Luzerner Stimmkünstlerin ist gefragter denn je

Selbst eine Grippe hält Isa Wiss nicht von der Bühne ab

Wenn's mit Stimme zu tun hat, fühlt sie sich wohl: die Luzernerin Isa Wiss.

(Bild: jwy)

Ob Jazz, Theater oder Performance – ob Krächzen oder Harmonie: Isa Wiss trifft den richtigen Ton. Aktuell steht sie mit verschiedensten Projekten auf Luzerner Bühnen. Dabei kann sie auf ihre starken Stimmbänder zählen und sie lebt die Vielseitigkeit. Auch wenn’s ihr gerade etwas zu viel wird.

In einer Performance legt sie los wie eine Maschine. «Memememememm … vrommmm.» In einem anderen Auftritt krächzt sie … fiept, schreit und quietscht bis zur Schmerzensgrenze. Und dann wiederum singt sie wunderbar-melancholisch «Dr Heimetvogel», begleitet von Kontrabass, Klarinette und Handorgel – «S hed en Vogel gsunge …»

Die Stimmkünstlerin Isa Wiss erreicht eine unglaubliche Vielfalt, es gibt wohl kaum eine Regung, ein Gefühl, ein Geräusch, das sie mit ihrer Stimme nicht erschafft. Jetzt sitzt sie bei einem Kaffee vis-à-vis und singt zwar nicht, aber auch wenn sie spricht, hört man ihrer Stimme gern zu. Sie klingt sanft und kräftig zugleich, spricht bestimmt, lacht beherzt.

In nächster Zeit wird man ihre Stimme mehrfach auf Luzerner Bühnen hören (siehe Box). Zweimal tritt sie im Kleintheater auf, wo sie als Quasi-«Artist in residence» der neuen Saison bezeichnet wurde (zentralplus berichtete). Einerseits mit dem Kinderstück «die Wörterfabrik», andererseits mit dem Albin Brun Trio, von dem obiges Lied stammt. Und im Oktober steht sie am Woerdz-Festival mit der Autorin Martina Clavadetscher auf der Bühne.

Albin Brun Trio & Isa Wiss:

 

Sparten sind künstlich, die Vielfalt normal

Isa Wiss ist nicht einfach Sängerin, sie bewegt sich zwischen Wort, Theater, Improvisation und Jazz. «Diese Vielseitigkeit interessiert mich», sagt sie, darum sei ihre Arbeit oft ein Umherspringen im Kopf. «Das ist manchmal streng, aber es hält frisch und wach.»

Berührungsängste kennt sie nicht – doch in welcher Sparte ist sie am ehesten zuhause? Sie lacht laut, als ob die Frage völlig absurd wäre. «Das werde ich immer wieder gefragt, so lustig, ich überlege mir das gar nicht», sagt sie. Für sie sind Sparten etwas Künstliches, die Vielfalt die Normalität. «Ich bin einfach bei der Stimme daheim, die kann man ausgesprochen vielseitig einsetzen. Wo’s mit Stimme zu tun hat, fühle ich mich meistens wohl.» Diese Vielfalt bringt es auch mit sich, dass Isa Wiss stets viel um die Ohren hat. Gerade etwas zu viel, wie sie schon vor dem Treffen angekündigt hat.

Töne und Zahlen

Vor allem die «Wörterfabrik» hält Isa Wiss zur Zeit auf Trab, wo sie dreifach eingespannt ist: als Spielerin, Initiantin und auch die Produktionsleitung hat sie übernommen. «Das wurde etwas viel mit dem Budget und den Zahlen, alles fällt auf mich zurück», sagt sie.

Aber es ist ein Herzensprojekt, das sie schon lange verfolgt – und es steht sinnbildlich für das breite Wirken von Wiss: Sie arbeitet mit Kindern, vereint Theater und Musik, und es dreht sich um Worte. «Das Stück nach der Vorlage eines Bilderbuchs wollte ich seit fünf Jahren umsetzen», sagt sie – nun ist die Zeit gekommen.

Die Equipe Wiss zeigt im Kleintheater das Stück «Die Wörterfabrik».

Die Equipe Wiss zeigt im Kleintheater das Stück «Die Wörterfabrik».

