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Sechs Planeten reihen sich seit Anfang Jahr für Sterngucker am Abendhimmel auf: Während rund drei Stunden scheinen sie gemeinsam um die Wette. Fünf Mitglieder der astronomischen Gesellschaft klären auf, worum es sich bei diesem Internethype handelt.
Auf zahlreichen Internetplattformen ist zurzeit die Rede von einem aussergewöhnlichen «Spektakel»: der «Grossen Planetenparade». Dabei handle es sich um die Möglichkeit, sechs Planeten «in einer Linie» zu beobachten: nämlich Mars, Jupiter, Venus und Saturn – die von blossem Auge zu sehen sind – sowie Uranus und Neptun. Sie reihen sich wie eine Perlenkette aneinander.
Was steckt tatsächlich dahinter? Die Astronomische Gesellschaft Luzern und die Sternwarte Luzern entmystifizieren die Sensation.
Himmlisches Schauspiel
Der Eintritt ist gratis, die Bühne zieht sich von Osten nach Westen. Sie umfasst die ganze nördliche Hemisphäre. Der ideale Zeitpunkt ist nach dem Einnachten zwischen sechs bis acht Uhr. Die Spielzeit läuft von Anfang Januar bis Mitte Februar.
Vorhang auf für das planetare Unterhaltungsprogramm: Die Hauptdarstellerin Venus eröffnet das himmlische Schauspiel. Ihren Namen verdankt sie der römischen Liebesgöttin. Als Abendstern scheint sie bei idealem Wetter wie ein heller Diamant, hoch über dem Pilatus. Jupiter dominiert die Himmelsbühne mit seiner alles überstrahlenden Würde. Derweil hinter der Rigi der rötliche Mars die Himmelsleiter erklimmt.
Während diese vier Planeten bei den Zuschauern für entzückte «Aahs» und «Oohs» sorgen, äugt über Luzern, im Schatten der Helleren, Saturn scheu ins Publikum. Uranus und Neptun, die beiden Komparsen, agieren dezent im Hintergrund.
Sechs Planeten stehen gleichzeitig am Himmel
Fachmännische Antworten zu dem astronomischen Ereignis liefert Piero Indelicato von der Astronomischen Gesellschaft Luzern: «An den kommenden Abenden stehen sechs Planeten gleichzeitig am Himmel.»
Von blossem Auge sähen wir allerdings nur deren vier. Für Uranus und Neptun bräuchten wir ein Fernrohr, wie es beispielsweise in der Sternwarte Luzern zur Verfügung steht. Im Übrigen: «Wer sich nicht auskennt, meint einfach, es sind helle Sterne. Schliesslich sind die Planeten ja nicht angeschrieben.» Das Interesse der Bevölkerung an dieser «Sensation» halte sich in Grenzen. «Kometen oder Finsternisse sind interessanter.»
Ohne Merkur unvollständig
Dass es sich bei der Planetenparade im Januar um ein wichtiges astronomisches Ereignis handle, dementiert Peter Kronenberg von der Astronomischen Gesellschaft Luzern. Selten sei es ohnehin nicht, dass mehrere Planeten gleichzeitig am Himmel stünden. Manchmal gebe es mehrere grosse Paraden pro Jahr, manchmal keine.
Das hänge davon ab, auf welcher Seite der Sonne sich die Planeten befänden. So wie jetzt könne man im Übrigen schon den ganzen Januar über den Himmel bewundern. Zu einer «richtigen Parade» gehöre seines Erachtens auch der Merkur. Der fehle zurzeit am Abendhimmel und kehre erst Ende Februar zurück.
Bevorstehende Himmelsereignisse
Sechs Planeten können noch bis etwa Mitte Februar erlebt werden (abhängig vom Standort). Ideal wären eine Neumondnacht – beispielsweise am 29. Januar – und ein klarer, wolkenloser Nachthimmel. Weitere astronomische Höhepunkte im Jahr 2025 sind der 29. März mit der partiellen Sonnenfinsternis sowie am 14. März bzw. 7. September zwei Mondfinsternisse.
Die Apps «Sky Tonight» oder «Star Walk» helfen dem Laien bei der Bestimmung der sich am Himmel ekliptisch aufreihenden Gestirne. Mehr Infos findest du hier oder bei der Sternwarte Luzern.
