Bund will Austausch fördern

Lehrlinge sollen mobiler werden – Luzern zeigt, wie es geht

Lehrlinge bleiben oft zuhause, statt einen Austausch in einer anderen Landesregion zu machen. (Bild: Unsplash/Wes Hicks)

Wer eine Lehre absolviert, soll mehr Möglichkeiten erhalten, um Erfahrungen in einem anderen Landesteil zu sammeln. Das fordert eine Kommission des Nationalrates. Der Bundesrat hat diesbezüglich bereits konkrete Pläne – die Blaupausen dafür hat man in Luzern gefunden.

Lehrlinge sind Nesthocker. Zu oft bleiben sie während ihrer gesamten Ausbildung am selben Ort (sprich zu Hause), statt ein Praktikum mit Sprachkurs in einem anderen Landesteil zu absolvieren.

Dieser Umstand gibt in Bundesbern schon seit Längerem zu reden. Die nationalrätliche Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur fühlte sich nun dazu bewogen, eine Motion einzureichen, um diesem Trend entgegenzuwirken. Diese verlangt vom Bundesrat die Mittel für landesweite Sprachaufenthalte von Lehrlingen «signifikant» aufzustocken.

Zudem wird der Bundesrat beauftragt, in Zusammenarbeit mit den Kantonen und Berufsverbänden eine nationale digitale Plattform zu schaffen, um die Mobilität der Lehrlinge zu fördern.

10 Millionen für mehr Austausch

Der Bundesrat verweist auf seine 2017 verabschiedete Strategie «Austausch und Mobilität», in der bereits Ziele zur Förderung des nationalen Austausches gesetzt wurden. Um diese Ziele zu erfüllen, will der Bundesrat zwischen 2021 und 2024 insgesamt 37 Millionen Franken für «Verständigungsmassnahmen» einsetzen. 10 Millionen davon sind für die Förderung des Austausches vorgesehen.

Was die «bewegungsscheuen» Lehrlinge betrifft, setzt der Bundesrat auf die nationale Agentur für Austausch und Mobilität «Movetia». Diese soll die Errichtung eines nationalen Austauschprogramms für die berufliche Grundbildung prüfen. Dabei soll man sich auf Erfahrungen aus Luzern stützen, wie es in der bundesrätlichen Stellungnahme heisst.

Kooperation mit dem Tessin und der Waadt

In Luzern macht man schon seit einigen Jahren Erfahrungen mit Sprachaufenthalten im Inland. In Kooperation mit dem Tessin hat die Dienststelle Berufs- und Weiterbildung des Kantons Luzern 2015 das Projekt «Swiss Mobility» lanciert. Das Angebot richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene, die am Ende ihrer beruflichen Grundbildung stehen.

Das Pilotprojekt wird auch vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) unterstützt. Nach einer ersten Förderperiode (2016 bis 2018) wurde das Austauschprojekt auf den Kanton Waadt ausgeweitet. Aktuell befindet man sich in der zweiten Förderperiode, die noch bis 2021 andauert.

Stark limitierte Teilnehmerzahl

Lehrabsolventinnen können im Tessin Italienisch oder in der Waadt Französisch lernen und Arbeitserfahrungen sammeln. Die Praktika dauern maximal sechs Monate und sind mit einem Sprachkurs kombiniert.

Rund 90 Personen haben sich seit dessen Initiierung am Programm beworben, heisst es bei der Dienststelle Berufs- und Weiterbildung auf Anfrage. Wegen des Pilotcharakters des Projekts sei die Teilnehmerzahl von vorneherein stark begrenzt gewesen.

Im aktuellen Jahr rechnet man mit zwischen 10 und 20 Teilnehmerinnen. Rund 40 Prozent davon kommen aus dem kaufmännischen Bereich.

«Der Aufwand und die Kosten pro Teilnehmer sind vergleichsweise hoch.»

Dienststelle Berufs- und Weiterbildung Luzern

Auf kleiner Flamme Erfahrungen gesammelt

Welche Erfahrungen Luzern dem Bund weitergeben könnte, beantwortet die Dienststelle Berufs- und Weiterbildung so: «Die Zusammenarbeit zwischen den kantonalen Mobilitätsstellen über die Sprachgrenzen hinweg funktioniert sehr gut. Der Aufwand und die Kosten pro Teilnehmer sind aber vergleichsweise hoch.»

Seit Lancierung des Projektes hätten auch andere Kantone, darunter etwa Zürich, Interesse an Swiss Mobility bekundet. Für eine allfällige Ausweitung müsste aber über eine neue, einfachere Struktur der Zusammenarbeit nachgedacht werden. Vorstellbar wäre etwa die Einrichtung einer Geschäftsstelle im Rahmen eines Konsortiums oder Vereins.

Digitale Plattform macht Sinn

Die vom Bundesrat angestrebte digitale Plattform würde auch aus Luzerner Sicht Sinn ergeben. So wünscht man sich auch hier «effizientere und digitale Formen des Praktikumsmanagements». Beispielsweise, um ein Matching zwischen Betrieben und Praktikantinnen zu ermöglichen.

Auch in Luzern sieht man hier das Potenzial der nationalen Agentur Movetia, die bei internationalen Programmen Erfahrungen gesammelt hat und bereits über entsprechende Tools verfüge.

Es braucht mehr Praktikumsplätze

Letztlich mangelte es aber an etwas noch viel Essenziellerem: an Praktikumsplätzen in den Kantonen. Wenn die Lehrlinge mobiler werden sollen, müssen sie auch irgendwohin gehen können. «Deshalb benötigt eine Ausweitung von Swiss Mobility in Zukunft ein intensiveres Marketing und eine systematischere Netzwerkarbeit vor Ort», lautet das Fazit aus Luzern. Die Verankerung solcher Mobilitätsprogramme bei den kantonalen Berufsbildungsämtern mache aber Sinn, ist man überzeugt. Dies, weil die Ämter sehr gut mit den lokalen Unternehmen vernetzt seien.

Die Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur wurde im Nationalrat noch nicht behandelt. Die Herbstsession beginnt am 7. September.

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