Die Luzernerin zeigt ihr Lebenswerk

Trix Berger – eine Künstlerin in allen Belangen

Trix Berger umgeben von ihren Werken zuhause.

(Bild: Tijana Nikolic)

Die Künstlerin Beatrice «Trix» Berger aus Udligenswil hat sich der Kunst verschrieben und damit auch schwere Schicksalsschläge verarbeitet. Nun möchte sie ihren künstlerischen Lebensweg teilen und beweist dabei ihre Vielseitigkeit.

Licht durchströmt das helle Wohnzimmer und betont die Farben an den Wänden. Mal sind sie freundlich, oft aber auch dunkel und düster. In einer Ecke neben dem Fenster steht ein bemalter Stuhl, bei dem die Farbe schon langsam abbröckelt, auf dem grossen Gemälde an der Wand lässt sich die Silhouette eines Menschen, umhüllt von Blautönen, erahnen und einige Meter daneben steht eine mit rosa Papier beklebte und bemalte Schaufensterpuppe, die einen Blumenstrauss hält.

Mit jedem Wimpernschlag lässt sich etwas Unikates in dem Familienhaus in der Nähe der alten Post in Udligenswil entdecken. Der kreative Kopf hinter der Kunst ist Beatrice «Trix» Berger, die seit 1965 in diesem Einfamilienhaus lebt. Die 86-jährige Künstlerin malt intensiv seit ihrem 40. Lebensjahr. Fasziniert von der Kunst war sie allerdings schon in ihrer Jugendzeit. Nun veröffentlichte sie ein 233 Seiten langes Buch mit dem Titel «Trix Berger» über ihre Werke der letzten Jahrzehnte.

Die Eltern hatten andere Pläne

Das Interesse an der bildenden Kunst wurde bei Berger sehr früh geweckt, was bei ihren Eltern auf wenig Freude stiess. «Sie wollten, dass ich im familiären Juweliergeschäft arbeite. Ich konnte mir jedoch nichts Langweiligeres vorstellen», so Berger. Mit 19 Jahren besuchte sie regelmässig Kunstausstellungen in Luzern und Zürich und nahm an Mal- und Zeichenkursen in Florenz teil. Sie durfte von ihren Eltern aus nicht an die Schule für Gestaltung, setzte sich aber durch, eine Arztgehilfinnenschule zu absolvieren. Danach absolvierte sie ein Praktikum in der Röntgenabteilung des Luzerner Spitals.

Doch anstatt diese Arbeit auszuüben, zu heiraten und ein gutbürgerliches Leben zu führen, entschied sich Berger, die Welt zu sehen. «Durch meine zahlreichen Reisen in den 50er-Jahren nach Paris, Grossbritannien, in die USA oder nach Mexiko vertiefte sich mein Interesse an der Malerei», erinnert sich Berger. Sie besuchte Museen und probierte verschiedene Maltechniken in Kursen aus. Angefangen hat sie klassisch mit Ölmalerei und Zeichenkursen, die sie immer weiter vertiefte. Darauf folgten Aquarelle, Acryl-Bilder und Tonfiguren.

«Ich war schon immer unglaublich neugierig und interessiert an allem.»

1959 heiratete sie jedoch ihren 17 Jahre älteren Mann, gebar nacheinander vier Kinder und hatte fast keine Zeit mehr für das künstlerische Schaffen. Erst als die Kinder grösser wurden, nahm sie ihr Leidenschaft wieder auf: «Ich wollte etwas für mich tun, das mich bis ins hohe Alter mit Freude beschäftigen und erfüllen würde», so Berger, die in der Altstadt von Luzern geboren und aufgewachsen ist.

Trix Berger legte sich nie auf eine Technik fest.

Trix Berger legte sich nie auf eine Technik fest.

