Blue Balls

Peter Doherty: Luzern wappnet sich für den «Royal Junkie»

Peter Doherty in seinem Element. Man kann gespannt sein auf seinen Auftritt am Sonntag am Blue Balls. (Bild: Facebook/Peter Doherty/Raphael Bellard)

Das Blue Balls ist in vollem Gang. Das berühmte Luzerner Festival kann sich auch dieses Jahr mit namhaften Künstlern schmücken. Einer davon ist Peter Doherty. Am Sonntag tritt der berüchtigte britische Skandalrocker erstmals in Luzern auf – und dann gleich im edlen KKL-Konzertsaal. Ob das gut geht?

Den Fedora-Filzhut tief ins Gesicht gezogen, die kindlichen Kulleraugen von den schweisstriefenden Fransen zugeklebt, schreit Peter Doherty ins Mikrofon: «Fuck forever.» Die gleichnamige Hitsingle bildet jeweils den Höhepunkt der Konzerte des Enfant terrible der britischen Musikszene. Und gleichzeitig verkörpern die beiden Worte den Charakter des eigenwilligen Singer-Songwriters äusserst treffend: Er pfeift auf alles, steht offen zu seiner Heroin- und Kokainsucht und lebt, als wäre er unverwundbar. Forever.

Ungewissheit vor jedem Konzert

Am Sonntag gastiert Doherty (Dokerti ausgesprochen) zum ersten Mal in Luzern und wird im KKL eines seiner seltenen Konzerte spielen – ein Highlight des diesjährigen Blue Balls Festival. Auch wenn im August das neue, dritte Album seiner Band Babyshambles erscheinen soll, wird er in Luzern solo auftreten.

Trotz der Vorfreude seiner Fans, schwingt vor Dohertys Konzerten auch stets eine Ungewissheit mit: Wird er auch tatsächlich auftreten?

Denn beim «Royal Junkie», wie man Doherty in seinem Heimatland England nennt, weiss man nie, was passieren wird. Der drogensüchtige Musiker und Ex-Freund von Topmodel Kate Moss, verpasst schon mal den einen oder anderen Auftritt – mal weil er im Gefängnis sitzt, mal weil er so zugedröhnt ist, dass er unfähig ist, ein Konzert zu spielen. Wenn der 34-Jährige den Weg auf die Bühne aber findet, dann kann sich das Publikum auf einen musikalischen Leckerbissen gefasst machen.

Zwischen Genie und Wahnsinn

Auch Urs Leierer, Direktor des Blue Balls, ist auf den Auftritt gespannt: «Peter Doherty ist ein begnadeter Singer-Songwriter, der zwischen Genie und Wahnsinn taumelt.» Worauf man auch neugierig sein darf, ist, wie sich Doherty im pompösen KKL-Konzertsaal machen wird. Dort, wo sich sonst Herren und Damen in edlen Roben mit klassischer Musik von Mozart, Bach oder Beethoven berieseln lassen, soll ausgerechnet dieser unberechenbare Drogenrocker auftreten?

Blue-Balls-Chef Leierer ist überzeugt, dass das passt: «Peter Doherty und der KKL-Konzertsaal bilden einen perfekten Gegensatz.» Ob sich dieser Gegensatz auch tatsächlich als perfekt erweist, wird sich am Sonntag um 20 Uhr zeigen. Denn je nach Laune kann er schon mal wie ein Hurrikan über die Bühne fegen und alles kurz und klein schlagen, was ihm im Weg steht. Da dürfte sogar KKL-Architekt Jean Nouvel ein mulmiges Gefühl bekommen.

Der Saal mit seinen 1300 Sitzplätzen gilt als einer der besten Konzertsäle für klassische Musik weltweit. Der Klangkörper in Form eines Schiffsrumpfs verfügt über elektrisch verstellbare Klang- und Echokammern und speziell gestaltete Gipsreliefs. Diese variable Gestaltung ermöglicht eine Abstimmung auf die unterschiedlichen Anforderungen der gespielten Musik. Das könnte sogar Peter Doherty beeindrucken.

