Ungewöhnliche Aktion bei Surseer Discounter

Wo es in Luzern Besucher-Urin zu kaufen gibt

Worauf man nicht alles in einem Discounter trifft. Oder was Kunst alles sein kann.

(Bild: ida)

Besucher-Urin, Schnee von gestern oder eine verpackte Verpackung: Mit seinen Produkten in der Otto’s-Filiale Sursee hat sich Künstler Wetz vor einem Jahr einen Traum verwirklicht. Weshalb trotzdem bald Schluss damit ist.

Wer in den Otto’s in Sursee läuft, der staunt nicht schlecht. Inmitten des Discounters gibt’s zwischen vollgestopften Regalen Besucher-Urin, Schnee von gestern, eine verpackte Verpackung – natürlich «schön verpackt» und ein «Wetz-Parkett» zu kaufen. Spätestens zuletzt genanntes Produkt verrät, wer bei dieser «Spezial-Edition» seine Finger im Spiel hat. Es ist der Luzerner Künstler Werner Zihlmann, besser bekannt unter dem Namen Wetz.

«Viele Leute denken, der Otto’s verkauft jeden Seich – das tun wir jetzt tatsächlich für sie», so Wetz dazu. So zum Beispiel den Besucher-Urin. Es sind Einmachgläser mit dem Urin von Menschen, die das KKLB (Kunst und Kultur im Landessender Beromünster) besuchten. Bei den zuvor genannten Produkten handelt es sich allesamt um Kunstwerke, die es zu kaufen gibt. Für 2.15 Franken gibt’s einen Stein von Wetz, der als «Liebesdienst» deklariert ist. Es ist ein Stein, um ihn «jemandem in den Garten zu werfen».

Kunst für den Otto Normalverbraucher

In einem sechs mal sechs Meter grossen Holzkubus hat sich Wetz mit seinem Kunsthaus Sursee im Otto’s eingenistet. Bereits vor 16 Jahren sei er gefragt worden, wo er denn am liebsten Kunst präsentieren würde. «Am liebsten mitten im Otto’s», habe er damals geantwortet. «Kunst hat leider immer noch etwas Elitäres an sich», sagt Wetz nun.

«Otto’s ist multikulti – und fast ein wenig wie New York.»

Künstler Wetz

Viele Leute denken, dass es Kunst nur in abgeschlossenen Kunsthäusern gebe. Und Kunst nicht draussen, in Spitälern, im Bus oder in einem Hotel anzutreffen sei. Oder wie für Silas Kreienbühl, der gemeinsam mit Wetz das KKLB (Kunst und Kultur im Landessender Beromünster) aufgezogen hat, beim Spazieren (zentralplus berichtete).

«Kunst muss ins Leben hinaus», sagt Wetz. Sie soll für alle zugänglich sein. Und gerade ein Discounter ist in seinen Augen der ideale Ort, um Kunstwerke einem bunt durchmischten Publikum zeigen zu können. «In einem Otto’s findet sich nicht nur der Otto Normalverbraucher wieder», so der Luzerner. «Otto’s ist multikulti – und fast ein wenig wie New York.» Zudem sei es nicht schick, eher ein wenig chaotisch.

Wetz mit leicht verletztem Schaf Lana.

Wetz mit leicht verletztem Schaf Lana.

(Bild: silas kreienbuehl)

Beim Juristen angeklopft

Aber: Urin in einem Laden zu verkaufen, in dem auf den Regalen Lebensmittel dominieren. Geht denn das? «Es waren juristische Abklärungen nötig», räumt Wetz ein. «Um den Urin verkaufen zu dürfen, waren folgende Deklarationen notwendig: ‹Äusserlich› und ‹Nicht einnehmen›.» Auf den Deckeln der Einmachgläser stehen diese Worte nun auf Etiketten gedruckt – gut leserlich und mit Ausrufezeichen versehen, um die Wichtigkeit der Aussagen zu unterstreichen.

«Um den Urin verkaufen zu dürfen waren folgende Deklarationen notwendig: ‹Äusserlich› und ‹Nicht einnehmen›.»

Künstler Wetz

Wie kam es überhaupt zu dieser kuriosen Idee? Wetz erklärt, dass sich die beiden Künstler Adrian Rast und Valentin Beck während Monaten auf die Suche nach Nahrungsmitteln in Containern von Supermärkten und inmitten der Natur gemacht haben. Das gesammelte Essen konservierten sie in mehr als 3’000 Einmachgläsern.

Präsentiert wurden diese im KKLB. Die KKLB-Besucher konnten ein Einmachglas mit nach Hause nehmen. «Als Gegenleistungen liessen sie ein Glas mit ihrem Urin zurück – oder aber ein wenig Geld», erklärt Wetz. Und einige dieser Besucher-Urine gibt es nun im Otto’s zu bestaunen. Und sogar zu kaufen.

KKLB-Besucher durften ein Glas mit Eingemachtem nach Hause nehmen – im Gegensatz dazu liessen sie ein Glas mit ihrem Urin zurück.

KKLB-Besucher durften ein Glas mit Eingemachtem nach Hause nehmen – im Gegensatz dazu liessen sie ein Glas mit ihrem Urin zurück.

(Bild: ida)

Das mobile Kunsthaus zieht weiter

Obwohl sich Künstler Wetz mit dem Kunsthaus im Discounter vor einem Jahr einen Traum verwirklicht hat, ist damit bald Schluss. Bis Ende Mai sind die Kunstwerke noch ausgestellt. «Das Kunsthaus im Otto’s hat seine Sache erledigt», so Wetz.

«Es geht aber weiter für uns.» Das Surseer Kunsthaus weise einen mobilen Charakter auf. So könne es irgendwo auftauchen. An einem Ort, an dem man es nicht erwarten würde.

War der Discounter nicht ausgefallen genug? «Es geht noch extremer», meint Wetz verschmitzt. «Das Kunsthaus Sursee ist unberechenbar.» Beim jetzigen Standort im Otto’s können erwachsene Besucher einen Eintrittspreis von einem Franken zurücklassen, Kinder 20 Rappen. «Nun kann das Kunsthaus unter Umständen unglaublich elitär werden», so Wetz. «Vielleicht kostet es das nächste Mal 1’000 Franken Eintritt.»

Weitere Einblicke in das Kunsthaus Sursee erhalten Sie in der Bildergalerie:

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