Dietschiberg und Michaelskreuz – hier lassen sich die Planeten bestaunen
zentralplus besuchte die Sternwarte Luzern, die gewöhnlich dienstags von acht bis zehn Uhr frei zugänglich ist. Leider schwappte an diesem Abend der zweiten Januarwoche dicker Nebel über der Stadt auf und ab und vergällte der Handvoll Sternguckern die Aussicht. Nach der ominösen Planetenparade erkundigte sich niemand. Der Vollmond und die Venus trotzten der grauen Brühe und blinzelten ab und zu durch die Nebelsuppe.
«Die Sternwarte ist für das Entdecken der zurzeit im Westen stehenden Planeten kein günstiger Beobachtungspunkt, weil der Pilatus zu nah ist», erklärt Jörg Lang, technischer Leiter der Sternwarte. Peter Kronenberg empfiehlt beispielsweise den Dietschiberg oder das Michaelskreuz als ideale Orte, natürlich auch in den Bergen. Wichtig sei es, dass man den ganzen Himmel beobachten könne und dass es wenig Lichtverschmutzung gebe.
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Um die Himmelskörper zu entdecken, ziehe man von Westen nach Osten einen Halbbogen über das Himmelszelt. Hier «paradieren» die Planeten im angekündigten Spektakel – auf einem Bogen, keineswegs auf einer Linie, erläutert Guido Stalder. Die ersten Sterne, die man auf dieser Achse erkennen könne, seien meistens die Planeten.
Davonfliegende Planeten
Grundsätzlich leiht die Astronomische Gesellschaft Fernrohre an ihre Vereinsmitglieder aus. Jörg Lang erklärt jedoch, dass es für Laien eine recht komplexe Angelegenheit sei, damit erfolgreich zu hantieren. Die beiden weit entfernten Planeten Uranus und Neptun mit einem mobilen Fernrohr zu avisieren, setze eine gewisse Erfahrung voraus.
«Cheerleader paradieren, Soldaten paradieren – aber doch nicht die Planeten.»
Selbst wenn man wisse, wo man zu suchen habe, «flögen» einem die Gestirne gerne davon – just in dem Moment, wenn sie «eingefangen» wurden. Deshalb empfiehlt er, in der Luzerner Sternwarte hierfür die grossen Fernrohre zu benutzen. Dort könne man die exakten Positionierungen eingeben.
«Planetenparade» – über den Begriff
Schliesslich ergründen in der Sternwarte die beiden freiwilligen «Sternguck»-Begleiter Guido Stalder und Beat Müller die Terminologie «Planetenparade». Um eine Parade gehe es bei diesem Himmelsereignis eigentlich nicht. «Cheerleader paradieren. Soldaten paradieren, aber doch nicht die Planeten.» Beim Aufräumen und Dachschliessen spassen die beiden auf der Suche nach geeigneteren Begriffen: «Wie wäre es mit ‹Planetenumzug›?»
Um das Ganze weiter zu hinterfragen, tauchten die beiden Hobbyastronomen ins Mittelalter ein. Johannes Kepler fand heraus, dass Planeten nicht um die Erde kreisen, sondern Erde und Planeten um die Sonne. Beat Müller frotzelte, in diesem Sinne sei der Begriff «Parade» doch eher Unsinn. Die Planeten würden gewiss nicht über den Nachthimmel paradieren, sondern die Erde drehe sich. Eigentlich laufe die Erde gewissermassen den langsameren Planeten davon.
Sehenswürdiges Spektakel
So spektakulär wie Elon Musks Starlink-Satelliten – ein Lichtspektakel, das sich wie eine leuchtende Perlenschnur von West nach Ost über den Himmel bewegt – seien die aktuellen Himmelsereignisse vermutlich nicht, findet Jörg Lang. Die Mühe und Geduld, Ausschau nach den Gestirnen zu halten, lohne sich aber auf jeden Fall, denn die Freude darüber, deren Ort identifizieren zu können, sei wahrlich für Laien ein schönes Erlebnis.
- Telefonat mit Jörg Lang, technischer Leiter Sternwarte Luzern
- Persönliches Gespräch mit Beat Müller, Astronomische Gesellschaft Luzern
- Persönliches Gespräch mit Guido Stalder, Astronomische Gesellschaft Luzern
- Schriftlicher Austausch mit Peter Kronenberg, Astronomische Gesellschaft Luzern
- Schriftlicher Austausch mit Piero Indelicato, Astronomische Gesellschaft Luzern