Neue Chancen für Firmenansiedlung

Leere Büros in Luzern: Corona könnte auf die Mieten drücken

Das Gebäude der Hochschule Luzern wird schon bald frei. (Bild: zvg)

In der Luzerner Innenstadt werden bald Tausende Quadratmeter Büroflächen frei. Das eröffnet neue Chancen für die Ansiedlung von Firmen. Die Vermieter hingegen müssen wegen Corona allenfalls auch langfristig Abstriche bei den Mietzinsen machen.

In der Luzerner Innenstadt werden in den kommenden Jahren bis zu 70'000 Quadratmeter an Büroflächen frei. Denn verschiedene Institutionen wie der Kanton Luzern oder die Hochschule Luzern beziehen dereinst neue Büroräumlichkeiten. So wird zum Beispiel das Gebäude der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit an der Werftestrasse frei.

Diese Entwicklungen haben bereits die Politik auf den Plan gerufen. Kürzlich reichte die FDP im Stadtparlament einen Vorstoss ein: Der Stadtrat soll aufzeigen, wie Leerstände verhindert werden können. Denn 4000 Quadratmeter der frei werdenden Büroflächen gehören der Stadt (zentralplus berichtete).

Innenstadtlage wird geschätzt

Dass es viele Leerstände geben wird, glaubt Christian Kraft nicht. «Natürlich muss man für eine Prognose den Zeitraum und die Lage der Räumlichkeiten betrachten», sagt der Dozent und Projektleiter am Institut für Finanzdienstleistungen an der Hochschule Luzern. «Liegen die Büros nahe der Innenstadt und sind gut an den ÖV angeschlossen, sind sie für viele Unternehmen aber sehr attraktiv.» Weiter sei gerade für KMU die Nähe zu Kunden und Partnerunternehmen wichtig.

So habe sich beispielsweise in Bern gezeigt, dass Büros durchaus und rasch vermietet werden können. Die Bundesverwaltung hat in den vergangenen Jahren zahlreiche ihrer auf die Stadt verteilten Büros in Neubauten zusammengelegt, wodurch – wie nun in Luzern – viele Räumlichkeiten frei wurden. «Es kann aber sein, dass die Räume künftig nicht mehr gleich genutzt werden wie heute», betont Kraft. Je nachdem müsse man punktuell wohl auch über eine Umnutzung in Wohnungen oder neue Konzepte nachdenken. Dies dürfte im Sinne vieler Luzernerinnen sein, da so der Druck auf die Wohnflächen in der Innenstadt entschärft würde.

Ist Dozent an der Hochschule Luzern – Wirtschaft: Christian Kraft.

Warum Corona zu tieferen Mieten führen könnte

Aber auch Corona könne den Büromarkt langfristig prägen, stellt Kraft in Aussicht. So sei es denkbar, dass aufgrund der jüngsten Erfahrungen mit Homeoffice in den Niederlassungen vieler Firmen nicht mehr Grossraumbüros mit einer Vielzahl dichter Arbeitsplätzen eingerichtet werden. Vielmehr werde man die Flächen möglicherweise stärker als Plätze für den Austausch zwischen den Mitarbeiterinnen oder mit Kunden nutzen. «Zudem könnten uns im Arbeitsalltag die Abstandsregeln und Schutzkonzepte wie Trennwände noch länger begleiten», wagt Kraft einen Blick in die Zukunft.

«Wenn mehr Angestellte von zu Hause aus arbeiten, werden die Unternehmen allenfalls nicht mehr bereit sein, die ursprünglichen Mieten zu zahlen.»

Christian Kraft, HSLU

Diese Entwicklungen könnten gemäss dem Immobilienexperten dazu führen, dass die Mieten für Büros in der Innenstadt unter Druck kommen. «Wenn mehr Angestellte von zu Hause aus arbeiten, werden viele Firmen allenfalls nicht mehr bereit sein, die ursprünglichen Mieten für den weniger intensiv genutzten Platz zu zahlen.»

Weiter, so Kraft, würden viele Firmen aufgrund der jüngsten Erfahrungen mit Aerosolen & Co. möglicherweise bessere oder nachgerüstete Lüftungssysteme für gute Luftqualität verlangen. Ist die Vermieterin nicht in der Lage, diese teuren Arbeiten zu stemmen, könnten interessierte Unternehmen diese selber übernehmen und in Mietzinsverhandlungen einbringen.

Am Bundesplatz hat der Kanton mehrere Büros, die mittlerweile wohl etwas alt sind.

Mehr Chancen als Risiken

In der Tendenz sieht Kraft in den leer werdenden Büros für die Stadt Luzern dennoch eher eine Chance als ein Risiko – auch wenn einzelne Flächen kurzfristig leer stehen oder saniert werden müssen. Insbesondere, da sich die Ansiedlung neuer Firmen wegen fehlender Büroflächen trotz der Tiefsteuerstrategie als grosse Herausforderung offenbart habe. Eine neue Studie stellt der Strategie bekanntlich ein eher dürftiges Zeugnis aus (zentralplus berichtete).

«Viele Unternehmen entscheiden heute oft ziemlich kurzfristig über neue Standorte. Die direkte Verfügbarkeit von Büros ist bei der Ansiedlung ein Plus», sagt Kraft. Die Verantwortlichen seien somit gut bedient, wenn sie interessierten Firmen umgehend ein paar adäquate Büroflächen anbieten können.

«Viele Büroflächen sind in die Jahre gekommen und nicht mehr marktfähig.»

Andreas Zettel, Wirtschaftsförderung

Das sieht man bei der Wirtschaftsförderung Luzern gleich. «Aus Sicht der Wirtschaftsförderung ist es spannend, wenn hinsichtlich Lage, Qualität und Preis attraktive Büroflächen auf den Markt kommen», sagt Andreas Zettel, Leiter Unternehmensentwicklung. So sieht er insbesondere bei den grossen, zusammenhängenden Büroflächen im bahnhofsnahen Stadtzentrum noch Marktpotenzial. Auch Zettel weist darauf hin, dass es sich erst noch weisen müsse, wie viele der Büros mittelfristig tatsächlich als solche genutzt werden können.

«Vermutlich wird ein bedeutender Teil davon durch Umnutzungen, beispielsweise in Wohnraum, vom Büroflächenmarkt verschwinden», sagt Zettel. Gerade bei den Gebäuden, die der Kanton Luzern derzeit zu mietet, sei eine solche Entwicklung naheliegend.

Damit spricht er ein grundsätzliches Thema an: Viele leerstehende Büroflächen entsprechen nicht mehr den Vorstellungen der Mieter, auch in Bezug auf modernes Arbeiten. «Viele Büroflächen sind in die Jahre gekommen und nicht mehr marktfähig.» Letztlich hänge also viel von den Entscheiden der Eigentümer für die zukünftige Nutzung ihrer Immobilien ab. 

Auch hier dürften die Büros in die Jahre gekommen sein: Am Hirschengraben sind derzeit verschiedene Abteilungen des Kantons eingemietet.
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