Tipps für Fasnachts-Raver

Warum Techno und Guuggenmusig so gut zusammenpassen

Vera Amberg ist eine der wenigen weiblichen DJs, die an den Techno-Parties rund um die Luzerner Fasnacht auflegen. (Bild: zvg)

Techno macht den Guuggenmusigen die musikalische Monopolstellung streitig. zentralplus hat sich auf die Spuren des Luzerner Fasnachts-Technos gemacht – und dafür mit DJ und Produzentin Vera Amberg über die Line-ups ihrer Lieblings-Rave-Spots gesprochen.

Die Guuggenmusigen bilden das musikalische Rückgrat der Luzerner Fasnacht. Während Perkussionistinnen das rhythmische Fundament legen, spielen Blechbläser Ohrwurm-Melodien für das mal schunkelnde, mal ekstatisch tanzende Publikum. Doch wer dieser Tage durch die Stadt flaniert, läuft immer wieder auch an Boxen vorbei, aus denen elektronische Klänge mit pulsierenden, basslastigen Beats wabern. Techno ist längst fester Bestandteil der Fasnacht geworden.

«Auch DJs haben eine gewisse Verantwortung.»

Vera Amberg, DJ und Produzentin elektronischer Musik

«Das ist durchaus sinnvoll», findet Vera Amberg. Sie ist als DJ und Produzentin in diversen elektronischen Musik-Projekten aktiv. Der Techno basiere auf repetitiven, perkussiven Elementen, sagt Amberg. «Genau wie die Guuggenmusig.» Von der Aussage «der Techno gehört zur Luzerner Fasnacht» würde sie absehen. «Aber er erfreut sich grosser Beliebtheit, so viel ist sicher.»

Sexistische Texte befördern Sexismus

Vera Amberg geht gerne feiern. Ob an der Fasnacht oder in den Clubs der Stadt, ob zu Guuggenmusig oder zu Techno – Hauptsache gute Leute sorgen für gute Stimmung. Doch als Frau erlebe sie immer wieder grenzüberschreitendes Verhalten von Männern. «Ich habe das Gefühl, dass die Respektzone bei Frauen immer noch kleiner ist.» Darauf weist auch die Politik hin: All zu oft normalisiere die Gesellschaft sexuelle Belästigung an der Fasnacht (zentralplus berichtete).

Problematisch sei, so Amberg, dass gewisse Songs, die an der Fasnacht gespielt werden, übergriffiges Verhalten geradezu verherrlichten. «Auch DJs haben eine gewisse Verantwortung», findet die 30-Jährige und weist auf den umstrittenen Sommerhit «Layla» hin. «Den würde ich nie auflegen», stellt sie klar.

Tanzen im Safe-Space

Am Schmutzigen Donnerstag ist Vera Amberg als DJ im Einsatz. Mit einem befreundeten DJ legt sie unter dem Namen «Pony x Kleid» in der Blok Bar auf. Das Lokal im Löwengraben hat an den rüüdigen Tagen auf Awareness sensibilisiertes Sicherheitspersonal vor Ort, möchte seinen Gästinnen einen Safe-Space zum Feiern bieten. Disco und Elektro werde sie auflegen, verrät Amberg. Ihre Mission: «Die Leute sollen sich wohlfühlen, eine gute Zeit haben – und sich von meiner Energie anstecken lassen.»

«Das ist sicherlich keine gute Referenz für die Veranstalter.»

Vera Amberg, DJ und Produzentin elektronischer Musik

Für Fasnachts-Raver hat Vera Amberg ein paar Tipps parat. Das «Hoseträger-Techno-Mobil» sei cool und in den Gassen Luzerns unterwegs. Gerne gehe sie auch im «Brüggli» an der Pfistergasse oder vor der Jazzkantine an der Party mit dem klangvollen Namen «Tichi’s Guerilla Supertschüss» feiern.

Kaum Frauen an den Plattentellern

Auch wenn das bei ihr gut klappe, sei es für weibliche DJs nach wie vor nicht einfach, an Auftritte zu kommen. Das habe verschiedene Gründe, sagt Amberg. «Ich wurde beispielsweise noch nie von einer Frau gebucht.» Die meisten Line-ups würden nach wie vor von Männern zusammengestellt.

Wenn man nicht proaktiv Räume für Künstlerinnen schaffe, werde sich an der aktuellen Situation kaum etwas ändern, fügt Amberg an. Und weil sich viele Veranstalter nicht genügend bemühen würden, flögen viele weibliche DJs unter dem Radar. «Obwohl es mehr als genug gute, innovative weibliche DJs gäbe.» Ein diverses Line-up sorge auch für ein diverses Publikum, so Amberg weiter.

