Luzerner Musikerin weiss, was sie nicht will

To Athena: Bald geht’s mit Dabu Fantastic auf Tour

Tiffany Athena Limacher, wie die Musikerin To Athena mit gebürtigen Namen heisst, will nächstes Jahr ihr zweites Album veröffentlichen. (Bild: wia)

To Athena macht vorwärts. 2020 erschien ihr erstes Album, das zweite entsteht im kommenden Jahr. Jetzt geht's aber erst mal auf Tour. Und zwar mit niemand Geringerem als Dabu Fantastic. Ein Abenteuer in vielerlei Hinsicht, wie Tiffany Limacher im Interview erzählt.

«Vor allem hani Angscht, dass öppis brecht, wo nie meh chläbt, ned met Schnell-Liim, ned met Ziit, vor allem hani Angscht.» Der Song «Angscht», den die Luzernerin Tiffany Athena Limacher, auch bekannt als To Athena, im Jahr 2020 veröffentlichte, trifft den von der Pandemie geprägten Nerv der Zeit. Auch wenn das Lied so gar nichts mit Corona zu tun habe, wie die 28-jährige Luzernerin im Interview erklärt. Ein Gespräch über Waghalsigkeit, wichtige Denkpausen und eine ungewollte Hobbylosigkeit.

zentralplus: In vergangenen Medienartikeln wirst du als «die Furchtlose» betitelt. «Angst hat sie keine» lautete ein weiterer Titel. Bist du einverstanden mit dieser Feststellung?

Tiffany Limacher: Diese Aussagen beziehen sich wohl primär auf das Lied «Angscht», das ich 2020 in meinem ersten Album veröffentlicht habe. Ich bin zwar tendenziell einverstanden mit dieser Einschätzung. Dennoch: Allein der Entschluss, professionell Musik zu machen, ist nicht besonders mutig.

zentralplus: Findest du wirklich? Wer die Musik wählt, entscheidet sich in der Regel für einen finanziell steinigen Weg.

Limacher: Ja, klar, in der Schweiz, aber eigentlich fast überall ist es schwierig, allein von der Musik zu leben. Praktisch alle Musiker haben daneben einen Brotjob. Es ist faszinierend: Ich pendle aktuell zwischen Luzern und Berlin. Und während hier praktisch immer die Frage nach dem Geld gestellt wird, ist sie in Berlin viel weniger präsent. Dort gilt das Musikmachen überhaupt nicht als mutig. Die Leute sind wohl grundsätzlich waghalsiger als hier. Diese sehr unterschiedlichen Haltungen tun mir gut.

«Mit der Arbeit, die ein solches Projekt erfordert, könnte man drei Leben füllen.»

zentralplus: Bleiben wir dennoch kurz bei der Furcht. Wovor fürchtest du dich trotzdem?

Limacher: Sie überlegt kurz. Dass es mich «verrüert». Ich arbeite sehr viel. Musik ist kein Hobby mehr und mit der Arbeit, die ein solches Projekt erfordert, könnte man drei Leben füllen. Ich mache das alles sehr gern, doch bleibt mir im Moment keine Zeit, um etwa einem Hobby nachzugehen. Darauf will ich mein Augenmerk künftig stärker richten. Das hat ja auch stark mit der eigenen Definition von Erfolg zu tun, die sich ja stets wandelt.

zentralplus: Wie definierst du den Begriff denn aktuell?

Limacher: Erfolg ist für mich, wenn ich es schaffe, ein Projekt ganzheitlich zu vollenden. Indem ich mit den Leuten arbeite, mit denen ich möchte. Dazu gehört, dass ich sie entsprechend entlöhnen kann. Ein Projekt, bei dem vom Text über die Melodie bis hin zum Musikvideo alles stimmig ist und nichts qualitativ abfällt. Diesem Anspruch gerecht zu werden, ist jedoch wahnsinnig zeit- und kostenintensiv. Wenn ich weitermachen will wie bisher, brauche ich mehr Mittel.

To Athena will 2023 ihr zweites Album veröffentlichen. (Bild: zvg)

zentralplus: Du hast im Jahr 2020 dein erstes Album «Aquatic Ballet» veröffentlicht. Du hast dafür sogar dein Masterstudium unterbrochen. Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf das Projekt?

