Line-up in Rekordzeit

So spontan entstand das Musikprogramm von Luzern Live

Kilian Mutter ist zusammen mit seinen beiden Kollegen von der Orange Peel Agency verantwortlich für das Musikprogramm des Sommerfestivals Luzern Live. (Bild: jdi)

Fast 60 Bands werden im Juli während zehn Tagen in Luzern auftreten. Kilian Mutter, der für das Programm von Luzern Live verantwortlich ist, gibt Auskunft zum Line-up, das in Windeseile aufgestellt wurde.

Das Blue Balls ist Geschichte. Darum informierte der Vorstand von Luzern Live, dem Nachfolgefestival des Blue Balls, vergangenen Donnerstag die Presse darüber, wie er die Lücke im Luzerner Festivalsommer zu schliessen gedenke (zentralplus berichtete). Nachdem Themen wie Vereinsstrukturen, Finanzierung und Nachhaltigkeit des Festivals besprochen waren und Stadtpräsident Beat Züsli den Segen der Stadt Luzern gesprochen hatte, folgte die Präsentation des Musikprogramms.

Im mit Renaissance- und Barock-Verzierungen überzogenen Wintergarten des Hotels Schweizerhof brach Kilian Mutter, der das Booking des Festivals leitet, mit seiner legeren Kleidung die Schwere des Raums. Spätestens als CKays Afrobeats-Hit «Love Nwantiti» erklang und Kilian Mutter die musikalischen Höhepunkte des Festivals vorstellte, war der Kontrast perfekt.

Booking-Agentur im Interessenskonflikt?

Hinter dem Programm von Luzern Live steckt die Luzerner Orange Peel Agency. Nebst Kilian Mutter sind das Mike Walker, bekannt von der Luzerner Rap-Crew «GeilerAsDu» (zentralplus berichtete), und der Badener Adrian Erni, der jahrelang für die Booking-Agentur «Mainland Music» tätig war.

Als Booking-Agentur stellt die Orange Peel Agency nicht nur die Line-ups von Auftraggebern wie Luzern Live zusammen, sondern auch Tourneen für ihre «eigenen» Bands. Dazu gehören Black Sea Dahu oder Pablo Nouvelle, die seit Jahren fester Bestandteil der Schweizer Musikszene sind, aber auch Andryy, Barrio Colette oder Nola Kin. Sie alle treten bei Luzern Live auf.

«Von der Konzipierung des Programms bis zum Release des Line-ups sind nur drei Monate vergangen.»

Kilian Mutter, Booking-Verantwortlicher von Luzern Live

Ob da ein Interessenskonflikt entstanden ist? Mutter winkt ab: «Wir haben uns überlegt: ‹Welchen Act hätte auch eine andere Agentur gebucht?›» In den Fällen von Black Sea Dahu und Hermanos Gutiérrez sei klar gewesen: «Die beiden Bands machen im grossen Konzertsaal des KKL einfach Sinn.» Und weil der Fokus auch auf Schweizer Bands liege, hätten sich viele Bookings aufgedrängt – weil die Orange Peel Agency viele Schweizer Acts im Portfolio hat.

Vom Konzept zum Line-up in drei Monaten

In Windeseile haben die drei Booker der Orange Peel Agency das Programm der allerersten Ausgabe von Luzern Live zusammengestellt. «Von der Konzipierung des Programms über das Buchen der Bands bis zum Release des Line-ups sind nur drei Monate vergangen», sagt Kilian Mutter.

Dass der Booking-Prozess erst Anfang 2023 ins Rollen kam, hatte Folgen für Kilian Mutter und seine Kollegen. Viele Bands hatten zu diesem Zeitpunkt die Daten für den Festivalsommer bereits zusammen. Und: Bands, die ohnehin in der Schweiz unterwegs sind und Anschlussshows spielen können, treten teilweise an gefühlt jedem zweiten Open Air auf – was selbstredend die Attraktivität eines Bookings schmälert.

Um dem entgegenzuwirken, hat die Orange Peel Agency auf Exklusivität gesetzt. Nicht nur der nigerianische Afrobeats-Künstler CKay, sondern auch das Zürcher Duo Hermanos Gutiérrez sowie die britische Band The Kooks und Songwriterin Billy Nomates spielen im Sommer in Luzern – und sonst nirgends in der Deutschschweiz, wie Kilian Mutter gegenüber zentralplus verrät.

50 Cent in der Steeldrum-Version

Er geht davon aus, dass viele internationale Bands des Luzern-Live-Programms unter dem Radar anderer Open-Air-Booker fliegen würden. So werde auch die Bacao Rhythm & Steel Band nicht mehr als zwei Konzerte in der Schweiz spielen. Für Kilian Mutter ist die Band ein echter Geheimtipp. Ihr Konzept: Club- und Rap-Klassiker werden instrumental neu interpretiert.

