Theater Bagasch im Pavillon Luzern

Laienbühne zeigt Mut und komödiantische Talente

Welche Szene das sein soll? Julia im Wald.

(Bild: jav)

«Romeo und Julia» als Clowneske – nur im ersten Moment hört sich diese Kombination seltsam an, welche die Luzerner Laienbühne um Dieter Ockenfels am Donnerstag auf die Bühne brachte. Denn Clowns können eigentlich jede Geschichte spielen. Nur können nicht alle Darsteller Clowns spielen.

Der Luzerner Theaterpavillon ist am Donnerstagabend bei der Premiere locker gefüllt. Viele im Publikum scheinen Darsteller zu kennen, Vorfreude und solidarische Aufregung liegen in der Luft. Aufgeführt wird der Shakespeare-Klassiker «Romeo und Julia» als Clowneske, inszeniert von Dieter Ockenfels und gespielt von einer zusammengewürfelten Truppe aus theater-, tanz- und gesangsaffinen Laien.

Die Geschichte ist bekannt: Wir sind in Verona. Romeo und Julia, die geliebten Zöglinge der Familien Montague und Capulet, verlieben sich auf einem Maskenball unsterblich ineinander. Nach einem romantischen Tête-à-tête an Julias Balkon heiraten die beiden heimlich mithilfe von Bruder Lorenzo. Doch die junge Ehe steht unter einem schlechten Stern. Romeo tötet Julias Cousin Tybalt nach dessen Mord an Romeos Freund Mercutio. Julia soll nun auch noch den Grafen Paris ehelichen und flüchtet sich deshalb mit Gift in den Scheintod. Ihr Romeo weiss davon nichts …

Und hier weicht die Clowneske von Dieter Ockenfels so richtig von Shakespeares Original ab. Denn Romeo (Beni Frischkopf) ist beim Theater Bagasch kein Kind von Traurigkeit, so viel sei verraten. Die Wendung, welche «Romeo und Julia» bei der Inszenierung im Theater Pavillion Luzern nimmt, ist deshalb auch keine tragische.

Doch nicht nur beim Ende, auch sonst weichen die Clowns bei ihrem Auftritt öfters vom Original ab. Das Stück im Stück, immer wieder geleitet, gestört und gerettet von der Conférencière, funktioniert im Clown-Setting erstaunlich gut. Die Inszenierung liess das Publikum oft vor Überraschung lauthals in Gelächter ausbrechen.

Herausragende Clowns

Einige wenige Darsteller liessen ihre Kollegen an diesem Abend ganz schön im Schatten stehen. So würde ich mir sofort ein Stück nur mit den drei Darstellerinnen Rosmarie Strahlberger (Bruder Lorenzo), Rea Keller (Conférencière) und Edith Gsteiger (Amme) anschauen. Gerade, wenn sich Bruder Lorenzo in Gardi-Hutter-Optik mit italienischen Versen, Peitschen, Metallketten oder wahlweise auch mit Morgensternen geisselte, konnte sich das Publikum kaum halten.

Aufführungen

Die neuste Produktion vom Theater Bagasch wird noch acht Mal aufgeführt. Die Dernière findet am 4. November statt.

Doch auch Mercutio (Aline Peter) und Julia (Simona Baumgartner) mit dem heissen Höschen überzeugten als Clowns auf ganzer Linie.

Viele Ideen der Regie machten das Stück zu einer kurzweiligen Unterhaltung: die Slow-Motion-Kampfszenen, die vielfältigen Tanzeinlagen, leidenschaftslose, staubtrockene Liebesszenen und das italienische Nummerngirl, welches übermotiviert die Akte ankündigt.

An Kreativität mangelt es der Inszenierung nicht und in einer Clownesken darf man auch aus dem Vollen schöpfen. Auch ein kleiner Seitenhieb an den Kanton und seine Sparmassnahmen fand Platz.

Auch an sexy Tanzeinlagen lassen es die Clowns nicht mangeln.

Auch an sexy Tanzeinlagen lassen es die Clowns nicht mangeln.

(Bild: jav)

Clowneskes Gefälle in der Truppe

Das zurückhaltende Bühnenbild von Fabio Bernasconi – eine rote Teppich-Manege – und die farbenfrohen Kostüme von Rea Keller und Fabienne Estermann unterstützten Spieler und Inszenierung perfekt. Musikalisch hat Patrik Bachmann an der Geige mit dem «kleinen grünen Kaktus», «Somewhere», «Mr. Postman» oder «I’m just a Gigolo» an diesem Abend einige Zuschauer zum Mitsingen gebracht. Das Ensemble zeigte sein musikalisches, vielfältiges Können durch mehrstimmige Gesangs- und heisse Tanzeinlagen.

Gleichzeitig offenbarten die «Massenszenen» jedoch auch das grosse spielerische Gefälle innerhalb der Truppe. Während die einen durchs Band mit mimischer Akrobatik beeindruckten, fielen andere Mitspieler leider öfters aus der Rolle oder sie hatten ihren inneren Clown einfach noch nicht gefunden. Die Wirkung der grossen Bilder wurde dadurch etwas getrübt und auch sprachlich überzeugten nur wenige Darsteller im gewählten «Bühnendeutsch».

Fazit

Schlussendlich war «Romeo und Julia» als Clowneske ein unterhaltsamer Abend mit witzigen Ideen, vielen Überraschungen und Laiendarstellern, die mit grosser Leidenschaft ihr Bestes gaben. Was am nächsten Morgen von der Aufführung hängengeblieben ist? Der Ohrwurm «Mr. Postman» und die Überzeugung, dass es mehr Klassiker als Clownesken zu sehen geben sollte.

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