Umbau-Projekt: Kultur statt Autobahn

Schüür läutet neue Ära in der Luzerner Stadtplanung ein

Zelebrierten den Spatenstich: Baudirektorin Manuela Jost und Anouk Müller, Tochter des langjährigen Schüür-Chefs Tom «Gisi» Gisler und jüngste Moderatorin des Kulturradios 3Fach. (Bild: bic)

Am Montagmorgen ist der Spatenstich zum Um- und Ausbau des Konzerthauses Schüür in Luzern erfolgt. Es wird nicht nur ein neues Kapitel Luzerner Kultur aufgeschlagen, sondern ein altes Kapitel Verkehrspolitik definitiv beendet.

Die altehrwürdige Schüür am Ende der Langensandbrücke gehört mittlerweile zur Stadt Luzern wie der Wasserturm oder das KKL. Seit knapp 30 Jahren belebt das Konzerthaus die Stadt, für Generationen von Luzerner Künstlerinnen war und ist sie quasi das Mutterschiff – bisher aber nur provisorisch. Nun wird sie aus- und umgebaut. Vier Millionen Franken steckt die Stadt in das Projekt (zentralplus berichtete). Der Baukredit war eine der wenigen Vorlagen, die im Stadtparlament in den vergangenen Jahren einstimmig und ohne jeglichen Widerstand angenommen wurden.

Diesen Montag erfolgte nun der Spatenstich. Geladen waren Gäste aus Kultur und Politik, die in der Stadt Luzern untrennbar miteinander verbunden sind, wie sich auch an dem Anlass zeigte. Den musikalischen Auftakt machte der Luzerner Musiker und Produzent Tobi Gmür. Es war sein 64. Auftritt in der Schüür; er hoffe, dass er dereinst die 100 schaffe. «Mit dem Bauprojekt für eine lange Zukunft bin ich guter Dinge, dass mir das gelingen wird», sagte Gmür vor den Anwesenden.

Die nächste Generation steht in den Startlöchern

Dass die Schüür nun definitiv ein Generationenprojekt wird, zeigte sich symbolisch daran, dass Anouk Müller zusammen mit Baudirektorin Manuela Jost (GLP) den Spatenstich durchführen durfte. Müller ist die Tochter des langjährigen Schüür-Chefs Tom «Gisi» Gisler und jüngste Mitarbeiterin des Luzerner Jugend- und Kulturradios 3Fach. Musikalisch umrahmt wurde der Akt von Noah Thöny, dem jüngsten Musiker, der 2020 in der Schüür aufgetreten war.

Der Ausbau des Konzerthauses ist auch ein Meilenstein für die künftige Stadtplanung. Zur Erinnerung: Die Schüür startete 1992 als Zwischennutzung und sollte nur so lange Bestand haben, bis der Südzubringer (Spange Süd) realisiert würde, dessen Einfahrt exakt auf dem Areal zu liegen gekommen wäre. Die andere Ausfahrt wäre beim Eichwäldli gewesen.

So wird die Schüür aus- und umgebaut:

Am Montag gab es folglich einen Abgesang auf das nicht mehr zukunftsfähige und politisch gestorbene Strassenprojekt. Wie die ehemalige zentralplus-Journalistin Jana Avanzini in ihrer Rede sagte, bedeute dessen Ende nicht nur für die Schüür eine langfristige Zukunft, sondern offenbare ebenso eine neue Sichtweise auf die Verkehrsplanung in der Agglomeration.

«Wir beerdigen die Spange Süd und gebären gleichzeitig die Schüür ohne Ablaufdatum.»

Jana Avanzini, Luzerner Journalistin

«Sang- und klanglos, nicht so wie ihre berühmte Schwester Spange Nord, hat sich die Spange Süd nun verabschiedet. Obwohl anno 2003 unter dem klingenden Titel Luzern macht mobil eigentlich alles so schön begonnen hatte», sagte Avanzini. Ab 2015 hätte die Spange Süd gemäss den damaligen Plänen für 230 Millionen Franken realisiert werden sollen mit dem Ziel, die Innenstadt vom motorisierten Individualverkehr zu entlasten.

