Mehr Unterstützung vom Kanton gefordert

Flüchtlinge in Menzingen: Freiwillige stossen an Grenzen

Die Freiwilligenarbeit in Menzingen stösst an ihre Grenzen. Andreas Hostettler, Zuger Direktor des Innern, hat aber selber alle Hände voll zu tun. (Bild: Andreas Busslinger)

Täglich erreichen neue Flüchtlinge aus der Ukraine die Schweiz. Manche davon kommen in Menzingen im Kanton Zug unter. So viele, dass die lokale Freiwilligenarbeit an ihre Grenzen stösst. Darum fordert sie mehr Unterstützung von den Behörden.

Menzigen ist eine beschauliche Zuger Berggemeinde. Fernab vom Wirtschafts-Trubel am Ufer des Zugersees geht es in Menzingen vergleichsweise ruhig zu und her. Könnte man meinen. Denn seit einigen Tagen steht das Dorf quasi Kopf.

Im März verkündete der Kanton, dass rund 120 Flüchtlinge aus der Ukraine im Luegete-Pavillon des gleichnamigen Alterszentrums in Menzingen unterkommen (zentralplus berichtete). Zwei Wochen später doppelte der Kanton nach. Auch das Kloster Menzingen wird ab Mitte April zur temporären Bleibe für ukrainische Flüchtlinge. Rund 200 Personen sollen hier unterkommen (zentralplus berichtete).

Zusammen macht das 320 Flüchtlinge, die innerhalb eines Monats neu in Menzingen ankommen. Oder anders formuliert: Die Bevölkerung Menzingens wächst damit um mehr als 7 Prozent. Das bringt Herausforderungen mit sich.

IG mitänand sammelt Möbel und macht Ausflüge

Beispielsweise für die lokale Freiwilligenarbeit. Wie überall in der Schweiz ist auch in Menzingen die Solidarität mit den geflüchteten Personen aus der Ukraine gross. So setzen sich bei der IG mitänand Freiwillige für die ukrainischen Flüchtlinge ein.

Die Freiwilligenarbeit umfasst eine Vielzahl verschiedener Aktivitäten. So sammelt und sortiert die IG zum Beispiel Möbel, elektronische Geräte oder Hygieneartikel für die Flüchtlings-Unterkunft im Luegete-Pavillon. Auch sucht die Gruppe nach Möbeln für Menschen, die Flüchtlinge privat bei sich zuhause unterbringen.

Auf zahlreichen Listen können sich ukrainische Flüchtlinge im Luegete-Zentrum in Menzingen für Angebote von Freiwilligen eintragen. (Bild: Marianne Aepli)

Weiter organisiert die IG einen monatlichen, begleiteten Ausflug oder organisiert Spiel- und Bastelnachmittage für die Kinder. Auch begleiten Mitglieder Flüchtlinge zum Swisscom-Shop oder zeigen ihnen einen Spielplatz in der Gemeinde.

Ruf nach Koordination durch Behörden

Doch durch die wachsende Zahl der Flüchtlinge stösst die Gruppe zunehmend an ihre Grenzen. Zumal auch organisatorische Angelegenheiten die IG in Beschlag nehmen. Dies erzählt Marianne Aepli von der IG mitänand auf Anfrage: «Aktuell werden Anfragen aus der zivilen Bevölkerung, die beim Sozialamt landen, auch an mich weitergeleitet.» Aepli sei dann für die Koordination und Umsetzung zuständig, doch: «Dies ist nicht in unserer Absicht, weil es unsere Kapazitäten an Engagement übersteigt.»

«Was es sofort braucht, ist eine effektive Koordination der Freiwilligenarbeit.»

Marianne Aepli, IG mitänand

Sie erhofft sich darum mehr Unterstützung vom Kanton und der Gemeinde. Vor allem wünscht sie sich, dass die Solidaritätswelle, die derzeit auch über den Kanton Zug rollt, besser koordiniert wird. Derzeit arbeiten die verschiedenen Hilfsgruppen unkoordiniert und ohne sich gegenseitig abzusprechen. «Alle machen alles», nennt dies Aepli. Das mache die Arbeit der Gruppen ineffizient, es komme zu Leerläufen.

«Was es zusätzlich sofort braucht, ist eine effektive Koordination der Freiwilligenarbeit. Das sollen Behörden nicht auslagern, sondern in ihre Verantwortlichkeit miteinbeziehen, auch wenn es ungewohnt ist», sagt Aepli weiter. Konkret fordert sie beispielsweise, dass Gemeinden und Kanton zusätzliche Stellenprozente schaffen, um die Jugendarbeit oder die Beratung bei der Arbeitsvermittlung auszubauen. Die Mittel dazu seien vorhanden: «An den Finanzen kann es nicht liegen. Die Gemeinde Menzingen wie der Kanton weisen in ihren Jahresabschlüssen ansehnliche Überschüsse aus», stellt Aepli klar.

Auch Kanton ist am Limit

Mit dieser Forderung steht Marianne Aepli nicht allein da. Auch andere Zuger Hilfsgruppen haben sich in den vergangenen Tagen über die zunehmende Belastung sowie die mangelnde Unterstützung des Kantons beschwert.

Von der «Zuger Zeitung» darauf angesprochen, erwidert der Zuger Direktor des Innern, Andreas Hostettler, dass der Kanton die verschiedenen Angebote derzeit auf seiner Website bündle. Doch seiner Antwort ist auch zu entnehmen, dass der Kanton mit der Organisation von Schlafplätzen bereits alle Hände voll zu tun hat. «Unser Auftrag lautet, Geflüchteten mit Status S, die uns vom Bund zugeteilt werden, einen Schlafplatz zu bieten. Das fordert uns wegen der Geschwindigkeit, in der das passieren muss, schon sehr», sagt er gegenüber der Zeitung.

Der Kanton sei darum dankbar für das Engagement der Freiwilligen. Dieses sei in der aktuellen Situation sehr wichtig. Oder in anderen Worten: Die Freiwilligengruppen sind mehr oder weniger auf sich allein gestellt. Für Marianne Aepli von der IG mitänand eine ungenügende Antwort. Sie sagt: Damit den Freiwilligen bei der «Basisarbeit nicht die Luft ausgeht», müsse die öffentliche Hand aktiver werden.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Iten
    Iten, 03.04.2022, 23:44 Uhr

    Der Kanton ist am Limit.
    Und solche Politiker sollten wir im Oktober wieder wählen?

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