Grammy-Nominierter vor der leeren Schüür

Spionagegeschichten und bitchige Instrumente: Bernhoft gibt auch alleine Vollgas

In Norwegen und in den USA ist Bernhoft sehr bekannt. In Luzern leider nicht. Und so fand das Konzert des Soulsängers in der Schüür-Bar statt im Saal statt. Für die, die da waren, gab’s dafür Lüftungsrohr-Loops und improvisierte Songs über Käse und Schokolade.

Es war der zweitletzte Abend seiner Europatournée. Den verbrachte Jarle Bernhoft (40), der als Bernhoft auftritt, gestern Abend in der Schüür in Luzern. Der Ausnahmemusiker, der als erster Nichtamerikaner je für einen Grammy für das beste R’n’B-Album nominiert wurde, vermochte in Luzern leider nicht das Publikum in die Schüür zu locken. So waren nur wenige dabei, als zuerst Soybomb eine halbe Stunde mit wohlklingenden Alternative-Pop-Songs den Abend einläuteten. 

Aber ob, wie letzten April, im proppenvollen Moods in Zürich oder vor einem kleinen Publikum in Luzern: Der Norweger Bernhoft gibt immer Vollgas. Und die Schüür-Besucher – das Konzert fand in der Bar statt im Saal statt – dankten es ihm, indem sie schon beim zweiten Song begeistert mitklatschten. Bernhofts Musik ist irgendwo zwischen Pop, Soul, Disco und R’n’B einzuordnen. Auf der Bühne steht er ganz allein – mit seinen Instrumenten, die er gestern bitchy nannte, weil sie nicht immer so wollten wie er. 

Mit Gitarre und Loop-Gerät

Alleine produziert Bernhoft am Anfang seiner Stücke erst seine Loops, entweder mit einer seiner Gitarren oder dem Synthi, dann entwickelt er nach und nach seine Lieder, mischt die Loops mit seinem Livegesang, variiert die Dynamik und spielt – offensichtlich sehr multitaskingfähig – mit seinen Geräten und Instrumenten. Einmal hängt ein Kabel auf den Synthi-Tasten und lässt so einen Ton erklingen. Bernhoft nimmt’s mit Humor und fängt nochmal von vorne an, angefeuert vom Publikum. 

Die wenigen Besucher kamen also, weil sie Bernhoft schon kannten. 

Zu hören waren in den guten 90 Minuten Konzertstücke von «Ceramic City Chronicles» (2008) bis zur aktuellen EP «Stop/Shutup/Shout it Out» (2016). Als er das Publikum aufforderte, es müsse jetzt tanzen, schrie ein Zuschauer schon «Fly away», das Stück, das er eben zum Tanzen spielen würde. Die wenigen Besucher kamen also, weil sie Bernhoft schon kannten. 

Wie Anke Moedt, die extra aus Zürich anreiste. «Ich habe ihn vor vier Jahren zum ersten Mal in Utrecht gesehen. Seine Musik hat mein Herz berührt. Ich weiss noch, wie ich nach dem Konzert daheim lag und die Musik ging mir einfach nicht aus dem Kopf», erinnert sie sich begeistert.

Beate Normann hatte zwar den Namen schon mal gehört, kannte aber Bernhofts Musik nicht. Sie war auf Empfehlung einer Kollegin da: «Ich bin imponiert über seine Professionalität, aber auch seine Ausstrahlung und Freude, die er beim Musikmachen rüberbringt. Auch bei einem kleinen Publikum», betont die gebürtige Norwegerin. Fabienne Angehrn hat das Konzert auch gut gefallen. «Ich kannte ein paar Lieder. Bernhoft ist auch witzig und charmant», erklärt die Luzernerin. 

Ein grossartiger Performer

Seine Musikalität stellte Bernhoft nicht nur im Umgang mit seiner Instrumentenpanne unter Beweis. Er scherzte fortwährend darüber, ob in der Lüftung über ihm wohl ein Spion sitze. Dann schlug er mit dem Mikrofon dagegen und mochte den Sound: Flugs nahm er ein paar Loops mit dem Lüftungsrohr auf und improvisierte einen Spionagefilm-Song, in dem es um Schokolade und Käse ging. Bei solchen Aktionen zeigt sich endgültig die hohe Professionalität und eben Musikalität des Norwegers. 

Durchgeschwitzt brachte der ganz in Schwarz Gekleidete das Publikum noch mehrmals zum Mitsingen, als dann nach drei Zugaben das Konzert wirklich zu Ende war. Wer Bernhoft verpasst hat, bekommt am 28. Januar im Nordportal in Baden eine nächste Gelegenheit.

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