(Bild: zvg/Ingo Höhn)

Damit das Kreative nicht zu kurz kommt

Besteht nicht die Gefahr, dass vor lauter Papierkram und Organisatorischem das Kreative leidet? «Wenn ich spielen will, gehören Administration, Mittelbeschaffung sowie Akquise dazu. Klar, das braucht Zeit und oft einen kühlen Kopf», sagt die 40-Jährige. Aber wenn sie auf der Bühne stehe, seien Zahlen, Daten oder Dossiers sofort vergessen.

Es gehört zu ihrem Job, dass sie auf vielen Hochzeiten gleichzeitig tanzt. Beim einen Stück beginnen die Proben, ein altes Projekt kommt unerwartet wieder auf und dazwischen gibt sie noch Konzerte. «Aber ich kann die verschiedenen Rollen recht gut trennen», sagt sie.

So vielfältig ist Isa Wiss› Stimme:

 

2019 soll es dann etwas ruhiger werden, die Engagements werden weniger. «Ich werde mich zurückziehen können, um in Ruhe zu überlegen, was ich künstlerisch angehen will. Ich werde sinnige und unsinnige Recherchen betreiben und dem Lustprinzip folgen können», sagt sie.

Auf der Bühne in Luzern

Isa Wiss ist im September mit zwei verschiedenen Formationen auf der Kleintheater-Bühne zu sehen:

Am 16. und 23.9. mit der Equipe Wiss und dem Kinderstück «Die Wörterfabrik» (ab 4 Jahren). Wiss tritt als Fabrikchefin und Herrin über die Wörter im Stück auf. Regie: Corsin Gaudenz.

Am 27.9. zusammen mit dem Albin Brun Trio für die CD-Taufe des neuen Albums «Lied.Schatten».

Am 18.10. tritt sie zudem am Spoken-Word-Festival Woerdz mit Martina Clavadetscher im Südpol auf. Dort zeigen die Beiden eine aktuelle Werkschau ihres Schaffens.

Dass Isa Wiss heute viel mehr nach dem Lustprinzip vorgeht, musste sie sich über die Jahre erarbeiten. Sie unterrichtet kaum noch, sei heute freischaffend und Mama – das reiche. Neben allen Anfragen seien ihre eigenen Projekte etwas zu kurz gekommen. «Nun steht aber eine neue Band in der Anfangsphase», sagt sie freudig, will aber noch nicht zu viel verraten. Nur so viel: «Ich habe wieder Lust auf eine Formation, die eng und konstant zusammenarbeitet.»

Es geht immer irgendwie

Besondere Pflege benötigt Isa Wiss› Stimme nicht, sie könne auf robuste Stimmbänder zählen. «Ich bin auch schon mit Grippe auf der Bühne gestanden, auch das ging irgendwie», sagt sie.

Sie achte einfach darauf, dass sie die Stimme nicht überstrapaziere. «Gerade in so dichten Zeiten wie jetzt besteht die Gefahr, dass sich eine Müdigkeit einschleicht.» Darum gönnt sie sich Auszeiten, in denen sie nicht singt. «Die Stimme ist mein Instrument. Sie ist für mich da und ich schaue zu ihr – aber nicht übermässig.»

Zusammen am Woerdz: Martina Clavadetscher (links) und Isa Wiss.

Zusammen am Woerdz: Martina Clavadetscher (links) und Isa Wiss.

(Bild: zvg/Ingo Höhn)

Ein Preis aus dem Nichts

Ende 2017 hat Isa Wiss den mit 10’000 Franken dotierten Luzerner Jazzpreis erhalten – für ihre stimmliche Vielseitigkeit und die Power in ihrer Improvisation. «Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass meine Vielseitigkeit ausgezeichnet wurde», sagt sie. Sie fühle sich der improvisierten Musik sehr verbunden, sei aber keine klassische Jazzsängerin, sagt die Winterthurerin, die 2005 nach ihrem Master an der hiesigen Musikhochschule in Luzern hängengeblieben ist.

Der Preis sei aus dem Nichts gekommen – und er sporne sie weiter an. Isa Wiss sagt bescheiden: «Es war eine Bestätigung, dass ich trotz gelegentlichen Zweifeln auf einem stimmigen künstlerischen Weg bin. Und dass es Menschen gibt, welche diesen Weg mit Interesse verfolgen.»

«Die Vielseitigkeit interessiert mich»: Stimmkünstlerin Isa Wiss.

«Die Vielseitigkeit interessiert mich»: Stimmkünstlerin Isa Wiss.

(Bild: jwy)

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