Limacher: Die Pandemie, respektive der erste Lockdown, hat es überhaupt erst ermöglicht, das Projekt so intensiv voranzutreiben. Ich war damals in Berlin im Austausch. Die erste Single erschien im Mai 2020, danach ging's Schlag auf Schlag, eine Single inklusive Musikvideo pro Monat. Im Oktober desselben Jahres erschien das Album. Aber wie gesagt, das ging nur, weil alle in der Branche aufgrund der Pandemie plötzlich Zeit hatten und eine grosse Lust spürbar war, etwas anzureissen. Kaum war die Albumtaufe vorbei, kam auch schon der zweite Lockdown. Das klingt vielleicht absurd, aber: Ich bin wahnsinnig dankbar fürs Jahr 2020. Auch wenn es eine ultrastressige Zeit war, zumal ich das Album ohne Label und Management gemacht habe.

zentralplus: Du kommst aus einer Luzerner Geigenbauer-Familie. Wärst du auch Musikerin geworden, wenn deine Eltern Buchhalter wären?

Limacher: Ich denke schon. Als Kind wollte ich zunächst Comedienne werden, dann wollte ich Theater machen. Mit 18 entschied ich mich für die Musik. Klar, ich komme aus einer Familie, die Musik liebt. Aber der Herstellungsprozess der Instrumente ist dabei wichtiger, als das Musik machen an sich. Dennoch haben meine Eltern es immer sehr stark unterstützt, dass ich Musikerin werde.

zentralplus: Ach?

Limacher: Ja, mein Umfeld wollte das so sehr. Der Wunsch war gar so gross, dass ich mich selber vor ein paar Jahren, nach meinem Pop-Studium an der ZhdK, aus der Sache herausnehmen musste, um herauszufinden, ob das überhaupt mein eigener Weg war. Das war 2019, zu der Zeit schrieb ich auch das Lied «Angscht», das diese Phase sehr gut reflektiert.

zentralplus: Ich nehme an, viele, die das Lied hören, glauben, dass es mit der Pandemie zu tun hat. Ein Trugschluss demnach?

Limacher: Absolut. Ich habe das Lied vor Corona geschrieben.

zentralplus: Offensichtlich hat dich die Denkpause also wieder auf den Weg der Musik gebracht.

Limacher: Ja. Obwohl ich mich während dieser Phase von allen äusseren Erwartungen und Einflüssen gelöst habe, landete ich natürlicherweise wieder auf diesem Weg. Woraufhin ich mit dem Master in Musikpädagogik begann, den ich kommenden Sommer abschliesse.

«Die Tour mit Dabu Fantastic wird in vielerlei Hinsicht ein Abenteuer.»

zentralplus: Ab Ende März gehst du mit Dabu Fantastic auf Tour. Das ist eine überraschende Kombi.

Limacher: Absolut. Unsere Musik ist sehr unterschiedlich. Dabu Bucher hat mich vor zwei Jahren angerufen, als ich in Berlin war. Er fragte mich, ob ich auf dem neuen Album vorkommen wolle. Später fragten sie, ob ich als Support auf ihrer Tour spielen möchte. Das wird in vielerlei Hinsicht ein Abenteuer. Ich bin skeptisch, wie viele Leute vor einem Dabu-Fantastic-Konzert meine doch eher traurigen Lieder hören möchten. Doch wir sind uns bewusst, dass das ein Risiko ist, und ich bin darauf vorbereitet. Sollte ich pro Konzert nur schon fünf Leute mit meiner Musik abholen, dann ist das schon gut.

zentralplus: Die Tour bleibt nicht das einzige Projekt in naher Zukunft. Am 8. April erscheint die erste Single deines zweiten Albums. Geht auch bei diesem alles Schlag auf Schlag?

Limacher: Nein, das wäre zeitlich gar nicht möglich. Im Gegenteil. Ich habe mich bewusst gebremst, habe gemerkt, dass es gar nicht so schnell gehen muss. Die Lieder fürs erste Album hatte ich ja schon teils Jahre davor geschrieben. Entsprechend erscheinen dieses Jahr voraussichtlich zwei Singles und ein paar Kollaborationen, losgelöst vom Album. Das Jahr 2023 will ich dem Album widmen. Seit Kurzem bin ich beim Label Mouthwatering Records, die Orange Peel Agency übernimmt mein Booking. Die ganze Organisation wäre für mich allein zeitlich nicht möglich.

