Potenzial zuwenig ausgeschöpft?

Radio 3Fach will das Jugendhaus Treibhaus übernehmen

Das Jugendhaus Treibhaus in Luzern: Radio 3Fach will frischen Wind und wünscht die Übernahme. (Bild: rm)

Das Jugendradio 3Fach in Luzern will beim städtischen Jugendhaus Treibhaus in Luzern einsteigen. Der Sender findet, dass das Luzerner Jugendhaus sein Potenzial nicht ausschöpft. Ob es zu einer «unfreundlichen Übernahme» kommt oder zu einer intensiven Kooperation, ist noch offen. Klar ist: 3Fach legt der Stadt Ideen auf den Tisch, die mehr Leben ins Treibhaus bringen sollen. Das Leitungsteam reagiert verschnupft.

So schnell kommen Kulturschaffende zu neuen Ideen. «Ich war an einem Recherchekurs an der Schweizer Journalistenschule Maz in Luzern, und beim Herumsurfen fand ich heraus, dass das Treibhaus unter Besucherschwund leidet.» Die Recherche liefert jetzt den Boden für eine neues Projekt.

Die Clicks am Computer machte Daniel Glur, Programmleiter bei Radio 3Fach. Und er handelte schnell. «Vor zwei Wochen haben wir der Stadt Vorschäge unterbreitet, wie wir das Jugendhaus lebendiger machen könnten. Wir sind überzeugt, dass wir nahe an der Zielgruppe des Jugendhauses sind und dass wir unsere Erfahrungen in der Jugendkultur gewinnbringend einbringen können.»

Kommt es zu einer unfreundlichen Übernahme? Daniel Glur von Radio 3Fach sagt dazu: «Unser Vorschlag an die Stadt Luzern ist, dass wir das Jugendhaus von der Stadt «zurück wollen» und es selber führen möchten. Am kommenden Montag haben wir eine Sitzung mit der Stadt, dort wollen wir das weitere Vorgehen besprechen.»

Kulturveranstalter mit Radiostation

Klar ist, dass Radio 3Fach den heute schon wichtigen Konzertbetrieb im Jugendhaus Treibhaus neu ausrichten würde. «Als Macher eines Jugendradios haben wir das bessere Gespür für Konzerte», sagt Daniel Glur.

Jugendhaus Treibhaus

Das Jugendhaus Treibhaus neben dem VBL-Depot im Tribschenquartier existiert seit 2004. Zuvor gab es während 24 Jahren das Jugendhaus Wärchhof im selben Quartier.

Das Treibhaus soll gemäss Beschreibung auf dem Stadtportal die Eigeninitiative und den Mut zur Selbstverwirklichung der Jugendlichen fördern. Es soll  Treffpunkt für eine selbstbestimmte Freizeit von Besucherinnen und Besuchern sein, die sich gestalterisch, musikalisch und/oder kulturell betätigen wollen. Neben Konzerten und anderen Aktivitäten werden auch die Hausbeiz und der Mittagstisch von Jugendlichen betrieben.

Radio 3Fach wird seit bald 15 Jahren ausschliesslich von Jugendlichen betrieben. Dabei gibt es eine Altersguillotine: Die Macherinnen und Macher dürfen nicht älter als 25 Jahre sein. Träger des Radios ist ein Verein. Radio 3Fach wird nicht durch Werbung finanziert. Das Radio bietet laut Eigenwerbung «Kontrast zu den bestehenden Radioprogrammen rund um Luzern».

Dabei hat das Radio Radio 3Fach einen Trumpf in der Hand, der bei andern Veranstaltern blanken Neid auslösen dürfte: Das Radio könnte mit den Konzerten im Treibhaus live auf Sendung gehen. Das Jugendradio wäre damit wohl der erste Schweizer Kulturveranstalter mit eigener Radiostation. «Das ist eine der Ideen», bestätigt Daniel Glur von Radio 3Fach.

