Luzerner Festival stösst mit Kollekten an Grenzen

«There Are Worse Bands»: Volk soll für die Stadt zahlen

Guten Mutes: Die Macher von «There Are Worse Bands» fordern in einem Video zum Spenden auf.

(Bild: zvg)

Bands, Filme, Theater – und jetzt ein Festival: Crowdfundings schiessen in Luzern wie Pilze aus dem Boden. Dessen sind sich auch die Macher des «There Are Worse Bands»-Festivals bewusst. Trotzdem zählen sie nun auf die Solidarität der Bevölkerung, auch, weil die Stadt nichts mehr gibt.

Wenn die öffentliche Hand knausert, soll’s die Crowd richten – so könnte man überspitzt die Situation des Luzerner Festivals «There Are Worse Bands» (TAWB) zusammenfassen. Das zweiwöchige Luzerner Beizen- und Clubfestival, an dem rund 60 Bands auftreten, ruft zur Unterstützung auf: 20’000 Franken will der Verein Lumberjack sammeln, der den Anlass heuer zum vierten Mal organisiert (siehe Box).

Denn dieses Jahr gibt’s für das TAWB keine Unterstützung mehr vom städtischen Fuka-Fonds. Wobei man sagen muss: Mit den letztjährigen 500 Franken war der städtische Beitrag an den Gesamtkosten ohnehin äusserst gering. «Aber wenn in der Gesamtabrechnung immer mehr oder weniger eine 0 steht, mal 50 Franken mehr, mal 50 weniger, dann sind 500 Franken bedeutend», sagt Mitorganisator Nicolas Sigrist.

Aber wieso denn das hehre Ziel 20’000 Franken? Es entspricht ziemlich genau dem Beitrag, den das Festival letztes Jahr an Kollekten eingenommen hat. Wobei man «einnehmen» relativieren muss: 80 Prozent davon – also 16’000 Franken – gingen direkt an die Bands. Mit den restlichen 20 Prozent deckt der Verein seine Ausgaben: Werbung, Verpflegung der Bands und vor allem, um Suisa-Abrechnungen zu bezahlen – also die ganzen Nutzungsrechte und Urheberabgeltungen. Fürs Festival und seine Macher blieb bis jetzt so gut wie nichts.

Ausschnitt aus dem Video: Das Bild zeigt, dass für die Festivalmacher wenig bis gar nichts übrigbleibt – das Crowdfunding soll dies ändern.

Ausschnitt aus dem Video: Das Bild zeigt, dass für die Festivalmacher wenig bis gar nichts übrigbleibt – das Crowdfunding soll dies ändern.

(Bild: zvg)

Darum also jetzt die Sammelaktion: Bei 6000 Franken liegt die Funding-Schwelle, das ist der Minimal-Betrag, der die anfallenden Kosten und Ausgaben sicher deckt. «Damit wären wir sehr happy», sagt Sigrist – aber es bliebe nichts für die Macher. Mit 20’000 Franken könnte der Verein erstmals auch für die bisher vollumfänglich ehrenamtliche Arbeit – Helfer, Grafiker, Filmteams etc. – etwas bezahlen und hätte einen Puffer für nächstes Jahr. «Wir könnten beruhigter an die Sache rangehen und müssten nicht mehr so bangen wie bisher.»

Keine andere Idee

Ein Festival sucht Geld

Das Musikfestival «There Are Worse Bands» (TAWB) findet vom 1. bis 15. April 2017 statt. Das zweiwöchige Festival mit 60 Bands verteilt sich auf Pubs, Bars und Clubs in ganz Luzern – vom Old Town Store übers Magdi bis in den Sedel. Es spielen neben vielen anderen Cellar Darling, Anna Murphy, Hendricks the Hatmaker, Martina Linn, Lower Pink oder Abinchova.

Derzeit läuft auf Funders.ch ein Crowdfunding: Noch bis 19. März kann man für das Festival spenden. Als Gegenleistung gibt's neben den üblichen Prämien (Gästeliste, Privatkonzert) witzige Belohnungen: Packages mit CDs, Vinyl und anderen Goodies von Luzerner Bands, aufgeteilt in die Genres Rock, Folk und Heavy.

Bis am Mittwoch sind mit dem Aufruf bescheidene 1675 Franken zusammengekommen, die Aktion läuft noch bis 19. März. Keine Angst, dass die Leute vor lauter Crowdfundings etwas spendenmüde sind? «Diese Frage haben wir uns auch gestellt, aber wir hatten keine andere Idee», gibt Sigrist offen zu – und hofft, dass die Bereitschaft der Crowd noch anzieht. «Unser Festival leistet einen wichtigen Beitrag an die Luzerner Szene, es wäre also schön, wenn etwas zurückkommt.»

