Kultur auf dem Land: Stiftstheater Beromünster

Vom Kornspeicher zum Kulturhaus für den Hip-Hop

Damian Frick, hier im Festsaal des Stiftstheaters Beromünster – oder «Little Versailles», wie er es gerne nennt.

(Bild: ida)

Wo imposante Architektur auf Kultur trifft: Das Stiftstheater Beromünster soll «ein Haus für alle sein», sagt Damian Frick – denn der 39-jährige Betreiber möchte für frischen Wind sorgen. Statt kirchlicher Stücke soll nun auch die Hip-Hop-Szene Fuss fassen können.

«Wir leben im Jetzt, befinden uns aber in einem Haus von gestern. Es ist ein Raum, den wir alt sehen, aber jung spüren», erklärt Damian Frick, der 39-jährige Betriebsleiter des Stiftstheaters Beromünster. Er sei immer wieder aufs Neue inspiriert und als «uhuere neugieriger Entdecker» von kleinen Details der Räumlichkeiten fasziniert.

Läuft man die Treppe zum Dachstock hoch, steht man inmitten des Theatersaales – dem Herzstück des Stiftstheaters. Eine imposante Architektur mit einem gigantisches Holz-Gebälk. Ein Raum der Ruhe, Inspiration und Energie – die sich so einfach nicht in Worte fassen lässt. Ein Raum der Imagination. Und: Man fühlt sich einfach wohl.

Zum Stiftstheater Beromünster gehören Foyer, Festsaal und der Theatersaal, wo die meisten kulturellen Veranstaltungen stattfinden. Die «Schol», das nebenstehende Gebäude, wurde 1738 gebaut und diente unter anderem als Lateinschule, Metzgerei und Post. «Hier drin schlummern viele Seelen», so Frick.

«Wir leben im Jetzt, befinden uns aber in einem Haus von gestern. Es ist ein Raum, den wir alt sehen, aber jung spüren.»

Damian Frick, Betriebsleiter des Stiftstheaters Beromünster

Das Stiftstheater wurde 1523 als Getreide- und Brotmarkt gebaut – jedoch tanzte man damals bereits auf den Speicherböden. Der Ursprung der Theatertradition in Beromünster – oder «Little Versailles», wie es der Betreiber nennt – geht bis ins 16. Jahrhundert zurück, als noch vermehrt kirchliche Stücke über die Bühne gingen. Seit dem 20. Jahrhundert dient das Theater als öffentlicher Kultur- und Veranstaltungsort. 2013 feierte man nach einer aufwändigen Restaurierung die Neueröffnung des Stiftstheaters.

Heutzutage treffen Gäste auf eine Vielfalt von kulturellen Veranstaltungen: Comedy, klassische, aber auch Singer/Songwriter-Konzerte, Lesungen, Referate und Theater. «Es soll ein Haus für alle sein», so Damian Frick. 

Das offene Gebälk des Theatersaales sorgt für ein heimeliges Ambiente.

Das offene Gebälk des Theatersaales sorgt für ein heimeliges Ambiente.

(Bild: zvg)

Das Stiftstheater – eine Bühne für die Hip-Hop-Szene?

Als der gebürtige Liechtensteiner Damian Frick, der heute in Nidwalden wohnt und der im Sommer 2016 die Leitung des Stiftstheaters übernommen hat, das erste Mal seinen Fuss auf Beromünsterer Boden setzte, traute er seinen Augen kaum: «Ich dachte, das gibt’s ja nicht! Ich habe Beromünster nur als Radio gekannt – dann komme ich hier hin, sehe Little Versailles und diese Hütte!» Der Flecken Beromünsters, der Stift und das Stiftstheater seien ein wahres Bijou.

«Ich habe Beromünster nur als Radio gekannt – dann komme ich hier hin, sehe Little Versailles und diese Hütte!»

Damian Frick

Die Besonderheit des Ortes sei die Architektur der Räumlichkeiten selbst, so Frick. «Geschichte und Gegenwart treffen hier aufeinander.» Doch der Kreis schliesse sich erst mit der dritten Achse: der Zukunft. Frick ist es wichtig, die Jugend mit ins Boot zu holen. So ist er auch mit «Visu» alias Vincenz Suter, der die städtische Rapszene seit Jahren aufmischt, in Kontakt. 

Es sei wichtig, jungen Kulturschaffenden oder auch Start-Ups eine Plattform zu bieten. Bei der Auswahl der Künstler sei für ihn die Frage nach dem thematischen und lokalen Bezug zu Beromünster jeweils entscheidend.

Fricks Anliegen sei es, Kontraste und damit Dialoge herzustellen. Dialoge zwischen Alt und Neu, aber auch von Laien- und Profi-Theaterszene. «Professionalisierung im Laien- und Volkstheater bedeutet nicht, dass es eine Abschaffung der Laienkultur gibt», erklärt Frick. In seinen Augen sei es genau das Gegenteil: Profi und Laie sollen sich austauschen, ergänzen und zusammenarbeiten, um das Kulturgut weitergeben zu können. «Die Volkskultur gilt es zu bewahren», ist Frick überzeugt.

Der Festsaal im Stiftstheater Beromünster.

Der Festsaal im Stiftstheater Beromünster.

(Bild: ida)

«Vor mir steht ein Pilatus – aber den Berg hol› ich mir!»

Durch das Varieté des Veranstaltungsangebots besitze das Stiftstheater kein Stammpublikum, so Frick. Alt und jung, aber auch Städter und Menschen aus der nahen Region zählen zu den Gästen. Im Stiftstheater werde dem Land Gehör verschafft, der Puls der lokalen Bevölkerung vor Ort werde gefühlt, erzählt Frick. Aber auch ein Perspektivenwechsel werde ermöglicht, wenn Städter zu Besuch seien. Er bedauert es jedoch, dass die Einheimischen vor Ort längst noch nicht alle das Stiftstheater besucht haben: «Viele Menschen aus der nahen Umgebung sehen das Kulturgut vor Ort nicht.»

