Mediatorin ist seit Corona noch gefragter

Diese Zugerin verrät dir, wie deine Scheidung gelingt

Die Corona-Pandemie war für viele Paare und Eltern eine Zerreissprobe. Die Zuger Scheidungsmediatorin Rosemarie Teunisse war in diesen Zeiten gefragt. (Symbolbild: Adobe Stock)

Die Zuger Scheidungsmediatorin Rosemarie Teunisse hilft Paaren, sich vernünftig zu trennen. Gewisse können im Alltag kaum noch miteinander reden. Die Kinder und die Finanzen bergen das grösste Konfliktpotenzial.

Vor Corona haben wir noch gerätselt, ob es zu mehr Scheidungen oder Corona-Babys kommen wird (zentralplus berichtete). Ein Blick in die Scheidungsrate des Kantons Zug zeigt, dass die Zahlen in etwa gleich geblieben sind. 2018 waren es 236 Scheidungen, ein Jahr darauf 244 Scheidungen. Im Corona-Jahr waren es leicht weniger mit 218 Scheidungen. Die Zahlen von 2021 liegen erst Ende dieses Jahres vor.

Während der Pandemie kamen auch etwa gleich viel Babys zur Welt wie davor. Allerdings liegt auch hier die Statistik für 2021 noch nicht vor. Besteht ein Corona-Effekt, so zeigt sich dieser erst nach einer gewissen Zeit in der Baby-Statistik.

Also hatte Corona gar nicht so grossen Einfluss auf das Liebesleben? Ganz so schnell lassen wir natürlich nicht locker und fragen bei Rosemarie Teunisse nach. Die Juristin ist Familien- und Scheidungsmediatorin bei «eff-zett das fachzentrum» in Zug.

Scheidungsmediation: Gesprächsbedarf pro Fall nimmt zu

Wir wollten von ihr wissen: Ist sie als Scheidungsmediatorin seit Corona gefragter? Teunisse antwortet, dass die Nachfrage nach dem Mediationsangebot seit vielen Jahren hoch sei. «Zugenommen haben in den Jahren der Pandemie vor allem allgemeine Anfragen zu Konflikten rund um das Zusammenleben oder zu einer möglichen Trennung.»

Die Fallzahlen seien in etwa gleich geblieben. Was aber nicht heisst, dass sie gleich viel zu tun habe: «In dieser Zeit haben in der Mediation die Gespräche pro Fall eher zugenommen.» Zudem ist seit der Pandemie die Mediationsstelle gefragter «als Anlaufstelle mit offenem Ohr». Schriftliche und telefonische Kurzberatungen hätten seit der Pandemie klar zugenommen.

Wo nötig und möglich, wird in der Scheidungsmediation deeskaliert

Sind sich Paare uneinig über die Trennung, so kann der Gang zu einer Mediatorin helfen. Mediatoren sind unparteiisch, vermitteln und führen durch das Gespräch. Beim eff-zett führen sie die Mediationen zu zweit durch. Mit Teunisse als Juristin und dem Psychologen Franz Kälin als Co-Mediator.

«Wir leiten das Gespräch, unterbrechen höflich und stoppen, wenn wir es als angezeigt erachten.»

Rosemarie Teunisse, Scheidungsmediatorin

Teunisse erklärt: «Wir bieten Paaren und Eltern ein Gespräch in einem neutralen Rahmen, ausserhalb der eigenen vier Wände.» Wenn es nötig ist, deeskalieren sie. «Wir leiten das Gespräch, unterbrechen höflich und stoppen, wenn wir es als angezeigt erachten.» Zum Teil macht die Mediatorin mit den Paaren im Vorfeld ab, wie sie signalisieren können, wenn sie eine Pause benötigen. Separate Zimmer stehen bereit, wenn jemand eine Auszeit braucht. Und wenn die Gesprächskultur oder heftige Diskussionen bereits im Vorfeld der Mediation ein Thema sind, werden Gesprächsregeln abgemacht.

Kann sich das Paar in der Mediation einigen, so wird dies schriftlich festgehalten. Diese Vereinbarungen können die Paare auch dem Gericht zur Genehmigung einreichen.

Manche Paare können nicht mal mehr miteinander reden

«Es bleibt aber auch Platz für Gespräche über Anliegen, die nicht in eine schriftliche Trennungsvereinbarung oder Scheidungskonvention kommen», so Teunisse. In den Mediationen geht es auch darum, die Kommunikation zu stärken und das gegenseitige Verständnis zu fördern.

