzen Deal habe der Zuger Anwalt mit einer wichtigen Unterschrift seinen Beitrag geleistet, so das Konsortium.

Der Zuger Anwalt hatte die besagte Firma bereits Ende 2005 gegründet – kurz bevor die angolanische Ölfirma bei den Portugiesen von Galp einstieg. Didoko wird als wirtschaftlich Berechtigter der Holding anhand des Handelsregisterauszugs nicht sichtbar. Im Verwaltungsrat sassen lediglich der Zuger Anwalt, ein Prokurist und ein Afrikaner mit französischem Pass als VR-Delegierter.

Der Zuger Anwalt und der Prokurist waren einzeln zeichnungsberechtigt in der Firma. Das heisst, sie konnten schalten und walten, wie sie wollten. Auch eine zweite Handels- und Vermögensverwaltungsfirma hatte der Zuger Anwalt für den Afrikaner und den dritten Geschäftsmann gegründet, aus der er vor einigen Jahren ausstieg.

Panikartiger Rückzug

«Ich ging grundsätzlich von der Legitimität der Geschäfte der Holding aus», liess sich der Zuger Anwalt in den Medien zitieren. «Es sind stets Top-Kanzleien beteiligt gewesen.» In der Tat tauchen im Umfeld von Dos Santos grosse Namen auf wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price Waterhouse Coopers, Boston Consulting oder McKinsey. Der Zuger Anwalt, der sich laut seiner eigenen Homepage speziell gut auf Corporate Governance versteht, habe den Eindruck gehabt, «dass es grosse Bemühungen gab, alles korrekt zu machen».

Am Tag, als die Medienberichte über die Zuger Holding und Didikos Zuger Transaktionen erschienen, wurde der Zuger Anwalt als Verwaltungspräsident der Holding, die er 14 Jahr zuvor ins Leben gerufen hatte, gelöscht. Warum, ist unklar. Gegenüber zentralplus liess sich der Anwalt mit Verweis auf einen persönlichen Trauerfall entschuldigen.

Schlechte Presse für grosse Beratungsunternehmen

Offensichtlich ist indes, dass der Dos-Santos-Clan seit 2017 nicht mehr an der Macht ist und seine Nachfolger gerne einen Teil der Staatsgelder zurück hätten. Im selben Zusammenhang steht das Datenleak der Paradise Papers.

«Zuger Unternehmen sind mitverantwortlich für die Armut in Angola – das ist inakzeptabel.»

Luzian Franzini, Kantonsrat ALG

Damals war publik geworden, dass der angolanisch-schweizerische Geschäftsmann Jean-Claude Bastos de Morais mit seiner Zuger Quantum-Global-Gruppe einen äusserst lukrativen Vermögensverwaltungsauftrag am angolanischen Staatsfonds ergattern konnte – dank seiner Bekanntschaft mit der Präsidentenfamilie Dos Santos. Sohn José Filomeno  – der Bruder der obgenannten Isabel – war sein Freund.

Bastos kommt davon

Bastos war früher in Zug wegen mehrfacher qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung verurteilt worden, weil er sich fremde Gelder in die eigene Tasche gesteckt hatte. Im Zusammenhang mit den Paradise Papers erreichte er wegen astronomisch hoher Managementgebühren für die Gelder des Staatsfonds traurige Berühmtheit. Er sahnte jährlich 2 bis 2,5 Prozent des Anlagevermögens ab.

Nachdem Bastos ein halbes Jahr in einem angolanischen Knast schmorte, musste er diesen Frühling freigelassen werden (zentralplus berichtete). Zwar sind die Gebühren unbestritten hoch, doch da rechtsgültige Verträge seiner Firmen mit dem Staatsfonds bestehen, hat er ein Anrecht darauf. Die Bundesanwaltschaft hat im vergangenen Sommer auch Ermittlungen wegen Geldwäscherei eingestellt, hängig sind hingegen noch Untersuchungen wegen Steuerdelikten.

Alternative erkennen Gesetzmässigkeit

Der neuste Wirtschaftsskandal wird mit Sicherheit auch politische Wellen in Zug schlagen. Die Alternative – die Grünen nehmen mit Sorge zur Kenntnis, dass der Zuger Tiefsteuerstandort «in einen der grössten Korruptionsfälle der Welt verwickelt ist», wie sie mitteilen.

«Zug hat eine hohe Verantwortung, um gegen Wirtschaftskriminalität vorzugehen.»

Barbara Gysel, Präsidentin der SP des Kantons Zug

Sie kündigen einen parlamentarischen Vorstoss an, mit dem sie klären wollen, ob die Zuger Justiz in diesem Fall kooperiert und ob es für die Regierung denkbar ist, Entschädigungen zu zahlen.

Der Zuger Kantonsrat Luzian Franzini meint: «Zuger Unternehmen sind mitverantwortlich für die Armut in Angola – das ist inakzeptabel.» Wie bereits bei den Paradise Papers und den Panama Papers stehe nun auch bei den Luanda-Leaks Zug in den internationalen Schlagzeilen. «Das ist kein Zufall, sondern Folge der Zuger Tiefsteuerstrategie», befindet Franzini.

Wird Wirtschaftskriminalität bekämpft?

Auch die SP wird im Kantonsparlament einen Vorstoss deponieren. «Unabhängig von Einzelfällen kommt Zug als internationaler Finanzplatz eine hohe Verantwortung zu, um für einen sauberen Wirtschaftsstandort einzustehen und gegen Wirtschaftskriminalität vorzugehen», findet SP-Kantonalpräsidentin Barbara Gysel, die der Nachhaltigkeit des Handelsplatzes das Wort redet.

Ihre Partei will wissen, was Zug gegen Wirtschaftskriminalität unternimmt – wie viele Ressourcen dafür zur Verfügung stehen, wie lange Ermittlungen dauern, welche Fälle international sind, welche Branchen betroffen sind und was der ganze Spass kostet – insbesondere auch jene Fälle, die im Sand verlaufen und eingestellt werden.

Affaire à suivre.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Adrian
    Adrian, 28.01.2020, 07:51 Uhr

    Und stolz fahren die Zuger Ihre Sportwagen umher, kaufen fleissig Luxusgüter und wählen rechts, damit Ihnen ja niemand etwas wegnimmt, was in dieser Wirtschaftsumgebung ergaunert wurde. Die Konsequenzen für solche Gesellen bleiben meist aus …

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