So lebt das Langlebigkeits-Paar

Longevity: Ihr Alltag macht sie biologisch jünger

Gehen lieber Eisbaden, als in die Kältekammer: Valentina Bänninger und Michael Appenzeller. (Bild: zvg)

Michael Appenzeller und Valentina Bänninger haben ihr Leben radikal umgekrempelt – für ein Ziel: möglichst lange gesund bleiben. Was früher Schicksal war, ist für sie heute ein Plan mit System.

Alt werden war früher ein Schicksal – heute ist es ein Projekt. «Longevity» heisst das neue Versprechen: gesünder, länger, besser leben. Was einst dem Zufall überlassen war, wird nun optimiert, gemessen, geplant.

Auch Michael Appenzeller hatte eines Morgens diesen Gedanken, als er nach dem Aufstehen zu sich sagte: «Ich will ewig leben.»

Heute relativiert er das. «Vielleicht war das etwas überehrgeizig», sagt er und lacht. «Ich würde wirklich gerne ewig leben – ohne eine gesellschaftspolitische Diskussion über die Folgen lostreten zu wollen. Aber das Leben kann man immer wieder neu denken. Ich habe keine fixe Zahl mehr im Kopf. Ich möchte einfach möglichst lange gesund bleiben und die Möglichkeiten ausschöpfen, die sich uns bieten.»

Als Schlaf und Essen noch «notwendiges Übel» waren

Das war nicht immer so. Beide lebten früher anders – ungesünder, weniger bewusst, mit weniger Fokus auf Ernährung, Bewegung und Schlaf. «Ich ging extrem schnell durchs Leben, beruflich wollte ich möglichst viel reinpressen», sagt Appenzeller. «Schlafen und Essen galten als notwendiges Übel.»

In seiner Jugend habe er im Ausgang ab und an geraucht und «relativ unbewusst Alkohol getrunken». Heute findet Appenzeller Rauchen unnötig – er sieht nicht mehr ein, wieso man sich willentlich erheblichen Schaden zufügen sollte und davon noch abhängig wird. Auch seine Partnerin, Valentina Bänninger, erinnert sich, dass sie früher viel Dessert gegessen und Alkohol getrunken hätten. «Wir haben nicht immer so gelebt, wie wir heute leben.»

Deshalb verstehen sie, wie schwierig es sein kann, den eigenen Lebensstil zu verändern – und wie wichtig es ist, dabei Freude statt Druck zu empfinden. Das Paar hat deswegen in Baar die Firma 121.000 gegründet. Ihr Ziel: Menschen auf ihrem Weg zu einem langen, gesunden Leben begleiten.

Bänninger ist Fachärztin für Dermatologie, ausgebildet an den Universitätsspitälern in Basel, Zürich und Freiburg im Breisgau. Appenzeller stammt aus der Finanzbranche und hat bereits mehrere Firmen aufgebaut. Im Februar 2022 eröffneten sie gemeinsam die Hautklinik «sweet skin» in Baar, in der sie sie klassische Dermatologie mit ästhetischen Behandlungen verbinden.

Jeder altert – doch wie, lässt sich beeinflussen

Das Paar ist überzeugt: Altern ist kein unvermeidbares Schicksal, sondern ein Prozess – und dieser lässt sich beeinflussen. «Älter werden ist nicht nur eine Reise des Überlebens, sondern eine des Gedeihens», schreiben sie auf ihrer Website.

Sie kritisieren das Gesundheitssystem, das sich vor allem auf die Behandlung von Krankheiten konzentriert statt auf Prävention. Wer den Alterungsprozess verlangsamt, wirke vielen chronischen Leiden präventiv entgegen. Die Basis dafür: Ernährung, Bewegung und ein gesunder Lebensstil, der sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiere.

«Zu Beginn war ich biologisch zwei Jahre älter als mein tatsächliches Alter.»

Michael Appenzeller

«Longevity bedeutet für mich, das Gefühl zu haben, nach heutigem Wissensstand alles getan zu haben, um gesund und leistungsfähig zu bleiben», sagt Appenzeller. «Ich will die Wahrscheinlichkeit erhöhen, nicht schwer zu erkranken – und meine Werte im grünen Bereich halten.» Bänninger fügt an, dass es für sie völlig in Ordnung sei, einmal zu sterben, aber optimalerweise mit möglichst wenig Leiden. Die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, könne man nicht auf Null senken, «so weit sind wir noch nicht. Aber ich selbst kann zu einem grossen Teil verhindern, dass ich jemals an Diabetes erkranke oder einen Herzinfarkt habe.»

Mit den Werten, die im grünen Bereich liegen sollten, meint Appenzeller unter anderem die rund 70 Blutwerte, die er regelmässig misst, sein biologisches Alter, den Verlauf des Blutzuckerspiegels, Körperzusammensetzung – also Fett-, Muskel- und Wasseranteile – sowie Knochendichte und Alterungsgeschwindigkeit.

Hat ihn ein Resultat geschockt? «Ja, mein eigenes», sagt er schmunzelnd. «Zu Beginn war ich biologisch zwei Jahre älter als mein tatsächliches Alter.» Trotz regelmässigem Sport war das Resultat ernüchternd. «Dieser Schock hat mich motiviert. Heute bin ich 2,5 Jahre jünger als mein chronologisches Alter – also insgesamt 4,5 Jahre jünger als vor 1,5 Jahren.» Auch seine Alterungsgeschwindigkeit habe er seither deutlich unter ein kalendarisches Jahr verlangsamen können.