«Die Pandemie hat dazu geführt, dass Eltern sich umso mehr in der erzieherischen Grundhaltung einig sein mussten – oder es aushalten mussten, dass sie es eben nicht waren.»

Denn dieses leidet bei vielen Paaren, die bei Teunisse Rat suchen. «Manche Paare konnten zwar miteinander reden und Lösungen diskutieren, brauchten aber feste Ankerpunkte, eben die Mediationssitzungen, um Lösungen zu finden. Andere konnten gar nicht mehr miteinander reden im Alltag. Schon gar nicht in Bezug auf Beziehungsprobleme, eine Trennung oder Scheidung.»

In den Mediationen würden sie gemeinsam «festgefahrene Meinungen hinterfragen, Blickwinkel wieder öffnen und auf die einzelnen Bedürfnisse schauen».

Kinderbetreuung und Finanzen: die grössten Streitpunkte einer Scheidung

Was sind die grössten Streitpunkte bei Scheidungen? Teunisse zählt auf: Erstens die Kinderbetreuung. Wie Eltern die Kinderübergabe planen, Ferien regeln, Freizeitaktivitäten oder auch Fragen, wie sie die Kinder erziehen sollten.

Gerade Letzteres sei Pandemie-bedingt schwieriger geworden. «Manche Familien hatten Differenzen, weil die Eltern unterschiedliche Ansichten hatten in Bezug auf die Corona-Impfung», sagt Teunisse. «Die Pandemie hat dazu geführt, dass Eltern sich umso mehr in der erzieherischen Grundhaltung einig sein mussten – oder es aushalten mussten, dass sie es eben nicht waren.»

Zweitens sorgen auch die Finanzen immer wieder für Zündstoff. Und in Zeiten von Corona sowieso. Menschen verloren ihren Job, waren in Kurzarbeit. Oder der Bonus respektive anderes zusätzliches Einkommen, mit dem man fest gerechnet hatte, fiel weg. «Wo das Einkommen vorher gerade gereicht hat, reicht das Geld nicht mehr», so Teunisse.

Rosemarie Teunisse führt am «eff zett das fachzentrum» in Zug Scheidungsmediationen durch. (Bild: zvg)

Unterhaltszahlungen führten zu grossen Emotionen

Die Paare waren sich teilweise uneinig über Unterhaltskosten, Vermögen oder die Altersvorsorge. «Das Berechnen und das Vereinbaren von Unterhaltszahlungen waren mit zum Teil heftigen Emotionen verbunden», sagt Teunisse. «Sie bildeten oft einen Knackpunkt beim Ausarbeiten einer einvernehmlichen Vereinbarung.»

«Eine gute Scheidung gelingt, wenn eine Vereinbarung allen Beteiligten ermöglicht, zur Ruhe zu kommen.»

Oder unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie die Eltern ihre Erwerbstätigkeit gestalten sollten. «Wenn Paare in der Trennung ihr bisher gelebtes Betreuungs- und Arbeitsmodell änderten, so brachte dies einige an ihre Grenzen», sagt Teunisse. Also Fragen, ob ein neuer Job oder eine Aufstockung des Arbeitspensums desjenigen Elternteils, der sich hauptsächlich um die Kinder kümmerte, «machbar, fair und angezeigt» sei.

So gelingt eine gute Scheidung

Woran scheitert denn überhaupt eine gute Trennung? «An den Emotionen, Verletzungen und Ängsten – vor allem auch in Bezug auf die Kinder und im Hinblick auf die Finanzen», sagt Teunisse. «Und an Konflikten, die nicht zur Erreichung einer einvernehmlichen Lösung beigelegt oder hintenangestellt werden können.»

Es hilft, wenn Paare sich fragen: Was können wir einzeln dazu beitragen, dass wir gemeinsam eine gute, für alle Beteiligten möglichst faire und gerechte Lösung finden? Anders gesagt: «Eine gute Scheidung gelingt, wenn eine Vereinbarung allen Beteiligten ermöglicht, zur Ruhe zu kommen», sagt Teunisse.

«Und wenn sich die Kinder bei beiden Elternteilen wohl fühlen dürfen, diese sich über die Kinderbelange austauschen und das neue Familiengefüge akzeptieren und unterstützen.» Ganz wichtig sei die nötige Toleranz. Gegenüber sich selber – aber auch gegenüber dem anderen Elternteil.

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