3Fach könnte aus einem guten Fundus schöpfen. Gemäss der letzten Hörerzahlenerhebung von 2011 erreicht das Jugendradio in der Agglomeration Luzern 21’800 Hörerinnen und Hörer. Genauso wie der Radiobetrieb würde auch der Konzertbetrieb im Treibhaus nicht als kommerzielle, sondern als kulturelle Leistung erbracht.

Verschnupfte Treibhaus-Crew

Unklar ist, wie die derzeitige Führungscrew im Jugendhaus Treibhaus die Offensive von 3Fach aufnimmt. Gemäss Recherchen von zentral+ reagiert sie verschnupft und fühlt sich «übergangen». Bestätigen will das die Treibhaus-Leiterin Martina Aregger nicht. «Wir nehmen keine Stellung», erklärt Martina Aregger und verweist für Informationen an die Stadtbehörden.

Dort hat man offene Ohren für die Ideen von Radio 3Fach. «Mich fasziniert, wie die Leute von Radio 3Fach Kultur machen», sagt Regula Wyrsch, Leiterin der Dienststelle Kinder Jugend Familie der Stadt. «Die entwickeln sehr viel Eigeninitiative und neue Ideen.»

Partizipation im Treibhaus erhalten

Wie weit sich allerdings die Macherinnen und Macher von3Fach bei der Stadt Gehör verschaffen können, ist offen. «Wir müssen die Ideen prüfen, es gibt verschiedene Möglichkeiten der Zusammenarbeit», sagt Regula Wyrsch. Sie erinnert jedoch auch daran, dass das Jugendhaus Treibhaus einen Leistungsauftrag der Stadt hat. «Die soziokulturellen Anliegen gehören zu diesem Auftrag, das sind Rahmenbedingungen, die wir nicht einfach sausen lassen.»

Für Regula Wyrsch von der Stadt ist klar, dass das Jugendhaus Treibhaus nicht einfach zu einem «Südpol-Junior» werden darf. Ein wichtiges Element im Treibhaus sei die Partizipation der Jugendlichen. «70 bis 80 Jugendliche entwickeln im Treibhaus ihre Aktivitäten, die wollen wir nicht einfach ausbremsen.»

Das ist durchaus auch im Sinne von Daniel Glur von Radio 3Fach. Er sagt: «Bestehende Aktivitäten, die gut funktionieren, möchten wir erhalten. Wir wollen nicht das ganze Konzept des Treibhauses über den Haufen werfen.»

3Fach will günstiger wirtschaften

Offen ist für die Stadt, ob sie den Betrieb des Jugendhauses nicht sogar öffentlich auschreiben müsste. Dies jedenfalls sind Überlegungen, die sich die städtische Dienststellenleiterin Regula Wyrsch macht. «Wir können das Treibhaus nicht einfach unter der Hand einem Interessenten zuschieben.»

Der Stadt könnte allerdings ein Zuschlag für Radio 3Fach gelegen kommen. Denn das Kulturradio will mit weniger Geld auskommen als die bisherige Treibhaus-Crew. Wieviel weniger die Stadt zahlen müsste, kann heute noch niemand abschätzen.

Ein heisses Eisen ist offensichtlich die Einschätzung der Arbeit der bisherigen Treibhaus-Crew. Klar ist, dass der Zahl der Besucherinnen und Besucher pro Veranstaltung gesunken ist (Geschäftsbericht 2011 der Stadt Luzern). Doch Klartext sprechen will niemand. «Das Treibhaus ist halt städtisch», sagt dazu Daniel Glur bloss.

Heisst das, dass das Treibhaus «verbeamtet» ist? «Ich gebe keine Bewertungen ab», sagt Daniel Glur dazu, und bekräftigt: «Wir sehen viele Möglichkeiten, das Treibhaus lebendiger zu machen.» Und Regula Wyrsch von der Stadt sagt einzig, beim Treibhaus könne auch mit dem heutigen Team eine weitere Entwicklung erfolgen. Aber: «Wir sind bereit, mit den Leuten von Radio 3Fach das Entwicklungspotential auszuloten.»

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