Ein Tag im Leben von Bänninger und Appenzeller

Der Tag der beiden beginnt bereits am Vorabend – zumindest gedanklich: Wann wird gegessen, wie viel Zeit vergeht zwischen der letzten Mahlzeit und dem Schlafengehen? Wie viele Stunden Schlaf sind realistisch?

Am Morgen – noch vor dem ersten Kaffee – steht Bewegung auf dem Plan. Gemeinsam mit ihrem jungen Border Collie geht das Paar joggen. Frische Luft, Aktivierung, Tageslicht. Danach gibt es – anders als früher – nur noch eine Tasse Kaffee für Appenzeller. «Früher waren es sechs am Tag», sagt er. Heute sei guter Schlaf wichtiger. Er hat es eine Zeit lang sogar schon ganz ohne Koffein geschafft, gönne sich aber den Genuss einen guten Kaffees.

Heute wird das Paar beim Sport im Freien von ihrem Border Collie begleitet. (Bild: zvg)

Noch vor dem Frühstück: eine Reihe individuell abgestimmter Nahrungsergänzungsmittel. Für ihn sind das unter anderem hochdosiertes Kurkuma, Q10, Resveratrol, Quercetin, Magnesium, Artischockentropfen. Zum Frühstück gibt es zunächst meistens Gemüse – etwa Kohlrabi oder Fenchel, ausschliesslich Bio oder Demeter. Ziel: den Blutzuckerspiegel stabil halten.

Danach ein veganes Porridge: Haferflocken, veganes Proteinpulver, Hanfsamen, Leinsamen, Früchte, Nüsse. Wegen seiner genetischen Veranlagung zu hohem Cholesterin mischt Appenzeller zwei Esslöffel Leinöl bei – wegen der Omega-3-Fettsäuren.

Rotlicht: für die innere Uhr

Nächstes Ritual: Rotlicht. Während Appenzeller zu Hause seine E-Mails checkt, sitzt er ohne Hemd vor einer Rotlichtlampe. Das Licht soll tief ins Gewebe eindringen, entzündungshemmend und regenerierend wirken. Für ihn ist es auch ein mentaler Reset. Auch Valentina Bänninger hat die tägliche Rotlichtsession in der klinikeigenen Ganzkörperanlage fest in ihren Kalender eingetragen.

«Wenn alles ein Müssen ist, eine Liste von Verboten und Zwängen, dann funktioniert es nicht.»

Valentina Bänninger

Abends wird meist selbst gekocht – oft auch für den nächsten Mittag. Die Ernährung ist die grösste Umstellung – beide essen grösstenteils vegan. Bewegung gehört dazu. «Ein Tag ohne Sport gibt es eigentlich nicht», sagt Valentina Bänninger. Sie reitet Dressur auf Turnierniveau und hat ein eigenes Pferd. Beide machen Yoga, Pilates, Joggen, Wandern – Appenzeller fährt Velo, trainiert im Fitnessstudio und ist zudem zertifizierter kommerzieller Pilot.

Kochen meist selbst: Valentina Bänninger und Michael Appenzeller. (Bild: zvg)

Zwischen Lebensqualität und Langlebigkeit

So durchgetaktet ihr Alltag klingt, so entspannt wirken sie. Kein Zwang, kein Verzicht – eher ein pragmatischer Umgang mit Wissen, das sie über Jahre gesammelt haben. «Longevity ist eine Verhaltensmedizin, eine Lebenseinstellung», sagt Bänninger.

Geraucht wird nicht, Alkohol gibt's selten. Bänninger gönnt sich «ab und zu ein Glas Rosé». Appenzeller trinkt am Wochenende gerne ein Glas Rotwein, «vielleicht auch mal ein zweites.»

Wie aber finden sie die Balance zwischen Langlebigkeit und Lebensfreude? «Der Wechsel muss im Kopf stattfinden», sagt Bänninger. «Wenn alles ein Müssen ist, eine Liste von Verboten und Zwängen, dann funktioniert es nicht. Es braucht einen mentalen Switch – vom Müssen zum Wollen.» Es müsse sich natürlich anfühlen, zum eigenen werden – so wie Zähneputzen.

Lebensqualität heisst für das Paar nicht Schokolade zum Frühstück – sondern gemeinsame Zeit in der Natur, bewusstes Leben, inneres Gleichgewicht. Ihr Hund fordert sie mehrmals täglich zum Rausgehen auf – Wald, frische Luft, Bewegung. Das Gegenteil – zu viel oder «falsches» Essen, keine Bewegung, zu wenig Schlaf – würde sich prompt rächen.

Dogmatisch streng wollen sie nicht sein. «Wir sind keine Apostel», sagt Bänninger und lacht. Natürlich gebe es Ausnahmen. «Die Frage ist: Macht es wirklich mehr Spass nachhaltig, jetzt einen Schokoriegel zu essen? Das eine hat einen Effekt auf meine Gesundheit, das andere nicht. Und wir merken: Wenn wir bewusst leben, geht es uns einfach besser.»

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Valentina Bänninger und Michael Appenzeller
  • Website von 121.000 und sweet skin
0 Kommentare
Aktuelle Artikel
Apple Store IconGoogle Play Store Icon