Die Bacao Rhythm & Steel Band tritt im Hotel Schweizerhof auf. Dort singt auch Lady Blackbird, gemäss Kilian Mutter die neue Stimme des US-Souls. Ihre Shows seien so gut wie immer ausverkauft – zu Recht, wie er findet.

Schweizer Nachwuchsbands erhalten eigene Bühne

Hervorheben möchte Kilian Mutter auch Mary Middlefield. Die Indie-Rockerin aus Lausanne habe kürzlich im jungen Alter von 21 Jahren ein sehr überzeugendes Album herausgegeben. Sie wird auf der Europaplatz-Bühne spielen. Dort wird sich zeigen, was die Nachwuchsszene der Schweiz musikalisch zu bieten hat.

«Luzern kann besser abgebildet werden als von uns drei weissen, heteronormativen Männern.»

Kilian Mutter, Booking-Verantwortlicher von Luzern Live

Auf der Europaplatz-Bühne werden auch die Luzerner Rapper Mimiks und LCone oder die für einen Swiss Music Award nominierte Dana ihr Können unter Beweis stellen. Sie steht mit ihrer Nomination nicht alleine da: Hermanos Gutiérrez, Black Sea Dahu und Andryy könnten am Luzern Live ebenfalls mit einem der prestigeträchtigen Betonwürfel auftauchen. Die Swiss Music Awards werden Mitte Mai in der Zuger Bossard-Arena verliehen.

Mehr Frauen als Männer

Was beim Durchschauen des Line-ups auffällt: Mehr als die Hälfte aller Bands, die am Luzern Live auftreten, sind nicht männlich – was immer noch alles andere als selbstverständlich ist. Zuletzt gaben diesbezüglich die männlich dominierten Line-ups der Techno-Raves an der Fasnacht zu reden (zentralplus berichtete).

«Wir wollen uns nicht damit profilieren. Das sollte heutzutage nicht mehr der Rede wert sein», findet Kilian Mutter auf Nachfrage von zentralplus. Darum hätte er diese Tatsache an der Pressekonferenz unerwähnt gelassen.

Generell scheint die Vielfalt ein wichtiges Kriterium zu sein bei der Zusammensetzung des Musikprogramms des neuen Festivals. Darum wollen die Verantwortlichen für die Ausgabe 2024 einen Beirat ins Leben rufen, der verschiedenste Subkulturen und Interessensgruppen abdecken werde. «Luzern kann besser abgebildet werden als von uns drei weissen, heteronormativen Männern», begründet Kilian Mutter.

Traum-Booking für 2024 ist definiert

Luzern Live findet diesen Sommer zum allerersten Mal statt. Das Budget ist längst nicht so gross, wie es das des Blue Balls war. Doch sollte diesen Sommer alles wie geplant aufgehen, ist nächstes Jahr mit einem Ausbau des Line-ups zu rechnen. Kilian Mutter weiss schon, wen er an der nächstjährigen Ausgabe im KKL gerne spielen sähe: «‹The War On Drugs› wäre ein Traum-Booking», sagt er lächelnd, bevor er sich im Wintergarten des Hotels Schweizerhof wieder unter die Leute mischt.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Kilian Mutter
  • Website von Luzern Live
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4 Kommentare
  • Profilfoto von marius glatt
    marius glatt, 06.04.2023, 16:53 Uhr

    Vielleicht kriegt man es für 2024 hin, dass man mehr als nur 2,3 Acts kennt. 😉 Das Programm am Blue Balls war dann schon noch 2 stufen höher.
    Aber wir geben den Organisatoren natürlich noch etwas Kredit…

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  • Profilfoto von Yannick
    Yannick, 05.04.2023, 15:10 Uhr

    Etwas härterer Rock oder gar Metal wäre einmal wünschenswert gewesen. Das zieht immer Konzertgänger an.

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  • Profilfoto von Ferdinand, der Kater
    Ferdinand, der Kater, 05.04.2023, 12:15 Uhr

    1) Sie lassen alle Ihre eigenen Bands spielen
    2) keine musikalischen Zugpferde
    2) woke + divers scheint superwichtig zu sein

    Da es ein Verein ist, wird der zu erwartende finanzielle GAU auch nicht selber berappt werden.

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  • Profilfoto von mvonrotz
    mvonrotz, 05.04.2023, 10:46 Uhr

    Wenn das Line-up bewusst so geplant ist um «nur» die Jüngeren mitzunehmen, dann denke ich dass es funktioniert. Für mich «Älteren» ist aber da auf den 1. Blick nicht viel dabei, aber ich lasse mich überraschen. Aber keines der KKL Konzerte wird auf meiner Liste stehen!

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