Was Besonderes zu Weihnachten

Noch kein Geschenk? So schreibst du den perfekten Brief

Ein Brief zu schreiben, ist keine Hexerei – dafür ein sehr persönliches Geschenk zu Weihnachten. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Der Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch war Jahrzehnte unter Verschluss – und ist jetzt erschienen. Die rund 300 Briefe des Liebespaars lesen sich wie ein irrer Liebesroman. Wann hast du zuletzt einen Brief geschrieben? Zuger und Luzerner Autorinnen geben Tipps.

«Verehrter, lieber Max Frisch, Ihr Brief ist mir schon so vieles gewesen in dieser Zeit, die schönste Überraschung, ein beklemmender Zuspruch und zuletzt noch Trost nach den argen Kritiken, die dieses Stück bekommen hat.» 

Das schreibt die österreichische Autorin Ingeborg Bachmann im Juni 1958 an Max Frisch. Dieser nahm mit der gefeierten Dichterin Kontakt auf, um seine Begeisterung für ihr Hörspiel auszudrücken. Und so begann nicht nur ein jahrelanger Briefwechsel, sondern auch eine komplizierte Liebesgeschichte.

Der Briefwechsel der beiden literarischen Popstars ihrer Zeit umfasst aber längst nicht nur Diskussionen über das Schreiben. Sie sind auch ein Zeugnis eines sehr realen Lebens: Streit, Beschuldigungen, Sehnsucht, Eifersucht, Wohnungssuche, Auflösung eines Haushalts. Und trotz den Alltäglichkeiten liest sich der Briefwechsel wie ein packender irrer Liebesroman, den man kaum aus der Hand legen möchte.

Post zu Weihnachten – ein besonderes Geschenk

Der Briefwechsel erinnert daran, wie schön es ist, einen Brief anstatt einer Rechnung im Briefkasten zu finden. Vielleicht sogar einen etwas dickeren Umschlag zu finden und zu wissen: Es ist nicht bloss das eine bedruckte Blatt Papier drin, das notwendig ist, um eine Nachricht zu überbringen.

Hast du noch kein Geschenk, möchtest dich nicht in den Einkaufsrummel werfen und willst etwas Persönliches schenken? Dann ist ein Weihnachtsbrief die passende Idee.

Nur, wie schreibt man denn einen guten Brief? Bachmann und Frisch können dabei sicherlich eine Inspiration sein. Messen sollte man sich mit den beiden aber besser nicht. Deshalb haben wir bei Luzerner und Zuger Autorinnen nachgefragt, welche Tipps sie für Briefeschreiber haben.

Schreibe an Menschen, die dir nahestehen – es ist einfacher

«Ist es richtig, Ingeborg, Dir zu schreiben an einem Abend wie heut, wo Du da bist, und Dir zu sagen, wie sehr Du da bist jetzt?» – Max Frisch an Ingeborg Bachmann am 24. Juli 1958.

Vielleicht mag es selbstverständlich erscheinen: Briefe sind persönlich und drücken Nähe aus. Das hat mit etwas ganz Banalem zu tun. «Wenn von Hand geschrieben, dann wirkt es wohl persönlicher, die Nachricht hat wohl mehr Gewicht», sagt der Luzerner Dramaturg Dominik Busch. Doch wieso geben wir etwas von Hand Geschriebenem mehr Bedeutung?

«Der Brief hat ein paar Qualitäten, die die E-Mail nicht hat», erklärt der Autor Christian Gasser. «Die Haptik, auch die Handschriftlichkeit. Auch E-Mails können lang und intim sein, aber die Haptik lässt sich nicht ersetzen.»

Briefe sind also bereits durch die Handschrift etwas ganz Besonderes. Für die Luzerner Autorin Margrit Schriber wirken sie über den Lesemoment hinaus. «Briefe liegen dann einige Tage auf meinem Tisch und legen mir die persönliche Schrift eines Menschen offen, der sich viel Zeit für mich genommen hat.»

Die Message ist also klar: Du bedeutest mir etwas.

Nimm dir Zeit – dein Adressat wird sie sich auch nehmen

Doch was will man auf einer ganzen Seite (oder sogar mehreren) einem Menschen sagen, mit dem man vielleicht täglich mehrere SMS austauscht, telefoniert oder chattet? Bachmann und Frisch schrieben sich sogar Briefe, während sie gemeinsam in einer Wohnung in Rom wohnten und schnurstraks in den nächsten Raum hätten gehen können. Wieso also etwas aufwendig machen, das auch so einfach sein könnte?