Letztlich sei sie aber eine Planungsleiche geblieben, die zwei Studien mit Kosten von 121'000 und 49'000 Franken zurücklasse. «Tod und Geburt stehen hier vor der Schüür also einmal mehr so nahe beieinander wie in der Natur. Wir beerdigen die Spange Süd und gebären gleichzeitig die Schüür ohne Ablaufdatum», so Avanzini.

Journalistin Jana Avanzini bei ihrer Rede (Bild: bic).

Dass die Verantwortlichen Jana Avanzini für die Rede ausgewählt haben, hatte ebenfalls symbolische Bedeutung. «Die junge Journalistin nahm nicht hin, dass der Multimillionär Jørgen Bodum sie wegen ihrer Berichterstattung im Zuge der Besetzung seiner Villen angezeigt hatte. Letztlich gewann sie vor Bundesgericht», sagte Schüür-Chef Marco Liembd. Und weiter: «Diese Geschichte passt zu unserem Haus. Kämpfen, nicht aufgeben und weitermachen, obwohl es zuerst Nein heisst, gibt einem noch mehr Motivation, ein Projekt voranzutreiben.»

Todesdrohungen wegen der Spange Süd

Ins gleiche Horn stiess Hannes Sigrist vom Schüür-Rat: «Ich bin seit 20 Jahren mit der Schüür verbunden und habe immer wieder gesehen, dass hier ein enormer Machergeist am Werk ist. Ich erkläre mir diesen hauptsächlich mit der Tatsache, dass es die Schüür eigentlich gar nicht mehr geben sollte und sie eigentlich nie länger als zehn Jahre hätte existieren sollen.» Als wegen der Spange Süd gegenüber der Schüür Todesdrohungen im Raum standen, sei aber das Gefühl gewachsen, dass man nun erst recht Gas geben wolle, so Sigrist.

Schüür-Rat Hannes Sigrist (Bild: bic).

An dieser Stelle richtete er auch einen Dank an Stadträtin Manuela Jost, die das langfristig ausgerichtete Bauprojekt seit Beginn konsequent vorangetrieben habe. Sigrist: «Hier könnte heute eine Autobahn stehen. Stattdessen realisieren wir nun aber einen nachhaltigen Ausbau unseres Kulturhauses.»

Gekommen, um zu bleiben

Jost nahm ihrerseits den Ball auf: «Lockerlassen war für mich und mein Team in den letzten Jahren nie eine Option. Im Namen des Stadtrates bedanke ich mich dafür, dass so viel Herzblut in das Haus gesteckt und immer wieder musikalische Highlights nach Luzern geholt werden, die eine Ausstrahlung über die Region hinaus entfalten», sagte Jost.

Die Schüür habe es geschafft, das Haus zu einem wichtigen Treffpunkt für die Luzernerinnen und Luzerner zu machen. Deshalb sei sie überzeugt, dass die Schüür mit der Erweiterung endlich die passende Infrastruktur bekomme, damit der Betrieb effizient geführt werden könne. «Gekommen, um zu bleiben: Dieser Aussage von Marco Liembd bei der Projektpräsentation im Frühling schliesse ich mich deshalb sehr gerne an», so Jost.

Gleich nach Manuela Josts Ansprache übernahmen die Gerüstbauer. Während des Umbaus ist die Schüür jeweils von Donnerstag bis Samstag offen (Bild: bic).
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 02.08.2021, 17:25 Uhr

    Wusstet ihr auch, dass die Schüür eine Rossstallung war, die Kutschen zogen und bei der Villa lange Zeit Schafe weideten.
    Und unterhalb eine Altpapierhandlung wo ich mein Sackgeld verdiente und es kaum Tanzlokale gab.
    Habt Geduld mit den älteren Leuten, sie hatten nicht die Hälfte der Angebote wie heute. Natel und Computer schon gar nicht

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