Auch vor andere Herausforderungen ist Frick gestellt. Kultur werde vielfach auf Musik und Theater beschränkt – besonders das Stiftstheater Beromünster werde schnell schubladisiert. Viele meinten, dass nur Theater gespielt werde. Doch zu Kultur gehöre ein Varieté – und stets der Gedanke, dass Kultur ein Ort der Begegnung sei: «Kultur sind wir Menschen», so Frick.

Dass er auch jungen Kulturschaffenden eine Plattform bieten möchte, gefiele längst nicht allen. Besonders auf dem Land würden sich einige vor den Kopf gestossen fühlen, sich befremdet fühlen. Veränderungen brauchen Zeit, insbesondere, wenn das Publikum kein anonymes sei. «Vor mir steht ein Pilatus – aber den Berg hol› ich mir!», meint Frick energisch.

Sein Herz habe er an diese Region verloren und er sei mit viel Herzblut dabei, um sich all diesen Herausforderungen zu stellen. Fricks grosse Mission: Das Stiftstheater Beromünster soll zu einem nationalen Kulturgut heranwachsen.

Der Theatersaal des Stiftstheaters Beromünster – hier jedoch unbestuhlt. Auch die Bühne war zu dem Zeitpunkt abgebaut.

Der Theatersaal des Stiftstheaters Beromünster – hier jedoch unbestuhlt. Auch die Bühne war zu dem Zeitpunkt abgebaut.

(Bild: ida)

Kultur auf dem Land – der intime Austausch zwischen Gästen und Kulturschaffenden

Was macht Kultur auf dem Land so besonders in Fricks Augen? «Auf dem Land finden kulturelle Veranstaltungen in einem persönlicheren Ambiente statt. Es ist intimer», erklärt der Betreiber. Während es in der Stadt anonymer zu und her gehe, sei im Stiftstheater der Austausch zwischen Kulturschaffenden und Gästen zentral.

«Man geht sowohl als Gast als auch als Kulturschaffender anders an eine Veranstaltung auf dem Land als in der Stadt.»

Damian Frick

Künstler seien erstaunt, weil sie auf ein Publikum träfen, das auch bereit sei, den eigenen Horizont zu erweitern. Künstler haben andere Erwartungen an ein solches Publikum: «Man geht sowohl als Gast als auch als Kulturschaffender anders an eine Veranstaltung auf dem Land als in der Stadt», so Frick.

Serie: Kultur abseits der Stadt

In einer Serie stellt zentralplus Luzerner Kulturräume vor, die von Städtern oft links liegengelassen werden. Zu Unrecht, denn die Kultur auf dem Land ist lebendig, vielfältig und findet an charmanten Orten statt.

Die nächsten drei Kulturhighlights im Stiftstheater Beromünster: Freitag, 23. März, Simon Libsig + Die Soundtrekker. Samstag, 28. April, Konzert der Singer-Songwriterin Katja Werker. Freitag, 25. Mai, The Zimmis auf Reisen (Comedy aus der Zentralschweiz).

Ein Highlight für Frick war das Konzert der deutschen Singer-Songwriterin Katja Werker, die im April 2017 zum ersten Mal vor einem Schweizer Publikum aufgetreten ist. Zwei Fronten seien damals aneinander geraten, Gast wie Musikerin hätten nicht gewusst, was sie erwarten würde. Doch das Experiment sei gelungen: «Beide Seiten schwärmten, dass sie noch nie ein so intimes Konzert erlebt haben», erinnert sich Frick. «Wir denken, fühlen und hören anders als in Deutschland, das meinte auch die Sängerin.» Der Künstlerin hat das Konzert wohl imponiert: Am 28. April macht Katja Werker auf ihrer aktuellen Tour erneut Halt im Stiftstheater Beromünster.

Gäste auf dem Land seien dankbar. So mag sich Frick an eine ältere Dame erinnern, die seine Hand fast nicht mehr loslassen wollte. Mit glänzenden Augen sah sie ihn an und bedankte sich, dass er 2016 Ronaldo Rolim, einen weltbekannten Pianisten aus Brasilien, anheuerte. «Es ist mir viel lieber, wenn nur 20 statt 50 Personen an die Veranstaltung kommen und dafür glücklich und dankbar das Haus verlassen», sagt Frick.

«Ohne Vermietungen wären all die kulturellen Veranstaltungen nicht tragbar»

Auch Private können die Räumlichkeiten des Stiftstheaters nutzen und buchen. Das Stiftstheater Beromünster gehört zum selbstfinanzierten Verein «Kulturzentrum Stiftstheater Beromünster». Die Mieteinnahmen sind für das Stiftstheater überlebenswichtig: «Ohne Vermietungen wären all die kulturellen Veranstaltungen nicht tragbar», erklärt Frick. Und dann wäre seine Mission missglückt.

Jedoch spürt man die Energie und den Ehrgeiz, den Damian Frick an den Tag legt. Und: mit wie viel Herz und Passion er sich seinen Aufgaben stellt. Wer weiss, wie sehr das Stiftstheater Beromünster – oder Little Versailles – in den kommenden Jahren wachsen und wachsen wird …

Links das Stiftstheater Beromünster, rechts im Bild ist die «Schol» zu sehen. Im Hintergrund sieht man den Spitz der St.-Michaels-Kirche.

Links das Stiftstheater Beromünster, rechts im Bild ist die «Schol» zu sehen. Im Hintergrund sieht man den Spitz der St.-Michaels-Kirche.

(Bild: zvg)

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