Bilanz der Zwischennutzung am Seetalplatz

Platzhalter des NF49 in Emmenbrücke räumen das Gelände

Greg Zeder (links) und Simon Schurtenberger waren die letzten Geschäftsleiter der Zwischennutzung NF49 am Seetalplatz. (Bild: sae)

Nach vier erfolgreichen Betriebsjahren endet die Zwischennutzung NF49 am Seetalplatz diesen November. Die Geschäftsleiter Simon Schurtenberger und Greg Zeder ziehen im grossen Rückblick Bilanz zum Kultur- und Arbeitsprojekt und erzählen von den Höhepunkten, aber auch den Tiefschlägen ihrer Zeit.

Entlang der kleinen Emme, wo der Fluss in die Reuss mündet, entsteht an den Brücken von Luzern nach Emmen ein neuer Stadtteil. Über mehr als zehn Jahre hinweg wird in einem der umfassendsten Bauprojekte der Schweiz das Strassennetz erweitert und ein neues Wohn- und Arbeitsquartier sowie neue Infrastrukturen für öffentliche Einrichtungen gebaut.

Am Seetalplatz, auf dem ein Grossteil des kantonalen Verkehrs zusammenfliesst, begann die grosse Neugestaltung in Emmenbrücke. Ab nächstem Jahr baut der Kanton Luzern hier ein zentrales Verwaltungsgebäude für rund 1'400 Mitarbeiterinnen. Vor dem Baustart durfte der Verein «Platzhalter» einen Teil der Brache vier Jahre lang mit der Zwischennutzung NF49 beleben (zentralplus berichtete).

NF49 lockte 25'000 Besucher an

Diesen November endet das temporäre Arbeits- und Kultur-Projekt auf dem Seetalplatz. «Das Experiment ist inhaltlich, betrieblich und auch finanziell erfolgreich abgelaufen», sagt Vereinspräsident Ralph Eichenberger. Eine grosse Containeranlage bot auf 512 Quadratmetern Raum für Arbeitsplätze und Ateliers, die durchgängig vermietet waren.

Auf dem gesamten Gelände, das einen Viertel grösser ist als ein Fussballfeld, fanden im Schnitt jedes Wochenende ein bis zwei Veranstaltungen mit insgesamt rund 25'000 Besucherinnen statt. Die erfolgreiche Zeit sei «vielseitig», aber auch «herausfordernd» gewesen, sagen die beiden Co-Geschäftsleiter von NF49 am Seetalplatz Simon Schurtenberger und Greg Zeder.

Das NF49 am Seetalplatz versuchte die graue Umgebung auf der Baubrache mit Farbe und lebendigen Inhalten aufzufrischen. (Bild: Elia Saeed)

Bunte Vielfalt hinter grauer Fassade

Wer von aussen an die grau-weisse Containerwand schaute, konnte kaum erahnen, wie bunt es dahinter war. «Wir hatten eine sehr vielseitige Mieterschaft», erzählt Simon Schurtenberger, «vom Architekturbüro zum Musik- oder Yoga-Studio über Massage, Kosmetik bis zum Siebdruck». Die Räume variierten von elf bis zwölf Quadratmeter grossen Einzelcontainer zum Dreifachen dieser Fläche und kosteten je nach Ausstattung zwischen 150 und 1'000 Franken.

«Der Bedarf vor allem an bezahlbaren Räumen für Ateliers ist extrem hoch», sagt Schurtenberger. «Die Idee dieses Projekts war, dass man ohne grosse Risiken etwas ausprobieren konnte. Ein paar Sachen klappten, andere nicht.» Ein prominentes Beispiel sei das Urban-Gardening-Projekt, das missglückte.

Der geplante Garten versandete

«Das Ziel wäre gewesen, dass sich jemand um den Garten kümmert und er schön gepflegt ist.» Zu Beginn sei die Motivation bei den interessierten Projektgestaltern gross gewesen, dann aber verlief das Ganze wortwörtlich im Sande. «Solche Dinge haben wir mehrmals erlebt», sagt Greg Zeder. «Das ist aber auch nicht schlimm und darf so sein. In Zwischennutzungen müssen solche Sachen Platz haben.»

Ein ausgeprägtere Begrünung hätte dem NF49 am Seetalplatz sicherlich gutgetan. «Finanziell wäre es wohl eine riesige Geschichte geworden», merkt Zeder an. Trotzdem findet er: «Vielleicht hätte es bunter sein müssen, auch um die Vielseitigkeit des Platzes nach aussen besser widerzuspiegeln.»

Die Belebung auf dem Seetalplatz gelingt

Erst mit der Buvette und der Kuppel hätten die Leute gemerkt, dass auf dem Platz regelmässig etwas los sei, sagt Zeder. Die Geschäftsleitung, bei der zwei Stellen zusammen ein 100-Prozent-Pensum abdeckten, bemühte sich um die Belebung des Orts. Mit geringen Mitteln sei eine kleine Oase geschaffen worden, die andere Mieterinnen dazu motivierte, dort etwas zu veranstalten. «Plötzlich hatten wir dadurch zwei bis drei Events im Aussenbereich, wo vorher nur ein Asphaltplatz gewesen war», erinnert sich Zeder.