Eine Frage muss kommen: Wieso verlangt das Festival nicht einfach Eintritt? Denn beim TAWB zahlt jeder Zuschauer so viel, wie er will und kann – und an diesem Prinzip wird nicht gerüttelt. «Wir haben das diskutiert, ob wir fixe niedrige Eintrittspreise von etwa 5 Franken pro Konzert verlangen sollen», sagt Sigrist, «aber die Idee wieder verworfen. Es passt nicht zu uns, wir finden das jetzige Konzept cool, die Schwelle, ein Konzert zu besuchen, ist so viel niedriger.»

Zudem: Mit der Kollekte kommen im Schnitt 7 Franken pro Nase zusammen, keine schlechte Bilanz also. «Wir haben das Gefühl, dass die Bands so letztlich mehr profitieren», sagt er.

So werben die Festivalmacher für ihr Crowdfunding:

 

Der Verein betont, dass er keine Gratiskonzerte veranstaltet. «Das Festival kostet Eintritt, aber halt einfach so viel, wie du willst», sagt Sigrist. Aber das Argument verfängt nicht überall und man fällt damit zwischen Stuhl und Bank – respektive durch die Anforderungen für Unterstützung.

«Im Idealfall bräuchte es uns vom Verein gar nicht mehr und Bands und Locations vernetzen sich selber.»

Festival-Mitorganisator Nicolas Sigrist

Vom Fuka-Fonds, aber auch von Kulturstiftungen gibt’s für Veranstalter nur Geld, wenn sie einen festen Eintritt verlangen. «In der Regel werden keine Veranstaltungen unterstützt, für die keine Eintritte erhoben werden», heisst es klar in den Anforderungen für den Fuka-Fonds. Die 500 Franken vom letzten Jahr waren da eine Ausnahme.

«Also bekommen jene Anlässe Unterstützung, die schon fixe Einnahmen haben», sagt Sigrist. Er findet es schade, dass das TAWB-Festival nicht mehr Wertschätzung von der öffentlichen Hand erhält, denn er ist überzeugt, dass es einen wichtigen, niederschwelligen Beitrag an die Szene leiste.

Aufgeben? No way.

Tatsächlich mutet es etwas knausrig an, wenn man gleichzeitig sieht, dass Festivals wie das B-Sides (15’000 Franken), das Glücklich (2500 Franken) oder das Kick’n’Rush (1000 Franken für das Kulturprogramm) Zuschüsse von der Stadt Luzern erhalten (zur kompletten Übersicht der 2016 verteilten Fuka-Fonds-Gelder). Ob’s letztlich doch noch eine Möglichkeit gibt, das TAWB zu unterstützen? Dazu kann man bei der Kulturabteilung der Stadt Luzern noch nichts sagen, Gespräche stehen bevor.

Entscheidend ist für Sigrist im Moment ohnehin, dass das Festival nach drei Ausgaben fest zur Stadt gehört: «Es kommt gut an, wir mussten dieses Jahr sogar einigen Bands und Locations absagen, weil es sonst zu viel geworden wäre», sagt Sigrist.

Vier von den Lumberjacks (von links): Nicolas Sigrist, Renato Soguel-dit-Picard, Claude Bachmann, Stefan von Rohr und Arnaud Hilfiker.

Vier von den Lumberjacks (von links): Nicolas Sigrist, Renato Soguel-dit-Picard, Claude Bachmann und Stefan von Rohr.

(Bild: zvg)

Das TAWB versteht sich als Festival von und für die Szene. «Im Idealfall bräuchte es uns vom Verein gar nicht mehr. Die Idee ist, dass sich Bands und Locations so vernetzen, dass sich eine fixe Liveszene etabliert», sagt Sigrist. Im Moment ist es so, dass der Verein Lumberjack vor allem vor dem Festival viel organisiert und vernetzt – aber während des zweiwöchigen Festivals das Organisatorische den Clubs und Bands überlässt. Und natürlich die Kosten deckt, wobei mit Ausnahme der professionellen Konzerthäuser wie der Schüür keine Mieten bezahlt werden müssen.

Und wenn das Crowdfunding scheitert? Wenn’s am Ende nicht reicht für die angestrebten 6000 Franken? «Dann machen wir das Festival trotzdem», sagt Nicolas Sigrist, «und schauen nächstes Jahr weiter.» Und er fügt an: «Wir sind dann einfach etwas beleidigt, schimpfen und machen die Faust im Sack.» Aber aufgeben? No way.

Der diesjährige Fesitvaltrailer:

 

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