Christa de Carouge bittet zur öffentlichen Anprobe

Stil-Ikone macht Kunsthaus Zug zur Kleiderboutique

Christa de Carouge.

(Bild: mam)

Eine Schweizer Modeschöpferin bespielt das Kunsthaus Zug und zeigt dort ihr Lebenswerk. Das passt nicht besonders gut zu Zug, freut aber alle Liebhaber des Fühlbaren.

Christa de Carouge hat es weit gebracht: Von der Hipster-Frau mit Kleider-Boutique in der Genfer Gemeinde Carouge zur bekannten Modeschöpferin und Stil-Ikone in Zürich und nun auch zur Kulturschaffenden mit einer Einzelausstellung in einem Schweizer Kunstmuseum.

Vier Jahre, nachdem die «Dame en noir» ihre Boutique in Zürich an ihre Nachfolgerin De Niz übergeben hat, ehrt das Kunsthaus Zug die 81-Jährige für ihr Lebenswerk, indem man sie eine Ausstellung über ihr Schaffen gestalten lässt.

Mode in der Zuger Galvanik

Das scheint nicht naheliegend: Wo doch in diesem Museum meist verkopfte Kunst zu sehen ist. Und Zug so gar nichts mit dem urbanen Milieu zu schaffen hat, indem sich Christa de Carouge bewegt.

Die «Dame en noir» ist öfter in Zug

Die Ausstellung im Kunsthaus Zug zeigt neben Gewändern von Christa de Carouge Installationen, Skizzen und Fotos und wird von Veranstaltungen begleitet. De Carouge ist während der gesamten Ausstellungsdauer bis am 18. Februar regelmässig im Haus anzutreffen. Vernissage ist am Freitag, den 17. November, ab 17.30 Uhr.

«Christa de Carouge hat sehr wohl Verbindungen zu unserer Region», widerspricht Kunsthaus-Direktor Matthias Haldemann und weist darauf hin, dass sie wiederholt Modeschauen im Kulturzentrum Galvanik veranstaltet habe und öfter mit der Baarer Schmuckkünstlerin Brigitte Moser zusammenarbeite.

Berührung statt Kopfkino

Er verweist ausserdem auf die Bedeutung der Mode in der klassischen Wiener Moderne – etwa in den aufwändigen Kleidern, die Gustav Klimt wiederholt gemalt hat. Bekanntlich hat das Kunsthaus Zug davon einige Werke in der Sammlung Kamm, die sie beherbergt.

Das bekannte Gustav-Klimt-Bild von Adele Bloch-Bauer zeigt, wie wichtig den Wiener Secessionisten die Mode war.

Das bekannte Gustav-Klimt-Bild von Adele Bloch-Bauer zeigt, wie wichtig den Wiener Secessionisten die Mode war.

(Bild: zvg)

Und natürlich übt sich das Kunsthaus Zug immer wieder in Grenzgängen und Grenzüberschreitungen. Diesmal also in Richtung angewandte Kunst. Statt kunsthistorischen Konzepten steht bei Christa de Carouge das Berühren, Fühlen und handwerkliche Erschaffen im Vordergrund. Kein Kopfkino, sondern viel Sinnlichkeit.

Baumrinde gibt Idee für Stoff

Die Modeschöpferin zeigt in Zug Inspirationsquellen für ihre Kreationen – Baumrinde, chinesische Masken, japanische Stoffe. Oder die Kontakte zu Küsntlern wie Max Bill oder Pierre Soulages. Daraus sind sehr viele Kleidungsstücke entstanden, die an Kaftane, Burnusse, Kimonos oder Tunikas erinnern. Sie sind fast alle schwarz und weit. Das ist das Markenzeichen der Stilikone de Carouge.

Insprationsquellen von Christa de Carouge.

Insprationsquellen von Christa de Carouge.

(Bild: mam)

Kleider als Wohnung für den Körper schaffen will die als Christa Furrer geborene Designerin, wenn sie einen fünf Meter langen Schal schafft, oder einen Rucksack, den man als Kopfputz trägt.

Akzente in Rot und Gold

Ab und zu gibts auch mal einen Tupfer in grellen Farben. «Gold kommt in einer dunklen Umgebung viel besser zur Geltung», sagt Christa de Carouge, die am liebsten über die Produktion und Eigenschaften der Stoffe spricht, die sie verwendet. 

«Die Liebe ist am wichtigsten.»

Christa de Carouge, Stil-Ikone

Dabei fällt eine weiter Parallele auf: «Die Liebe zum Material und zu den Menschen ist am wichtigsten», sagt Christa de Carouge. Die Hingabe, mit der sie Seide oder Mikrofaser befühlt und beschreibt, erinnert an die Leidenschaft, mit der Matthias Haldemann als Kurator von Ausstellungen jeweils seine abstrakten Werke und konkreten Farbfelder anpreist.

Ausstellungssaal wird zur Garderobe

«Wir waren als Museum für bildende Kunst sehr gespannt, wie sie die Ausstellung bei uns gestalten würde,» sagt Haldemann. Indem sie einen Teil der heiligen Hallen in eine Garderobe umwandelt, lautet die Antwort. Im Südflügel hat de Carouge auf einer langen Stange Gewänder und Kleider zur Anprobe gehängt, in die die Besucher nach Lust und Laune schlüpfen dürfen – in einer Ecke liegen auch Schlafmäntel bereit.

 

Stimmen aus Zug: «Gute Sache», «allergrösstes Interesse»

«Überrascht» von der Ausstellung über die Modedesignerin Christa de Carouge zeigt sich die mit ihr befreundete Baarer Schmuckkünstlerin Brigitte Moser, welche de Carouge als «absolute Pionierin in der Schweiz» beschreibt. Eine gute Sache sei es allemal. Sie hoffe, dass die thematische Öffnung des Kunsthauses Zug von Dauer sei.

Natürlich steht de Carouge auch in einer Tradition von Künstlerinnen wie Meret Oppenheim, die sich mit Mode beschäftigte und in jener der russischen Avantgardistinnen Alexandra Exter, Ljubow Popowa, Olga Rosanowa und Nadeschda Udalzowa, die viel mit Textilien arbeiteten. Und sie erinnert auch an die New Yorker Stilikone Iris Apfel, die ebenfalls schon museal geadelt worden ist.

Von Moden unbeeinflusst

Dies sieht man auch in Zug: De Carouge verfolge eher einen künstlerischen als einen modeschöpferischen Ansatz, sagt die Modedesignerin Mirjam Roosdorp, die in Neuägeri arbeitet. «Mode ist immer Variationen unterworfen, auch wenn einzelne Stilmerkmale bestehen bleiben mögen.»

De Carouge habe indes ihren Ansatz und die Art ihres Arbeitens über Jahrzehnte lang konsequent weiter verfolgt, sagt Roosdorp. Ihre Modeschauen seien sehr ungewöhnlich und hätten einen «stark performativen Charakter».

Selbst sei sie in ihrer Arbeit von Christa de Carouge nicht beeinflusst worden, «aber selbstverständlich werde ich die Ausstellung mit allergrösstem Interesse besuchen».

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