«Der Anspruch an mich selber steigt, wenn ich auf Schweizerdeutsch schreibe.»

zentralplus: Auf deinem ersten Album «Aquatic Ballet» ist «Angscht» das einzige schweizerdeutsche Lied. Warum?

Limacher: Ich hatte lange Zeit Angst, auf Schweizerdeutsch zu singen. Bei diesem Lied ging es nicht anders. Es musste aus mir raus, und zwar auf Schweizerdeutsch. Ich habe danach versucht, es auf Englisch zu übersetzen. Da merkte ich, dass das nicht geht. Das wäre richtig doof geworden.

zentralplus: Ist es denn für dich grundsätzlich einfacher, auf Englisch zu schreiben?

Limacher: Mittlerweile glaube ich, auf Mundart zu schreiben ist einfacher. Weil es meine Muttersprache ist, kann ich die Emotionen genau so formulieren, dass sie verstanden werden. Gleichzeitig steigt auch der Anspruch an mich selber, wenn ich auf Schweizerdeutsch schreibe. Hinter der englischen Sprache kann man sich viel besser verstecken.

Ende März geht To Athena mit Dabu Fantastic auf Tour. Es wird ein Abenteuer, ist sie sicher. (Bild: zvg)

zentralplus: Wo gelingt dir das Schreiben am besten?

Limacher: In Berlin. Ich pendle seit meinem Austauschsemester hin und her, weil ich mich in die Stadt verliebt habe. Die kreativen Prozesse passieren fast ausschliesslich dort. In Luzern büeze ich viel mehr, ich tippe, organisiere, plane. Am liebsten schreibe ich allein in einem kleinen Raum, in welchem es ein Klavier gibt. Im Idealfall entsteht ein Song an einem Tag in groben Zügen. Dann lege ich ihn weg, lasse Zeit verstreichen und mache mich später an den Feinschliff. In Berlin produziere ich auch alle Songs, zusammen mit Linus Gmünder, mit dem ich dort auch zusammenlebe. Ich fürchte jedoch, dass ich dieses Pendeln zwischen Berlin und Luzern nicht mehr lange durchziehen kann.

«Ich habe das Gefühl, die Hälfte meines letzten Jahres im Zug verbracht zu haben.»

zentralplus: Weshalb?

Limacher: Mit der Tour und anderen Projekten habe ich bis im Juni nie Zeit, mehr als zwei Tage in den Norden zu fahren. Ich reise ausschliesslich mit dem Zug. Zu fliegen würde ich nicht richtig finden, zumal ich das ja freiwillig mache. Schon jetzt habe ich das Gefühl, dass ich die Hälfte meines letzten Jahres im Zug verbracht habe. Dennoch habe ich mit Berlin noch nicht abgeschlossen, habe ich die Stadt doch noch gar nie im Normalzustand, also ohne Corona-Restriktionen, erlebt.

zentralplus: Last but not least: Wenn man dich googelt, findet man Videos aus dem Jahr 2011. Du warst als 16-Jährige Kandidatin beim «grössten Schweizer Talent». Wie war das?

Limacher: Schwierig. Bei solchen Formaten wird man oft in ein Schema hineingedrückt, das man eigentlich gar nicht will. Das Format gibt vor, wie du dich gibst, wie du dich anziehst, wie du klingen solltest. Gleichzeitig war meine Teilnahme super, um herauszufinden, was ich nicht will. Obwohl ich solche Talentwettbewerbe wirklich niemandem empfehle, konnte ich nach einer gewissen Zeit doch auch einige Erkenntnisse für mich daraus ziehen. Die ganze Sache hat mich bestärkt, meinen eigenen musikalischen Weg zu finden und nicht zu viel auf die Pläne und Ziele zu geben, die mein damaliges Umfeld für mich hatte.

Tiffany Athena Limacher

Schon früh spielte die Musik eine grosse Rolle in Tiffany Limachers Leben. Tanz, Theater, Musical prägten ihre Jugend. Das Musicalprojekt Verona 3000, an dem die Luzernerin mitarbeitete, erntete grossen Beifall. An der Zürcher Hochschule der Künste studierte Limacher Pop-Musik, kommenden Sommer schliesst sie ihr Masterstudium mit Schwerpunkt Musikpädagogik ab.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Tiffany «To Athena» Limacher
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