Nicht nur tiefe Steuern lassen den Kanton boomen

Life-Science-Unternehmen machen Zug immer reicher

Johnson & Johnson ist das grösste Life-Science-Unternehmen in Zug – ein Sektor, der immer mehr Anteil hat am wirtschaftlichen Boom des Kantons.

(Bild: woz)

Das Image von Zug ist vielfach immer noch das von tiefen Steuern, Rohstoffhändlern und Finanzdienstleistern. Doch längst tragen in erheblichem Masse ganz andere Faktoren dazu bei, dass die Wirtschaft in Zug brummt. Ein Sektor floriert dabei ganz besonders.

Babylotion macht nicht nur Kinderpopos weich. Die Steuereinnahmen, die das weltgrösste Gesundheitsunternehmen Johnson & Johnson durch den Verkauf solcher Produkte für den Zuger Fiskus generiert, lassen auch den Motor der Zuger Wirtschaft geschmeidig laufen.

Dies wurde von der Firma jüngst an einem erstmaligen Zuger Medienanlass stolz kommuniziert – selbst wenn Johnson & Johnson aus den Umsatzzahlen für Zug ein Geheimnis macht.

900 Angestellte in Zug

Kein Geheimnis dagegen ist: 900 Mitarbeiter sind am Standort Zug beschäftigt – eine von 21 Niederlassungen des grössten amerikanischen Arbeitgebers in der Schweiz.

«Zug ist nicht nur ein wichtiger Standort für die Geschäfte von Johnson & Johnson in der Schweiz.»

Thomas Moser, Johnson & Johnson-Sprecher

Auf dem modernen Campus Zug an der Gubelstrasse 34, der vor sechs Jahren gegenüber dem Parktower errichtet wurde, sind alle drei Geschäftsfelder von Johnson & Johnson unter einem Dach: Pharmapodukte, medizinische Geräte und Erzeugnisse zur Gesundheitsfürsorge. Seit 1984 operiert Johnson & Johnson am Standort in Zug – zuerst in Form der Cilag GmbH International.

Gesundheitsfürsorge ist dem Unternehmen wichtig: Raucher müssen bei Johnson & Johnson deshalb draussen qualmen.

Gesundheitsfürsorge ist dem Unternehmen wichtig: Raucher müssen bei Johnson & Johnson deshalb draussen qualmen.

(Bild: woz)

«Zug ist nicht nur ein wichtiger Standort für die Geschäfte von Johnson & Johnson in der Schweiz», versichert Unternehmenssprecher Thomas Moser. Von Zug aus koordiniere die Firma zusätzlich ausgewählte Aktivitäten in Europa und auf der ganzen Welt.

50 Prozent sind Ausländer

Ein Spiegel dieser multinationalen Ausrichtung des US-Konzerns in Zug ist die Struktur der Johnson & Johnson-Mitarbeiter: 50 Prozent sind Schweizer. Die andere Hälfte stammt aus aller Herren Länder, genauer gesagt aus 60 Nationen.

Etwa gleich viele der Zuger Beschäftigten sind Frauen und Männer. Sie geniessen zahlreiche Privilegien. Etwa Gratis-Früchte zum Essen den ganzen Tag. Einen eigenen Kinderhort. Sowie seit Ende 2017 acht Wochen bezahlten Vaterschaftsurlaub. Die gesetzliche Pflicht für schweizerische Arbeitgeber ist nur ein Tag!

Johnson & Johnson ist offenbar auch ein mundgeruchsfreier Konzern – auf den Toiletten in Zug stehen hauseigene Mundspülmittel zur Verfügung.

Weltweit zählt der 1886 in den USA gegründete Multi mittlerweile 134’000 Mitarbeiter. In Zug bildet Johnson & Johnson jährlich 15 Lehrlinge und rund 30 Praktikanten aus.

«Der Life-Sciences-Sektor, mit Pharma, Biotech und Medtech, ist einer der wichtigsten Cluster im Kanton Zug.»

Matthias Michel, Zuger Volkswirtschaftsdirektor

Johnson & Johnson ist aber vor allem die Speerspitze beziehungsweise der Frontrunner des neu in Zug herangewachsenen Life-Science-Clusters (siehe Box).

Im neuen Quadrolith in Baar haben sich nun Astra Zeneca und Biogen niedergelassen.

Im neuen Quadrolith in Baar haben sich nun Astra Zeneca und Biogen niedergelassen.

(Bild: woz)

Da ist etwa der Pharmakonzern Astra Zeneca, der im Juli mit 120 Mitarbeitern aus der Stadt Zug ins neue Bürogebäude Quadrolith nach Baar umgezogen ist. Dort hat sich auch Biogen – der Bio-Technologie-Gigant – eingemietet. Und da ist der irische Pharmakonzern Shire, der vor vier Jahren seine Tätigkeiten von Nyon in die Stadt Zug verlegte. Heute zählt Shire mit 500 Mitarbeitern zu den grössten Arbeitgebern im Kanton.

Life Sciences sind Biowissenschaften

Life Sciences sind Forschungsrichtungen und Ausbildungsgänge, die sich mit Prozessen oder Strukturen von Lebewesen beschäftigen oder an denen Lebewesen beteiligt sind. Ausser der Biologie umfassen sie auch verwandte Bereiche wie Medizin, Pharmazie, Biochemie, Chemie, Molekularbiologie, Biophysik, aber auch Agrartechnologie, Ernährungswissenschaften und Lebensmittelforschung. 