«Man muss sich auf die Aufgaben einlassen, sonst wäre man hier wortwörtlich fehl am Platz.»

Greg Zeder

«Die Highlights waren die Tage, an denen grosse Events funktionierten oder mehrere Events nebeneinander stattfinden konnten», sagt Schurtenberger. «Der Platz hier und das Angebot waren sehr wandelbar – zwischen Theater, Lesung und Day-Dance Partys gab es so viel Verschiedenes.» Schurtenberger schwärmt von Tagen mit toller Stimmung wie beim Public-Viewing für die EM oder als Familien mit Kindern zum Zirkus kamen.

«Das hat dazu geführt, dass der Platz wirklich belebt wurde.» Besonders die Samstage im Sommer seien bei Veranstalterinnen sehr begehrt gewesen, erzählt Zeder. Dann sei man «regelmässig mit Anfragen überflutet» worden.

Schwerer Stand für Gastronomie

«Manchmal weiss man am Morgen nicht, was einen am Tag hier erwartet», sagt Zeder. «Man muss sich auf die Aufgaben einlassen, sonst wäre man hier wortwörtlich fehl am Platz.» Nebst den Folgen der Pandemie gab es in dieser Zeit auch Meinungsverschiedenheiten mit der «Einfach Eventgastro GmbH», die das Konzert- und Eventlokal «Magazin» und damit ein Kern-Angebot der Zwischennutzung betrieb (zentralplus berichtete). Bevor der Konflikt jedoch eskalierte, wurde eine Einigung erzielt. «Wir haben stets versucht, aus jeder Situation auf dem Platz das Beste zu machen», sagt Zeder.

Das gastronomische Angebot bei NF49 am Seetalplatz hatte grundsätzlich einen schweren Stand. Alle, die einen Mittagstisch anbieten wollten, «mussten am Ende sagen, dass es sich für sie nicht rechnet», erzählt Zeder. «Es ist generell schwierig, dass etwas auf Anhieb funktioniert», sagt Schurtenberger. Essens-Angebote müssten sich erst etablieren, was bei einem befristeten Platz schwierig sei.

Das «Magazin» war Bar, Bistro und Eventlocation in einem.
Das «Magazin» war Bar, Bistro und Eventlocation in einem. (Bild: Elia Saeed)

Aber es gab auch kulinarische Erfolgsgeschichten wie das «World Food Festival» mit Essensständen auf dem gesamten Gelände. «Das war logistisch gesehen die grösste Herausforderung», erzählt Schurtenberger. «Dort hatten wir fast 40 Stände. Jeder davon brauchte Strom und es gab lastwagenweise Material.»

Eine Zwischennutzung ohne Nachfolge

Die Guggenmusik «Schügumugger Ämme» hält mit 1'500 Menschen aufs Mal den Platzrekord des NF49 am Seetalplatz. Am gesamten «SchüguFäscht» im Frühjahr 2020 kamen rund 3'000 Leute zusammen. Da der Vertrag mit dem Kanton für die Zwischennutzung noch bis Januar läuft, werden die Schügumugger voraussichtlich auch das allerletzte Event auf dem Gelände durchführen. Die Proberäume des Fischermanns Orchestra werden ebenfalls so lange wie möglich bestehen bleiben. Die Dauermieter werden nach und nach zu ihren Anschlusslösungen weiterziehen.

Die Zwischennutzung auf dem Seetalplatz verhalf so manchem Kleinunternehmen zum Erfolg. Der Lieferservice von «Disco Pizza» konnte dank seines Standorts hier expandieren. Ein Pilzlabor sorgte weitläufig für Schlagzeilen (zentralplus berichtete). «Wir erhalten jede Woche zwei Anfragen, ob wir den Kontakt von Patrick Mürner hätten», schmunzelt Zeder.

Die Video-Produktionsfirma «Madcom», die sich im Gross-Container eingemietet hatte, konnte hier wachsen und wird künftig auf die Dienste von Simon Schurtenberger zählen können, der nach seinem Geschäftsleitungsmandat beim NF49 für sie arbeitet.

Offene Zukunft für das eingespielte Team

Angesprochen auf die Zukunft einer nächsten möglichen Zwischennutzung des Vereins Platzhalter, sagt Greg Zeder: «Wir haben ganz fest darauf gehofft, dass es hier in Emmenbrücke weitergeht.» Gerne hätte man die am besten funktionierenden Ideen an einem neuen Standort weiterleben lassen. Jedoch habe man keinen passenden Ort für eine genügend lange Dauer gefunden.

«Für ein oder zwei Jahre lohnen sich die Investitionen nicht», sagt Zeder, der mit seinem Musik-Label «Little Jig Records» und einem Engagement für das Konzerthaus Schüür weitere Standbeine hat. «Ich bin hiernach nicht arbeitslos und habe wieder Zeit für neue Sachen.» Und Schurtenberger meint: «Wir sind ein eingespieltes Team.» Deshalb sei klar, dass sie auch in Zukunft wieder zusammenarbeiten würden – vielleicht sogar irgendwann mal wieder für eine neue Zwischennutzung.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Simon Schurtenberger und Greg Zeder
  • Medienmitteilung zum Ende des NF49 am Seetalplatz
  • Internetrecherche zu bisherigen Projektmeldungen
  • Website NF49 am Seetalplatz
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