Am Gurten-Festival auf Frauenfang

Doherty-Konzerte sind aber nicht nur auf der Bühne eine spannende Angelegenheit, sondern auch daneben. Gerne gesellt er sich nach vollbrachter Arbeit unter das Publikum. Vor allem weibliche Konzertbesucherinnen haben immer wieder das Vergnügen, eindeutige Avancen des Skandalrockers entgegenzunehmen.

So auch vor drei Jahren in Bern. Wie die «Weltwoche» damals berichtete sei Doherty nach seinem Auftritt am Gurten-Festival mit einer Blumenvase voller Wodka-Cranberry-Saft auf dem Gelände umhergetorkelt und habe bei mehreren Frauen versucht, sie in sein Hotelzimmer einzuladen – um anschliessend mit ihnen zu frühstücken. Es blieb beim Versuch. Zwei Frauen seien am anderen Tag wenigstens zum Frühstück erschienen. Doherty kam direkt von der Strasse.

Doherty, der begnadete Musiker

Geschichten gibt es viele über Peter Doherty, meist haben diese aber weniger mit seiner Musik zu tun, denn mit seinen Eskapaden. Doch Doherty ist nicht nur das wollüstige Drogenmonster. Er ist auch ein begnadeter Musiker, der es wie nur wenige versteht, verschiedenste musikalische Elemente stimmig zu vereinen.

Er verbindet dreckigen Gitarren-Rock’n’Roll mit romantisch-sensiblen Melodien, schreibt Songtexte wie Gedichte und verleiht seiner Musik so eine Authentizität. Ein Song, der sein Talent unterstreicht, ist beispielsweise der Hit «Last of the English Roses» aus seinem Soloalbum «Grace/Wastelands» aus dem Jahr 2009. Seither nennt er sich übrigens Peter und nicht mehr Pete.

 

Neues Album im Herbst

Schon früh zeichnete sich Dohertys poetische Begabung ab. So gewann er im Alter von 17 Jahren einen Dichterwettbewerb in England, beendete die Schule mit Bestnoten und studierte Englische Literatur in London. Doch bereits im ersten Jahr brach er sein Studium ab, um sein Leben der Musik zu widmen. Mit einem Freund gründete er Ende der 1990er-Jahre die Band The Libertines, mit der er zwei erfolgreiche Alben herausbrachte.

Peter Doherty war angekommen in der Welt der Rockstars. Und gleichzeitig, wie es sich schon beinahe für einen ordentlichen Rockmusiker gehört, lernte er auch die Welt der Drogen kennen. Heroin, Kokain, Ecstasy, Marihuana – Doherty konsumierte alles, was ihm in die Finger kam. Schliesslich führten seine Drogeneskapaden 2004 dazu, dass er von den Libertines ausgeschlossen wurde. Auch wenn er unzählige gescheitere Entziehungsversuche hinter sich hat, steht er bis heute zu seiner Sucht.

Noch im Jahr des Rausschmisses stampfte Doherty innert kürzester Zeit einfach eine neue Band aus dem Boden: die Babyshambles. Und das nicht minder erfolgreich. Die beiden bisher veröffentlichten Alben «Down in Albion» (2005) und «Shotter’s Nation» (2007) platzierten sich jeweils in den Top 10 der britischen Albumcharts. Nach seinem Abstecher als Solo-Künstler, soll nun diesen Herbst das dritte Studioalbum der Babyshambles unter dem Titel «Sequel to the Prequel» erscheinen.

Zurzeit lebt Peter Doherty in Paris, wo er sich eine WG mit dem ehemaligen «Kevin allein zu Haus»-Star Macaulay Culkin teilt. Auch Culkin ist bekannt für seine Abstürze und Drogeneskapaden.

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