Letzte Projekte erledigen, Geschenke kaufen, von Apéro zu Essen rennen: Die Weihnachtszeit ist für viele auch mit Stress verbunden. (Bild: Adobe Stock)
Der Dezember ist für Luzerner und Zugerinnen mit viel Stress verbunden. Experten erklären, was bei Zentralschweizern konkret Stress verursacht – und sie geben Tipps, was sich dagegen tun lässt.
Advent: die Zeit, in der an jedem Haus und jedem Geländer Lichter flackern, Social Media vor «Glühwein und Lichter, die sich im Wasser spiegeln»-Bildern überquillt und hemmungslos selbstgebackene Guetzli verputzt werden. Die Adventszeit ist aber nicht für alle Friede, Freude, Lebkuchen.
Adventszeit bedeutet auch einen prallgefüllten Terminkalender, von Apéros zu Weihnachtsessen rennen, die offenen Projekte möglichst alle abschliessen, für fünf Prüfungen aufs Mal lernen, während bei der Seminararbeit gleichzeitig noch 3000 Zeichen fehlen. Und bei all dem noch kreativ genug bleiben, damit Tante Margrith nicht nur einen Gutschein oder eine weitere Kerze zu Weihnachten kriegt.
was die Luzerner und Zugerinnen in der Adventszeit besonders stresst
welche Tipps Experten für den Umgang mit Stress geben
Stress kann auch positiv sein
Gegen Anfang Dezember nehme der Stress stark zu, bestätigt auf Anfrage der Geschäftsführer der Dargebotenen Hand Zentralschweiz, Klaus Rütschi. Wobei Stress nicht gleich Stress ist: Psychologinnen unterscheiden zwischen Eustress und Distress. Eustress steht für «positiven» Stress, wenn du beispielsweise mit herausfordernden, aber bewältigbaren Situationen konfrontiert wirst. Beispielsweise ein Bewerbungsgespräch für eine tolle Stelle oder ein sportliches Turnier. Eustress könne die Leistung steigern, den Fokus erhöhen und gar unser Wohlbefinden fördern, so Rütschi.
Was gemeinhin als Stress verstanden wird, ist vor allem Distress, der «negative» Stress. Dieser Stress entsteht, wenn du mit Situationen konfrontiert wirst, die du als zu gross oder zu belastend empfindest. Dabei fühlst du dich überfordert, ängstlich oder gar in Gefahr. Etwa, wenn du bei der Arbeit zu viel zu tun hast oder dich mit deiner besten Freundin stark zerstritten hast. Der kann auch zu gesundheitlichen Problemen führen, etwa Schlafstörungen, Angstzustände, Depressionen oder Magenprobleme, zählt der Experte auf. Und das ist der Stress, mit dem Psychologen in ihrer Arbeit hauptsächlich konfrontiert werden.
Büffeln zwischen Fondue Chinoise und Après-Ski
Und gerade im Dezember ist Stress weit verbreitet, so Klaus Rütschi. Etwa bei Familien mit Kindern: Dort werden Geschenke eingekauft, es wird viel gebastelt, Guetzli werden gebacken, die Schulen veranstalten Anlässe und vieles mehr. Eltern unternähmen viel, um den Erwartungen an eine schöne Vorweihnachtszeit und Weihnacht zu entsprechen, «auch, wenn man dann weniger Zeit für sich und seine Bedürfnisse hat».
Gerade Männer wählen die Nummer des Sorgentelefons im Dezember oft berufsbedingt. Projekte müssen bis Ende Jahr abgeschlossen werden, das Budget muss eingehalten werden und das Jahresergebnis am Ende erreicht werden. Auch wenn sie die erwartete Lohnerhöhung nicht erhielten, löse das Stress aus, so Rütschi. Zudem nähmen gegen Ende Jahr beruflich-gesellschaftliche Veranstaltungen wie Apéros oder Weihnachtsfeiern zu.
Bei jungen Zentralschweizern sind es oft Jahresendprüfungen, die für Stress sorgen. Eigentlich sollten sie über die Feiertage lernen, aber Familienfeste und Aktivitäten wie Skiausflüge erschweren dies. Auch sorge es für Stress, wenn sie sich endlich hinter das Lehrbuch klemmen konnten – aber sehen, wie Freunde oder Kolleginnen stattdessen feiern können.
Ältere Personen stressen hingegen die Schnelligkeit, die Digitalisierung und allgemein das Gefühl, «abgehängt» zu werden. Auch seien bei ihnen oft die Erwartungen der Kinder und Enkel an die Weihnachtszeit ein Thema. Fragen wie, wo und wer bei wem Weihnachten feiert, ob sie dabei seien oder ausgegrenzt werden, sorgten zusätzlich für Stress, so Rütschi.
Beim Weihnachtsessen flammen alte Konflikte auf
Ähnliche Beobachtungen machen Jochen Mutschler, Chefarzt Stationäre Dienste, und Martin Fluder, Leiter Pflege, der Luzerner Psychiatrie AG (Lups), wie sie auf Anfrage schreiben. Zu den meistgenannten Stressfaktoren gehörten in der Zentralschweiz etwa beruflicher Druck – wegen hoher Anforderungen, Zeitdruck, der zunehmenden Digitalisierung und langen Arbeitszeiten. Gemäss dem Bundesamt für Statistik erlebt jeder Fünfte aus der Zentralschweiz 2022 «immer oder meistens» Stress bei der Arbeit (zentralplus berichtete). Jeder Zweite, zumindest manchmal.
Auch sozialer Druck – also Themen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, soziale Isolation und hohe Wohnkosten – laste auf den Zentralschweizerinnen. Ebenfalls lösten Sorgen um die eigene Gesundheit oder die Finanzierung der Gesundheitskosten Stress aus. Auch die weltweiten Krisenherde stressen die Zentralschweizer, so die Lups-Experten.
Besonders in der Arbeitswelt seien November und Dezember sehr stressig. Projekte müssten schnell abgeschlossen werden, Mitarbeitergespräche vorbereitet und geführt werden, Weihnachtsfeiern zehrten an der Freizeit. Auch die Zeit vor und nach den Ferien sei stressig: Vorher müssen Stellvertreter organisiert werden, danach wartet eine Mailflut im Posteingang. Feiertage wie Weihnachten und Silvester sorgen ebenfalls für Stress: «Man sieht sich in der Verwandtschaft, Konflikte, denen man das ganze Jahr aus dem Wege gegangen ist, flammen wieder auf», erklären die Experten.
Das raten die Experten
Zentralplus hat die Experten auch gefragt, was sich gegen Stress tun lässt. Hier die Tipps von Chefarzt Michael Rufer von Triaplus, Klaus Rütschi sowie den Lups-Experten Martin Fluder und Jochen Mutschler:
Schreibt über alles, was Luzern und Zug aktuell beschäftigt. Im ländlichen Luzern aufgewachsen, hat sie beim «Entlebucher Anzeiger» ihre Begeisterung für Lokaljournalismus entdeckt. Nach einem Studium in Medienwissenschaften und Englisch ist sie seit September 2021 bei zentralplus. Nebenbei absolviert sie derzeit die Diplomausbildung Journalismus am MAZ.