Kolumne
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Was uns das EWL-Wasserdebakel in Luzern lehrt

Wasser: ein kostbares Gut. Das dürfte den rund 600 betroffenen Haushalten im Luzerner Matthof-Langensand Quartier bewusst werden. (Bild: Adobe Stock)

Es sind kuriose Zeiten im Matthof-Langensand Quartier in Luzern: Es ist Tag vier, an dem das Wasser erst abgekocht werden muss, bevor man es trinkt. Das Ganze hat auch etwas Gutes, findet unsere Autorin. Denn es lehrt uns, wieder bewusster mit Wasser umzugehen.

Der Mann kurvt mit seinem Fahrrad zum Marienbrunnen bei der Franziskanerkirche und hält an. Flasche nach Flasche zaubert er aus seinem Velokorb. Hält sie an den Hahnen und füllt sie auf. Hier, wo das Wasser in der Stadt eben noch geniessbar ist. Ich muss schmunzeln. Ob er auch so einer sei, aus dem Matthof-Langensand Quartier, frage ich ihn. Er nickt und wir kommen ins Gespräch.

Er erzählt noch, wie seine Tochter aus den Ferien kommend und nichts ahnend mit dem Hahnenwasser Gemüse gewaschen habe. Nun habe sie Magen-Darm-Beschwerden.

Schon heftig, erwidere ich. Und irgendwie surreal.

Prösi statt Wasser zum Zähneputzen

Es sind harzige Zeiten in der Stadt Luzern, fernab der Langensandbrücke: Seit dem Wochenende muss hier im Matthof-Langensand Quartier das Wasser abgekocht werden (zentralplus berichtete). Wegen irgendwelcher Milchsäurebakterien – genauer gesagt Fäkalien. Ganz genau wissen will man es ja nicht. Ob zum Trinken, zum Himbeerenwaschen, Zähneputzen oder für den Kaffee: Das Hahnenwasser muss erst kochen und sprudeln. Oder man schleppt einfach literweise Evian-Wasserflaschen ins traute Heim. Das Debakel wird die Anwohnerinnen noch ein wenig länger beschäftigen. Denn auch am Dienstag gab's noch keine Entwarnung seitens EWL (zentralplus berichtete).

Als ich am Sonntag nach einer Bartour nach Hause kam, fand ich es irgendwie noch witzig, als ich den Zettel an der Wohnungstür klaffen sah. Knipste ein Foto davon und schickte es meinen Eltern, die auf dem Land wohnen. «Strube Zeiten in der Stadt», schrieb ich noch. Und dachte mir: «Jawohl, gibt's ab jetzt halt ein Gläschen Prosecco zum Zähneputzen.» Die EWL wollte es ja so.

Im Matthof-Langensand Quartier gehen die Wasserflaschen um

Am Sonntag, als ich auf meinem Balkon weilte, hörte ich alle paar Minuten Schritte auf dem Beton unten und ein Quietschen dazu. Zweifellos, es war das Geräusch von Plastikflaschen, die in der Verpackung aneinanderreiben. Sekunden später erkannte ich durch den dichten Ahornbaum, dessen Samen sich nach und nach von den Ästen lösen und in einer Leichtigkeit wie kleine Propeller zu Boden schweben, einen Mann. Links und rechts schleppte er je ein Sixpack Wasserflaschen. Minuten später brüllte eine Nachbarin nebenan, die ich erst nicht so richtig leiden konnte, mit der ich neuerdings aber Balkon-von-Balkon-Gespräche führe, ob ich auch noch Wasser bräuchte. Ihr Mann habe geholt, es sei genug für alle da. Irgendwie berührte mich das Ganze.

Surreal – aber auch gut

Das Ganze erscheint völlig surreal. Etwas, das uns von klein auf selbstverständlich war, nämlich mit dem Mund direkt zum Wasserhahnen und einfach davon zu trinken, wird von einem Tag auf den anderen tabu.

Mühselig koche ich derzeit das Wasser ab, kühle es. Und fülle es danach sorgfältig in die Flaschen auf, die ich zu Hause finde. So, dass kein Tropfen danebengeht. Schliesslich zog auch ich los und kam mit einem Sixpack Wasser nach Hause. Doch dieses Luxus-Wasser gibt's nur fürs Trinken.

Die Wasserhahnen in der Wohnung, die laufen seit Sonntag nicht mehr einfach so. Die Zähne werden nicht bei laufendem Leitungswasser geputzt. Das Geschirr nicht gespült, Früchte und Salat nicht mit Hahnenwasser gewaschen. Für alles wird ein Glas oder eine Schüssel bereitgestellt. Mit so viel Wasser, wie eben gerade nötig ist. Und auch das Wasser, mit dem ich Himbeeren und Zucchetti gewaschen habe, schütte ich nicht einfach weg. Denn damit kann ich ja noch die Pflanzen giessen.

Wieder bewusst mit dem Wasser umgehen

Man kann es drehen und wenden, wie man will, sich darüber aufregen oder den Kopf schütteln. Aber das ganze Debakel hat auch etwas Gutes: Es lehrt uns, wieder bewusst mit dem Wasser umzugehen. Dass eben nicht alles so selbstverständlich ist. Und zu erkennen: Wasser ist ein verdammt kostbares Gut.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung der EWL
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