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Was darf ein Tourismusplakat? Wie abstrakt, wie übertrieben kann es sein? Im Luzerner Verkehrshaus startet bald eine Ausstellung, die sich genau damit beschäftigt. Einige Plakate gibts schon jetzt bei uns zu sehen. Die Organisatoren kritisieren mit ihrer Arbeit aber auch die aktuelle Tourismuswerbung.
Eine gemalte Frau, im farbenfrohen Sommerkleid, sitzt mit wehendem Haar auf einem Holzsteg. Im Hintergrund geht die rote Sonne hinter dem Pilatus unter. Die Füsse der Frau hängen im Wasser, ein Dampfschiff fährt vorbei. Die Farben sind satt, das Wasser kunstvoll gemalt und darin steht «Ferien am Vierwaldstättersee». So könnte ein Tourismusplakat aus den 50er Jahren aussehen.
Tourismusplakate waren immer schon mehr als Werbung. Sie waren gerade im letzten Jahrhundert immer auch Kunst und sprachen Emotionen an.
Zum diesjährigen Tourimus-Jubiläum in der Zentralschweiz erwacht diese Art der grafischen Darstellung wieder zum Leben. Plakatkünstler aus der ganzen Schweiz haben zusammengespannt und neue Plakate für den Tourismus gestaltet. Ein eigenes Genre, wenn man so will.
Zusammen mit der Hochschule Luzern – Design & Kunst und dem Verkehrshaus der Schweiz präsentiert der Verein Weltformat die Plakatausstellung in der Halle Schienenverkehr des Museums.
Eine Grosse Tradition der Tourismusplakate
Die enstandenen Plakate entsprechen so gar nicht den gängigen Beispielen, die man derzeit sieht. Und das sei auch wichtig, finden die Organisatoren. Denn die Begeisterung der beteiligten Grafiker für die aktuelle «Plakatkunst» im Tourismus hält sich in Grenzen. Vor allem in Bezug auf die Geschichte dieses Genres.
Der Luzerner Grafiker und Mitorganisator Erich Brechbühl erklärt: «Historische Tourismusplakate sind noch heute von enormer Wichtigkeit. Denn mit diesen Tourismusplakaten hat in der Schweiz die Grafik erst richtig begonnen.»
Die Schweizer Plakatgeschichte habe mit dem Anpreisen des eigenen Landes angefangen. Über Jahrzehnte hinweg hat das Plakat die Schweiz auf massgebende Weise nach aussen repräsentiert und bis heute nichts von seiner Ausstrahlung verloren.
Nicht abbilden sondern übertreiben
Doch statt auf stilvoll gestaltete Plakate wie in den vergangenen Jahrzehnten würde heute vielmehr auf Fotoplakate gesetzt. Es finde auch oft nur noch ein Abbilden der Fakten und Zahlen statt. «Ein Factsheet mit einer Auflistung der Angebote sozusagen. Und einer Abbildung in Form eines Fotos, das nicht wirklich Spielräume für die Fantasie zulässt», so Brechbühl.
Die Ausstellung will nun jedoch wieder auf den gestalterischen Freiraum setzen. «Eine Atmosphäre schaffen, übertreiben, überraschen und emotional berühren. Ein Tourismusplakat soll die Leute verführen», schwärmt Brechbühl.
«Einen Ort für Ferien auszusuchen ist keine Kopfsache. Es geht um eine Atmosphäre.»
Erich Brechbühl, Grafiker
Das sei bei Plakaten üblicherweise nur in der Kunst und der Kultur der Fall. Im kommerziellen Bereich komme das Gestalterische heute oft zu kurz. Und Tourimusplakate seien in den letzten Jahren ebenfalls auf diese Schiene gerutscht. «Doch einen Ort für Ferien auszusuchen ist keine Kopfsache. Es geht um eine Atmosphäre, ein Traumbild, das man sucht.» Und Grafik solle übertreiben dürfen.
(Bild: zvg)
Neue Formen in Anlehnung an die historischen
Die Plakatausstellung, die im Verkehrshaus lanciert wird, zeigt insgesamt 36 Plakate. Gestalterisch repräsentieren sie den Zeitgeist, ohne den Bezug zur Tradition der Schweizer Tourismusplakate zu verlieren. «Ich war zuerst etwas besorgt, dass sich die Plakate zu sehr anbiedern würden, da gerade bei Grafikern ein grosser Respekt vor der alten Tradition der Tourismusplakate besteht.» Doch seine Sorge sei unbegründet gewesen. «Wir haben eine tolle Mischung. Angelehnt an die alten Plakate, aber in ganz eigenen und neuen Formen.»
Die Mischung zeigt sich auch bei den Grafikern. 24 der Tourismusplakate für Zentralschweizer Destinationen wurden von renommierten Schweizer Grafikern gestaltet. Darunter sind bekannte Namen wie Trix Barmettler, Erich Brechbühl selbst, Megi Zumstein & Claudio Barandun, Anna Haas, Melchior Imboden, Märt Infanger, «Peng Peng» (Martin Geel und Klaus Fromherz), Niklaus Troxler und viele mehr.
Vorteile für alle Parteien
12 der neuen Tourismusplakate wurden zur Rigi gemacht, der Wiege des Tourismus in der Zentralschweiz. Diese wurden von Studierenden der Hochschule Luzern – Design und Kunst, gestaltet. Mit diesen Plakaten begann auch die Idee für die Ausstellung. «Die Hochschule hatte die Idee im Rahmen des Gästivals. Gleichzeitig waren wir im Verein Weltformat daran, für diesen Herbst eine Ausstellung zu historischen Tourismusplakaten zu organisieren.» Als man gegenseitig davon erfahren habe, sei gleich klar gewesen, dass man die Idee der Hochschule auf professionelle Grafiker ausdehnen würde. «Es passt in diesem Jahr einfach perfekt», so Brechbühl.
Und auch das Verkehrshaus sei sofort mit von der Partie gewesen. «Sie wollten schon lange eine Plakatausstellung, denn das Thema Tourismus ist im Verkehrshaus natürlich nicht nur dieses Jahr sehr präsent. Aber dieses Jahr besonders.»
Und nicht nur für das Verkehrshaus, auch für die Austeller birgt diese Zusammenarbeit einen grossen Vorteil. «Das Verkehrshaus hat im Sommer täglich Tausende von Besuchern. Wenn nur ein Bruchteil davon unsere Ausstellung besucht, haben wir bestimmt mehr Aufmerksamkeit, als wenn wir irgendwo ausstellen würden, wo die Leute nicht sowieso in Strömen hinkommen.»
Die Ausstellung findet vom 3. Juli bis zum 20. September 2015 statt.
(Bild: zvg )
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