Zug wird zweite Hochburg nach Basel

Nicht zu vergessen ist natürlich die Gemeinde Risch. Rotkreuz und damit der Kanton Zug hat sich innerhalb von wenigen Jahren zur zweiten Life-Science-Hochburg nach Basel entwickelt – sowohl Roche Diagnostics als auch Novartis Schweiz haben hier ihren Hauptsitz, wie der «Tagesanzeiger» würdigt.

Roche unterhält hier einen eigenen Campus und beschäftigt mehr als 2300 Mitarbeiter. Innerhalb von zehn Jahren hat das Unternehmen die Belegschaft verdoppelt. Novartis ist neben dem Bahnhof in der Überbauung Suurstoffi eingemietet. Der Pharmamulti zählt in Rotkeuz 450 Mitarbeiter.

«Der Life-Science-Sektor, mit Pharma, Biotech und Medtech, ist einer der wichtigsten Cluster im Kanton Zug», sagt Zugs Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel. Johnson & Johnson gehöre zu den grössten Arbeitgebern im Wirtschaftsraum Zug und profitiere als internationaler Hauptsitz von den hervorragenden Standortbedingungen.

«Eine starke Dynamik von Zuzügen erfolgte in den letzten 20 Jahren und dauert an.»

Matthias Michel

Die ersten internationalen Life-Science-Unternehmen kamen anfangs der 50er-Jahre in den Kanton Zug. Michel: «Eine starke Dynamik von Zuzügen erfolgte in den letzten 20 Jahren und dauert unvermindert an.» Dabei hätten auch die Investitionen der führenden internationalen Firmen wie Roche Diagnostics, Johnson & Johnson, Bristol Myers Squibb, Biogen, Amgen und so weiter eine wichtige Rolle gespielt.

Für Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel nehmen die Life-Sciences-Unternehmen eine immer bedeutendere Rolle für Zug ein.

Für Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel nehmen die Life-Sciences-Unternehmen eine immer bedeutendere Rolle für Zug ein.

(Bild: mbe.)

«Da die Life-Science-Branche grundsätzlich eine überdurchschnittliche Wertschöpfung generiert, hat sie im Kanton Zug auch überproportional zum Wachstum beigetragen.»

300 Firmen mit 7600 Beschäftigten

Der Life-Science-Cluster in Zug umfasst aktuell rund 300 Firmen mit 7600 Beschäftigten. Dies entspricht rund sieben Prozent  der Gesamtbeschäftigten im Kanton Zug. Etwa die Hälfte der Angestellten sind in der Medizintechnik tätig, die andere Hälfte in der Pharma-/Biotechnologie.

Viele führende internationale Firmen sowie kleine und mittelständische Unternehmen haben in Zug Büros und regionale oder internationale Zentralen eingerichtet.

Die Life-Science-Branche und der Medizinalsektor werden also immer bedeutsamer in Zug und machen Zug immer reicher. Dadurch verblasst das traditionelle wirtschaftliche Image des Kantons Zug zusehends. Selbst wenn mit Glencore, Gazprom, Shell und der Partners Group noch immer einschlägige Giganten ihrer jeweiligen Branche in Zug residieren.

Die Life-Science-Branche macht Zug aber auch abhängiger. Bei Johnson & Johnson trabten gleich drei Zuger Regierungsräte an, um den Amis ihre Aufwartung zu machen. Das Schreckgespenst Trump dräut im Hintergrund durch die US-Steuerreform, die ja Milliarden Franken aus Schweiz abzieht.

«Schon dazumal war die Firma ein vorbildlicher Arbeitgeber.»

André Wicki, Stadtzuger SVP-Stadtrat

Ein Zuger Promi, der bei Johnson & Johnson übrigens gross wurde, ist der Stadtzuger Stadtrat und SVP-Politiker André Wicki.

«Als ehemaliger Mitarbeiter von Johnson & Johnson hat es mich damals natürlich sehr gefreut, dass ein Grossteil der verschiedenen Standorte in der Schweiz in Zug als Zentrale zusammengezogen wurde.»

Wicki habe mit dem US-Unternehmen nur gute Erfahrungen gemacht. «Schon dazumal war die Firma ein vorbildlicher Arbeitgeber, der sich um seine Mitarbeiter mit fairen Löhnen, guten Sozialleistungen und auch im Gesundheitsbereich um seine Angestellten gekümmert hat.»

Zugs wirtschaftlicher Erfolg hat auch ganz praktische Gründe

Tiefe Steuern sind natürlich nach wie vor Pull-Faktor Nummer eins für viele Industrieansiedlungen im Kanton Zug. Doch eben nicht ausschliesslich – weil laut Beat Stamm von BAK Economics tiefe Steuern noch per se keine Arbeitsplätze generieren würden.

Wie Stamm gegenüber dem «Tagesanzeiger» versicherte, gibt es viele weitere Erfolgsfaktoren, wegen denen sich vor allem internationale Firmen in Zug ansiedeln. Zum Beispiel freie Büroflächen. Sagt’s und führt das Beispiel von Mobility an. Die Car-Sharing-Firma verlagerte ja ihren Sitz von Luzern nach Rotkreuz, weil sie an der Reuss keinen passenden Büroraum mehr vorfand.

Ein weiteres Plus für Zug sei eine Verwaltung, die es verstehe, mit global tätigen Konzernen und deren Angestellten umzugehen. Desweiteren gebe es genügend internationale Schulen. Der Zürcher Flughafen liege sehr nah, so Stamm, und sei gut erreichbar. Nicht zuletzt verkörperten die Sicherheit und die Lebensqualität für Expats und ihre Familien einen hohen Wert.

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