Luzerner flickt Elektrogeräte – und fordert weniger Konsum

Leonardo Donno: «Wie mit Waren, so geht man auch mit Menschen um»

Leonardo Donno an seinem Arbeitstisch. (Bild: bic)

Konsum und Nachhaltigkeit sind zwei der aktuellen Schlagwörter in Politik und Gesellschaft. Einer, der daraus ein Geschäft gemacht hat, ist der Luzerner Leonardo Donno. Doch nicht der Gewinn, sondern ein lebenswerter Planet steht für ihn dabei an erster Stelle. Deshalb arbeitet er nicht für sich, sondern für seinen Sohn.

Der Luzerner Leonardo Donno hat eine Mission: Die Leute sollen ihre Elektrogeräte nicht einfach wegschmeissen, sondern, wenn möglich, reparieren lassen. Darum flickt er in seiner kleinen Zweieinhalbzimmerwohnung an der Luzerner Diebold-Schilling-Strasse seit drei Jahren Gegenstände verschiedenster Art. «Leos Werkstatt» nennt er seinen Einmannbetrieb.

Stabmixer und Kaffeemaschinen gehören ebenso zu seinen «Patienten» wie Uhren und Fitness- oder Navigationsgeräte. «Ich bin nur einer von Hunderten Millionen Menschen, die in einem reichen Land leben und konsumieren. Doch mit meiner Arbeit kann ich als Einzelner etwas dazu beitragen, dass wir unseren Planeten nicht noch mehr verschmutzen und ausbeuten», schildert er seine Beweggründe.

Donno ist gebürtiger Italiener. Als Vierjähriger kam er mit seiner Familie aus Apulien – die Region beim Absatz des Stiefels – in die Schweiz. Sein Vater fand in Winterthur eine Stelle als Arbeiter in einer Lebensmittelfabrik. Die Liebe zog den Sohn später in die Innerschweiz. Schon früh war Donno von der Elektronik und der Mechanik fasziniert. Deshalb wechselte der heute 41-Jährige nach seiner Lehre als Motorradmechaniker rasch die Branche. «Ich fand um die Jahrtausendwende den Anschluss in der Soft-und-Hardware-Entwicklung und später in der Gebäudeautomation. Dazu gehört zum Beispiel die Steuerung der Beleuchtung in Fabrikhallen», erzählt Donno.

Vom Elektroniker zum Sozialarbeiter und zurück

Doch ein persönlicher Schicksalsschlag setzte seinen Plänen ein jähes Ende: «Nach einem schweren Sportunfall konnte ich längere Zeit nicht mehr richtig sehen und musste meine Arbeit als Elektroniker aufgeben», sagt Donno. Er versuchte es als Arbeitsagoge, fand aber keine Stelle. Kurz vor der Aussteuerung sei ihm deshalb klar geworden, dass er sich selbstständig machen musste. Seine Geschäftsidee war geboren.

«In meiner Werkstatt habe ich zuerst die Geräte meiner Freunde und Bekannten repariert. Später kamen auch immer mehr andere Leute zu mir. Vom Sozialhilfeempfänger bis zur Bankdirektorin gehören Menschen aus allen sozialen Schichten zu meinen Kunden», sagt Donno. Dabei begleite ihn immer der Gedanke, dass die Menschen schlicht zu viel Ressourcen verschwenden würden. «Dass sich dies ändert, ist einer meiner ganz grossen Wünsche für die Zukunft», sagt Donno.

«Ich glaube, dass die Hersteller schlicht und einfach nicht wollen, dass Geräte repariert werden.»

Diese Überzeugung habe sich noch verstärkt, als sein Sohn geboren wurde. «Meine Botschaft möchte ich insbesondere ihm vermitteln und ihm vor Augen führen, dass man auch viele kleine Alltagsgegenstände reparieren kann, damit sie nicht nach kurzer Zeit einfach im Müll landen. Denn ich habe während meiner ganzen beruflichen Karriere festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der Wertschätzung von Waren und der Wertschätzung von anderen Menschen besteht. Ich möchte, dass mein Sohn später nach diesen Werten lebt.»

