Daniel Dodds spielt mit der Zuger Sinfonietta

Laune des Teufelsgeigers versetzt den Chamer Lorzensaal in Ekstase

Der Geiger Daniel Dodds inmitten der Zuger Sinfonietta.

(Bild: Paul Linsmayer)

Mozarts Violinkonzerte sorgten für ein ausverkauftes Haus. Doch Daniel Dodds, der als Solist und Konzertmeister am Samstag mit der Zuger Sinfonietta auftrat, hatte sich einen weiteren Höhepunkt ausgedacht. Sein Motto: «Ein bisschen Paganini ist nie verkehrt.»

Seit drei Wochen war das Abo-Konzert der Zuger Sinfonietta am vergangenen Samstag ausverkauft, weswegen sich die Veranstalter entschlossen, nach Parkett und Balkon auch die Estrade für Hörer freizugeben. Programm und Protagonisten hatten neben dem Stammpublikum auch zahlreiche jüngere Gäste in den Lorzensaal gelockt, darunter 30 Geigenschüler aus dem Kanton Zug. Sie sollten aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.

Umrahmt wurde das Konzert für Violine und Orchester in B-Dur (Köchelverzeichnis 207) und jenes in A-Dur (KV 219) von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) durch die Musik zweier britischer Komponisten aus dem 20. Jahrhundert.

Einstimmung auf den Frühling

Den Anfang machte die «Brook Green Suite» von Gustav Holst (1874 – 1934), der als Spätromantiker gilt und einen grossen Einfluss auf Hollywoods Filmmusik hatte. Seine leichte und elegante Suite stimmte wunderbar in den Abend ein. Nach den lyrischen Teilen verhiess der beschwingte «Danse» das baldige Eintreffen des Frühlings. Astronomisch steht sein Beginn ja tatsächlich nächste Woche fest.

Am Werk: Daniel Dodds und die Zuger Sinfonietta.

Am Werk: Daniel Dodds und die Zuger Sinfonietta.

(Bild: mam)

Dann ergänzten Bläser die Streicherformation und Konzertmeister Daniel Dodds, der Sinfonietta-Chefdirigent Daniel Huppert für einmal bei der Leitung des Klangkörpers ablöste, wechselte ans Solistenpult.

Stradivari macht Musik besonders

Mozart hat seine fünf Violinkonzerte als Mittzwanziger innerhalb von nur zwei Jahren geschrieben. Die Zuger Sinfonietta spielte sein letztes Konzert, begann aber zuvor mit dem ersten, in B-Dur. Das Stück entspricht dem damaligen Stand der Kompositionstechnik, welche Mozart einfallsreich und frisch umsetzte.

Das Spiel von Daniel Dodds machte das Konzert zum Genuss. «Es gieng wie Öhl – alles lobte den schönen, reinen Ton», hatte Mozart einst selber nach einer Aufführung seiner Violinkonzerte geschrieben. Und der autralische Geiger, der die Lucerne Festival Strings leitet, zeigte dem Publikum nun, was Mozart damit gemeint hatte. Dodds spielt eine Violine, welche der Geigenbauer Antonio Stradivari in seiner goldenen Periode erschaffen hat und die sein Spiel mit ihrem Klang zusätzlich adelt.

Bumsvoll: Lorzensaal in Cham.

Bumsvoll: Lorzensaal in Cham.

(Bild: mam)

Eines tolles Konzert

Nach der Pause folgte mit dem Konzert in A-Dur gewissermassen das Filetstück des Musikabends. In gut zwei Jahren hatte Mozart die etablierte Form des Konzerts zu einem Spektakel weiterentwickelt. Themen werden eingeführt und variiert, Spannungsbögen aufgebaut und Stimmungen verändert. Fröhlich folgt auf träumerisch, tänzerisch auf wild-bedrohlich. Eine Steilvorlage für den Solisten Daniel Dodds, der von einer gut harmonierenden und bemerkenswert abgeklärten Zuger Sinfonietta unterstützt wurde.

Schön anzusehen war, wie Cellist Jonas Iten in ruhigen Momenten mit geschlossenen Augen im Spiel seiner Mitmusiker schwelgte und wie ergriffen die jungen Geigenschüler im Plenum den Melodien folgten.

Höchste Ansprüche

Nach einem tosenden Applaus kam Dodds lässig auf die Bühne zurückgeschlendert, sagte: «Ein bisschen Paganini ist nie verkehrt» und griff dann zum Bogen, um das erste Capriccio des Teufelsgeigers zu spielen. Nun klappten den jungen Violinschülern endgültig die Kiefer runter. Ihre Augen weiteten sich staunend, denn die Musik von Niccolò Paganini (1782 – 1840) ist äusserst anspruchsvoll zu spielen und erfordert höchste Kunstfertigkeit.

Nachwuchshoffnungen dürften da vor allem an die jahrelange Plackerei denken, die ihnen bevorsteht, um ein solches Stück spielen können. Ironischerweise hat Paganini die Capricci – auf deutsch «Launen» – zu Schulungszwecken für junge Künstler komponiert.

Der Saal bebt

Dodds hatte damit natürlich nicht die geringsten Probleme. Er spielte das Juwel flink, gefühlvoll, mit viel Schmelz und brachte damit den Lorzensaal zum Kochen. Stehende Ovationen schlugen ihm entgegen. Viele Zuhörer stampften mit den Füssen und evozierten den Eindruck einer Horde Elefanten.

Geniessen den Applaus: Die Zuger Sinfonietta und der Geiger Daniel Dodds.

Geniessen den Applaus: Musiker der Zuger Sinfonietta und der Geiger Daniel Dodds.

(Bild: mam)

Dabei war der Konzertabend noch gar nicht an seinem Ende angelangt. Die Zuger Sinfonietta unter Dodds nahm sich nun der «Sonata for Strings» von William Walten (1902 – 1983) vor. Das Stück war vom früheren Enfant terrible der britischen Musik im Pensionsalter neu arrangiert worden, blieb im Vergleich mit dem zuvor Gespielten aber sperrig. Nach einem wunderbaren Hauptgang wurde nun dem Publikum gewissermassen ein schweres Dessert serviert.

Familiäre Atmosphäre

Dennoch: Wer offen für neue Klänge ist, konnte aus Waltons eigentümlichem musikalischen Austruck und dem präzisen und hingebungsvollen Spiel des Orchesters viel Freude ziehen – ebenso wie aus der Zugabe der Zuger Sinfonietta, mit der sie den anhaltenden Applaus des Publikums verdankte.

Fazit des Abends: Ein gutes Orchester und ein hervorragender Solist bringen einerseits wunderbare Tonschöpfungen zum Klingen, spielen andererseits Neues und zeigen, was die Violine als Instrument zu leisten vermag. Das Ganze findet in einer familiären Atmosphäre statt, kennen sich doch viele Musiker und Zuhörer und treffen in der Pause Bekannte und Kinder zu einem Schwatz, bevor es mit der Kunst weitergeht – sympathisch!

Wer wissen will, wie Musik von William Walton klingt:

 

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