Die Aussensicht von Marco Castellaneta

Woran die Standort-Suche für das Luzerner Museum krankt

«Beachtet man nur Erreichbarkeit und Platz, könnte man das Museum auch in der Mall of Switzerland unterbringen», sagt Marco Castellaneta, Direktor des Museums Aargau. (Bild: bic/ber)

Wo das neue Luzerner Museum hingehört, ist stark umstritten. Weil zu sehr über Verpackung statt Inhalt gesprochen wird, findet Marco Castellaneta. Als Direktor des Museums Aargau weiss der Luzerner, was ein erfolgreiches Kulturhaus braucht.

Wo ist der ideale Platz für ein Museum? Darüber sinniert der Kanton Luzern seit Langem. Er will bekanntlich das historische und das Naturmuseum fusionieren und im Zeughaus ob der Altstadt unterbringen. Doch weil sich dagegen Widerstand regte, wird die Standortfrage nochmals von vorne aufgerollt (zentralplus berichtete).

Wo ist der ideale Platz für ein Museum? Laut Marco Castellaneta ist dies nicht die zentrale Ausgangsfrage. Für den Museumsexperten ist vielmehr entscheidend: «Wofür will Luzern ein Museum und was soll es ausstrahlen? Erst wenn der Inhalt geklärt ist, kann man über die Verpackung reden.» 

Der Luzerner weiss, wovon er spricht. Seit 2016 ist er Direktor des Museums Aargau mit insgesamt zehn Museumsstandorten und 256’000 Besuchern im letzten Jahr. Zudem präsidiert er den Verband «Die Schweizer Schlösser» mit 28 kulturhistorischen Museen im Land.

Das Museum stiftet Identität für Luzern

Die Diskussion um die Zukunft der Luzerner Museen verfolgt er mit Interesse. Die vorgesehene Fusion mit Fokus auf gesellschaftlich relevante Aspekte und dezentrale Stationen begrüsst Marco Castellaneta. Was er vermisst, ist allerdings – ähnlich wie beim Luzerner Theater – eine breite Diskussion über Auftrag und Funktion des Hauses.

«Nimmt man nur Erreichbarkeit und genügend Platz als Kriterium zur Hand, könnte man das Museum auch in der Mall of Switzerland unterbringen.»

«Erreichbarkeit und genügend Platz sind wichtige Kriterien. Aber nimmt man nur diese zur Hand, könnte man das Museum auch in der Mall of Switzerland unterbringen», sagt Castellaneta. Er plädiert dafür, den Standort auch als Ausdruck des Selbstverständnisses zu verstehen. «Das Luzerner Museum ist eine identitätsstiftende Institution, die den Menschen hier die Tür zu ihrer Geschichte öffnet und diese mit der Gegenwart verbindet. Der Standort muss dies ausstrahlen.» 

Das Zeughaus ist der Favorit der Luzerner Regierung.

Das Zeughaus hält er nicht per sei für einen schlechten Standort – sofern ein Lift den ebenerdigen Zugang gewährleiste. Dennoch ist auch Castellaneta, seit letztem Sommer Präsident des Altstadt-Quartiervereins, nicht gerade euphorisch über den Standort. «Auf mich wirkt es, als würde man explizit ein Haus mit historischer Ausstrahlung suchen, weil das vermeintlich zu einem kulturhistorischen Museum passt.» 

Wieso eine Museumsmeile am Lido nicht mit Wien vergleichbar ist

Zur Diskussion steht nebst dem Zeughaus auch das Verkehrshaus. Die FDP hat die Vision einer Museumsmeile am See letzten Sommer ins Gespräch gebracht (zentralplus berichtete).

Ein «Cluster» mit verschiedenen Museen kennt man aus anderen Städten, beispielsweise die Museumsinsel in Berlin oder das Museumsquartier in Wien. Auch in Bern haben sich elf Kulturinstitutionen letztes Jahr zu einem Verein zusammengeschlossen. Wieso also nicht ein kulturelles Zentrum beim Lido in Luzern?

Das Verkehrshaus kursiert als möglicher Standort für das Luzerner Museum. (Bild: Pius Koller)

Für Marco Castellaneta hinkt dieser Vergleich. Denn in Berlin, Wien oder Bern würden alle Museen vom Ensemble und dem gemeinsamen Standort profitieren. «In Luzern besteht hingegen die Gefahr, dass das neue Museum vom erfolgreichen und übermässig grossen Verkehrshaus in den Schatten gestellt wird», sagt der Experte. Gerade mit Blick auf seine identitätsstiftende Funktion hält er es für zentral, dass das Luzerner Museum nicht neben einem national ausgerichteten Museums quasi verschwindet.

Auf diesen Punkt machte auch die Luzerner Regierung kürzlich aufmerksam. Beim Verkehrshaus würden dem Luzerner Museum Präsenz und eine eigene Identität fehlen. «Es ist zu befürchten, dass das Luzerner Museum neben dem dominanten Verkehrshaus marginalisiert und seine eigenständige Ausstrahlung als kultureller Anziehungspunkt vor allem für die einheimische Bevölkerung einbüssen würde», betont die Regierung. Sie ist aber bereit, das Verkehrshaus als Variante in der geplanten Auslegeordnung zu prüfen, sofern der Kantonsrat dies will (zentralplus berichtete).

Wer zügelt schon gerne, wenn er nicht muss?

Derzeit ist also offener denn je, ob am Kasernenplatz tatsächlich das Kantonsgericht als Nachfolger der beiden Museen einzieht. Denn ein klarer Favorit für das neue Zuhause des Museums scheint die Luzerner Politik bis dahin noch nicht gefunden zu haben.

Marco Castellaneta hütet sich davor, der Luzerner Regierung Ratschläge zu erteilen. Persönlich vertritt er indes eine pragmatische Meinung: «Wenn es zum aktuellen Standort keine bessere Alternative gibt, sollte das Museum am Kasernenplatz bleiben.» 

Dass der Kanton nun den Fächer nochmals öffnet und neue Standorte prüft, begrüsst Marco Castellaneta. Denn manchmal brauche es einen Schritt zurück, um vorwärts zu kommen. «Oft dominiert am Anfang eine vermeintlich logische erste Idee die Debatte. Wenn man sich davon löst, gibt es aber plötzlich Platz für neue und vielleicht unkonventionelle Ideen.» 

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 20.03.2022, 09:09 Uhr

    Das alte Theater wäre doch ein schönes Haus für das Museum,das Theater neu bei der Zhb,das Vögeligärtli wäre doch ein schöner Vorplatz und gut mit ÖV und PW zu erreichen.und die ZHB bei der UNI unterbringen

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