«Ich will aufzeigen, dass sich Reparieren lohnt»

Dass er seine Werkstatt in der eigenen Wohnung eingerichtet hat, sei auf seine finanzielle Situation zurückzuführen, erklärt Donno. «Ich konnte mir aus den genannten Gründen kein finanzielles Polster schaffen. Extern etwas zu mieten liegt deshalb aktuell einfach nicht drin.» Trotzdem führt er viele Arbeiten in den Räumlichkeiten von Kollegen aus. Vor allem dann, wenn er entsprechende Maschinen benötigt, die er zu Hause nicht hat. «Mein Ziel ist aber ganz klar, Wohn- und Arbeitsort dereinst zu trennen», sagt Donno, dessen Bett direkt neben der Werkbank steht.

Hat ein Flair für Technik: Leonardo Donno. (Bild: bic)

Mit dem Geschäftsgang ist Leonardo Donno mehr oder weniger zufrieden, auch wenn es noch viel Luft nach oben gebe. «Im Moment komme ich als Teilalleinerziehender Vater gerade so durch», rechnet er vor. Neben dem, was er unbedingt brauche, habe er jedoch fast nichts mehr. Dies habe auch damit zu tun, dass er nicht alle Kundenwünsche erfüllen könne und somit weniger Aufträge habe. «Am Anfang wusste ich nicht, was die Leute überhaupt wollen, und ich habe damit angefangen, einfach alles zu reparieren. Ich musste dann allerdings feststellen, dass dies nicht möglich ist», sagt Donno.

«Es ist ein wirtschaftliches und soziales Experiment»

So müsse er bei jedem Gerät einschätzen, ob eine Reparatur infrage komme. Das heisst, ob er sie zu einem Preis ausführen kann, der bezahlbar und für ihn einigermassen gewinnbringend ist. «Das ist jeweils eine Gratwanderung», schiebt Donno nach. Das Problem sei, dass es oft schwierig bis unmöglich sei, Ersatzteile zu bekommen. Nur schon die Zeit, die Donno dafür aufwenden muss, lohne sich für die Kunden manchmal kaum.

«Ich möchte testen, ob sich meine Vision auf dieser Kugel umsetzen lässt.»

«Ich glaube, dass die Hersteller schlicht und einfach nicht wollen, dass Geräte repariert werden», hält er mit Kritik nicht zurück. Andernfalls könnte man einzelne Teile für ein paar Rappen bestellen, doch die Fabrikanten würden sich dagegen sträuben. «Wenn ich aber merke, dass ein Gerät jemandem sehr viel bedeutet, lehne ich den Auftrag trotz allem nicht ab», sagt Donno. Das komme ab und zu vor. Er nennt das Beispiel eines älteren Ehepaars, das die Lampe zu ihm brachte, die es sich zur Hochzeit gekauft hatte.

Dass er mit seiner Idee wohl nie das grosse Geld verdienen wird, ist sich Donno bewusst. Vielmehr bezeichnet er seine Tätigkeit als eine Art sozial-ökonomisches Experiment. «Ich möchte testen, ob sich meine Vision auf dieser Kugel umsetzen lässt und ob man damit so viel verdienen kann, dass man einigermassen über die Runden kommt», so Donno. Deshalb habe er auch keinen Businessplan erstellt, sondern einfach angefangen. Natürlich hätten ihm verschiedene Leute in seinem Umfeld davon abgeraten und ihn als Gutmenschen und Fantasten betitelt.

Dass sein Projekt zumindest im Kern derartige Züge trägt, stellt Donno auch nicht in Abrede. Doch darum gehe es ihm nicht, sagt er. «Wie jedes Experiment hat auch meines einen ungewissen Ausgang. Was ich mache, falls es nicht klappt, weiss ich momentan nicht. Derzeit bin ich jedenfalls sehr gut ausgelastet.»

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