Als DJ und Produzentin elektronischer Musik agiert Vera Amberg in einer nach wie vor von Männern dominierten Szene. (Bild: zvg)

Bezeichnend, dass während der Fasnacht sowohl im «Brüggli» als auch an «Tichi’s Guerilla Supertschüss» fast nur Männer auflegen. Da sticht die Blok Bar mit einem Frauenanteil von immerhin einem Drittel bereits positiv heraus. Am Donnerstag steht Vera Amberg, am Samstag Jil Corti, hinter den Plattentellern.

«Solange an der Fasnacht die Musik von Helene Fischer zu hören ist, muss sich niemand für irgendwas rechtfertigen.»

Tichi, Partyveranstalter und Mitarbeiter des Luzerner Theaters

zentralplus möchte wissen, was Vera Amberg zu den Line-ups des «Brügglis» und der Jazzkantine mit fast ausschliesslich männlichen DJs zu sagen hat. «Das ist sicherlich keine gute Referenz für die Veranstalter.» Sie schliesse trotzdem nicht aus, an den besagten Orten tanzen zu gehen.

Tichi zwischen Glitzerfolien und Akkubohrer

In der Jazzkantine an der Grabenstrasse wollen wir herausfinden, wieso nach wie vor Männer die Raves der Fasnacht Luzern dominieren. Während Michael Peters, besser bekannt als Tichi, und sein Team die Aussenbar zusammenschrauben, Fenster mit Glitzerfolien zukleben und die Getränkekarte montieren, erhalten wir Auskunft.

Mario Waldispühl, Geschäftsführer der Jazzkantine, und Michael «Tichi» Peters (rechts) sind gut gelaunt – trotz etwas Stress bei den letzten Fasnachts-Vorbereitungen. (Bild: jdi)

«Ich bin hier nur für den Barbetrieb zuständig», erklärt Tichi. Er wirft einen Blick auf das Line-up – und ist tatsächlich etwas enttäuscht. Die «Zunft zur Unvernunft», die für die Techno-Beschallung der Grabenstrasse zuständig ist, habe tatsächlich nur am Güdismontag Frauen gebucht, stellt er fest. Namentlich seien dies Clari Ann, Eli Klein und KTK mit Saxofonistin Kyra Ulrich. Er selbst versuche immer auch Frauen zu buchen, wenn er Partys veranstalte, beteuert Tichi. Hat an Silvester funktioniert (zentralplus berichtete).

Guuggenmusig hat Vortritt

Wieso Techno an die Fasnacht gehöre? Diese Frage möge er nicht mehr hören. «Solange an der Fasnacht die Musik von Helene Fischer zu hören ist, muss sich niemand für irgendwas rechtfertigen», findet der 48-Jährige.

«Bei mir tanzen auch die Zunftmeister.»

Tichi, Partyveranstalter und Mitarbeiter des Luzerner Theaters

Die Fasnacht sei schon immer ein Ort der Vielfalt und Toleranz gewesen. Musikalische Grenzen zu ziehen, sei antitraditionell. Er sehe die Stadt als riesiges Festivalgelände – wo es für alle ein Plätzchen gebe. Um anzufügen, dass der Fokus auf Rhythmik und das ähnliche Tempo – ungefähr 125 Beats pro Minute – den Techno mit der Guuggenmusig verbinden würden.

Wichtig sei ihm nur eines: «Die Guuggenmusigen haben immer Vortritt. Denn ohne die Guuggenmusigen gäbe es keine Fasnacht.» Er setze sich immer dafür ein, dass den Guuggenmusigen Platz gemacht werde, wenn sie durch die Grabenstrasse marschieren wollen. Die Boxen, die vor der Jazzkantine den Techno ins Publikum pumpen, würden dann ausgeschaltet. «Darum tanzen in der Grabenstrasse auch Zunftmeister, während sich halbe Guuggenmusigen an der Bar die Lampe füllen.»

Für Raverinnen hat Tichi noch einen Geheimtipp: Am Samstag steige in der Neustadt in einer Secret Location eine Afterparty zu «Tichi’s Guerilla Supertschüss». Die Adresse sei aber geheim, fügt Tichi zwinkernd an.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Vera Amberg, DJ und Produzentin
  • Persönliches Gespräch mit Tichi, Partyveranstalter und Mitarbeiter des Luzerner Theaters
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