(Bild: Marc R Berger)

Abstecher in die «verrückte Welt der Modebranche»

«Bei einer meiner vielen Reisen lernte ich in Marokko die Seidenmalerei kennen», erinnert sich Berger. Sie fing an, bunte Foulards und Baumwollstoffe zu gestalten. «Durch die Empfehlung eines Freundes kam ich zur Zusammenarbeit mit Andi Stutz in Zürich und konnte dort meine Foulards erfolgreich vertreiben», sagt die Mutter von vier erwachsenen Kindern. Dadurch arbeitete sie eine Weile in «der verrückten Welt der Modebranche».

Die seidigen Stoffe wurden von Berger mehrmals von Hand überarbeitet und so flossen in eine Stoffarbeit bis zu 100 Arbeitsstunden. Durch Stutz lernte Berger auch die kürzlich verstorbene Modedesignerin Christa de Carouge kennen. Für de Carouges Modenschau in ihrem Geschäft in Zürich fertigte Berger zehn bemalte Decken an, die während der Show im Schaufenster präsentiert wurden.

Schicksalsschläge durch Kunst verarbeitet

Ab 1973 besuchte sie wieder aktiv Kurse und vertiefte ihre Passion schliesslich durch ein Studium an der Hochschule für Gestaltung in Luzern und der Akademie der Künste in Salzburg. Seither lässt sie ihrem kreativen Ausdruck freien Lauf. Nebst zahlreichen Ausstellungen in der Region, wie beispielsweise in der Turbine in Giswil, hat Berger auch in Zürich, Basel und Köln ausgestellt. «Solche Ausstellungen sind mir jedoch zu aufwendig», findet die seit 12 Jahren verwitwete Künstlerin. Ihre Werke kann man deshalb bei ihr zuhause kaufen.

«Ich habe immer einen Block dabei.»

Inspirieren lässt sie sich von den Dingen in ihrer Umwelt: «Ich war schon immer unglaublich neugierig und interessiert an allem», sagt sie. So verarbeitete sie auch Schicksalsschläge auf künstlerische Weise: «Mit 75 sollten meine Kniegelenke durch Prothesen ersetzt werden. Bei der Operation brach der Arzt mir versehentlich das Schienbein», erzählt Berger. Deshalb musste sie sich einer zweiten Operation unterziehen. Als die Prozedur erfolgreich überstanden war, gab ihr der Arzt die Prothese der ersten Operation mit und sie kreierte daraus eine Skulptur.

Und es ging weiter: Mit 80 erfuhr sie in der Zahnklinik, dass sie an Krebs am unteren Zahnfleisch leide, ihr deshalb alle Zähne gezogen werden müssten, und daraus ein neues Gebiss hergestellt werden würde. «Da das Gebiss locker war, machte ich damit Fotos und bearbeitete diese am Computer. Die Arbeit nannte ich ‹Caramel›», erinnert sich Berger. So habe sie den Krebs verarbeiten können. Trotz körperlicher Beschwerden denkt sie noch lange nicht ans Aufhören: «Ich bin heute zwar körperlich langsamer, aber in meinem Kopf sprudelt es weiterhin nur so vor Ideen.» Auch im Alltag skizziert Berger ständig Tiere und Menschen in realen und abstrakten Arbeiten: «Ich habe immer einen Block dabei. Mittlerweile habe ich hundert solcher Hefte voll», so Berger.

Von Freunden überredet

Aus all diesen Arbeiten eine Publikation zu machen, bot sich an. Doch Berger stellt klar: «Ich wollte nie ein Buch über meine Arbeiten veröffentlichen. Freunde aus Amerika haben mich dazu überredet.» Die Tochter dieser Freunde, Sonia Malpeso, studiert Graphic Design und hat das Buch zusammen mit Berger zusammengestellt, Bergers Sohn amtete als Fotograf. Bei den tausenden von vorhandenen Werken gestaltete sich die Auswahl jedoch nicht einfach: «Zwei Jahre haben wir daran gearbeitet», so Berger. Nun ist es da.

(Bild: Tijana Nikolic)

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