 «Ein Brief wird, diese Erfahrung mache ich immer wieder, wirklich gelesen. Nicht einfach überflogen wie die meisten E-Mails», sagt Christian Gasser. «Was ich auch festgestellt habe: Weil Briefe selten geworden sind, berühren sie die Adressatinnen stärker. Ich bin immer wieder überrascht, wie intensiv Menschen auf einen Brief auf Papier reagieren.»

Briefe haben also zwei wesentliche Vorteile: Die Zeit, die du in das Schreiben eines Briefs investierst, nimmt sich auch deine Adressatin. Es ist eine Nachricht, die bewusster wahrgenommen wird, die vielleicht mehrmals gelesen und oft auch aufbewahrt wird. Das bemerkt auch die Autorin Katharina Lanfranconi: «Meines Erachtens werden Briefe weniger achtlos weggeworfen oder vergessen.»

Die Angst vor dem weissen Blatt: Fange klein an!

«Dienstag nachts: diesen Brief habe ich schon mehrere Male angefangen, er ist die Arbeit von drei Tagen. Am Samstag, dem Tag, an dem Dein letzter Brief kam, habe ich ihn angefangen, und dann habe ich viele Blätter vollgeschrieben und wieder weggeworfen.» Ingeborg Bachmann an Max Frisch am 7. Juli 1959. 

Ein leeres Blatt kann gross und beängstigend wirken. Bei einem SMS oder einer E-Mail kann man das Schreibfenster ganz klein machen, so dass man sich den Raum geradezu erschreiben muss. Bei einem Brief gibt das Blatt den Raum vor.

Christian Gasser hat einen praktischen Tipp: «Nicht gleich einen Brief schreiben wollen (das weisse Blatt Papier kann ganz schön lähmend wirken), sondern eine grossformatige, zum Beispiel ausfaltbare hübsche Postkarte. Da besteht weniger Druck, viel zu schreiben, aber auch eine schöne Postkarte mit einem persönlichen Text wird wahrgenommen.»

Sei kreativ und gestalte!

Ein Vorteil von digitalen Kommunikationsformen sind sicher die einfachen Gestaltungsmöglichkeiten. Wenn dir die Worte fehlen, kannst du auf Emojis, Memes, Gifs oder sonstige Ausdrucksformen zurückgreifen. Doch Kreativität lässt sich auch analog ausleben. Denn es geht ja um die persönliche Note.

Katharina Lanfranconi empfiehlt, sich ein schönes Briefpapier zu suchen oder eines selbst zu gestalten. Dazu passe dann eine leserliche Handschrift und eine korrekte Rechtschreibung und Grammatik.

Der Lyriker Pius Strassmann gibt einen anderen Ratschlag. «Briefe sollen doch möglichst persönlich sein, in diesem Sinne fände ich es erfreulich, wenn die Schreibenden sich frei fühlten stilistisch, orthographisch, grammatikalisch, und das Thema vor der Form kommt. Ein Brief soll ja nicht in erster Linie ein literarisches Ereignis sein.»

Als konkreten Tipp schlägt er assoziative Reihungen vor, die einen starken Ausdruck hätten. Zum Beispiel: «du und ich – essen gehen? – wollte schon lange fragen. aber du weisst: wetter, wesen, wege, welt im wind – wo? – schlage du vor! …. da kommt ja noch: wann – zuviel arbeit – zuviel privates einfach zuviel – zuviel von zuviel! ….» 

Ein Anfang ist ein Anfang

Bist du ermutigt oder noch immer etwas zögerlich? Dann lohnt sich ein Blick in den Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Max Frisch. Denn wenn du etwas von grossen Schriftstellerinnen lernen kannst, ist es die Freude an der Sprache. Und wenn auch das nicht hilft und du es selbst nicht schaffst, die richtigen Worte aufs Papier zu bringen, kannst du immer noch das Buch verschenken.

Hinweis: Damit der Brief noch rechtzeitig ankommt, muss er übrigens bis 23. Dezember auf der Post sein (zentralplus berichtete).

Verwendete Quellen
  • Ingeborg Bachmann, Max Frisch: Wir haben es nicht gut gemacht. Der Briefwechsel. Suhrkamp, 2022.
  • E-Mail-Austausch mit Katharina Lanfranconi
  • E-Mail-Austausch mit Margrit Schriber
  • E-Mail-Austausch mit Dominik Busch
  • E-Mail-Austausch mit Christian Gasser
  • E-Mail-Austausch mit Pius Strassmann
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