Einmalige Parade durch Luzern

Musikzentrum Sedel feiert seine wilde Geschichte

Der Sedel auf der Anhöhe des Rotsees war bis 1971 ein Knast. 1981 wurden die Gitterstäbe durch Gitarrenseiten ersetzt. Mit einem Jahr Verspätung wird am Samstag der 40. Geburtstag in der Stadt so richtig gefeiert – als «40 plus eins». Wir blicken mit Zeitzeugen zurück auf die wilde Zeit.

So manch ein Tourist, der um 15 Uhr auf dem Kornmarkt in der Stadt Luzern war, freute sich, die Luzerner Fasnacht doch noch miterlebt zu haben. So ähnlich war zumindest die Stimmung auf dem Platz. Aber statt Konfetti flogen auf dem Kornmarkt musikalische Klänge durch die Luft. Und statt dem Guuggerbaum erblickte das Luzerner Auge eine Konzertbühne: Der Sedel feiert Geburtstag!

Die wilde Jugend steckt noch in den Zeitzeugen

Wenn wir es gerade von der Fasnacht haben – vor 40 Jahren stand zum ersten Mal ein Guuggerbaum auf dem Kornmarkt vor dem Luzerner Rathaus. Und damit ist er ein Jahr jünger als der legendäre Sedel. Zum Geburtstag wird der Platz wie damals in einen Ort der Kultur verwandelt. Allerdings geht es ein bisschen gesitteter zu und her.

Werni Heller war vor 41 Jahren auf dem Platz. «Es waren damals sehr viele Musiker auf dem Platz dabei. Hier war es pumpenvoll, es standen rund tausend Leute auf dem Kornmarkt.» Damit Werni Heller eine bessere Sicht auf das Treiben bekommen konnte, war er kurzerhand auf eine Strassenlaterne geklettert.

«Das sind sehr gute Erinnerungen! Ich sass da als 20-Jähriger auf der Lampe und habe die Szene genossen. Als ich dann auch noch zwei Jahre im Sedel Abwart sein durfte, war das sensationell. Das war für mein Leben ziemlich einschneidend.» Das Glitzern in seinen Augen verrät, wie genial es damals gewesen sein musste.

Urs Knüsel (rechts – nicht politisch, sondern von der Position her) hat nach wie vor seine wilde Seite.
Urs Knüsel (rechts – nicht politisch, sondern von der Position her) hat nach wie vor seine wilde Seite. (Bild: PLU)

Die Sedel-Geburt, mitten in den Jugendunruhen

Das Gebäude war damals allerdings kein Ort, an dem es dich hinziehen würde. In der Vergangenheit hatte das Haus als Zuchthaus und später als Knast gedient (zentralplus berichtete). Dass der ehemalige Knast über dem Rotsee überhaupt zum Epizentrum von Punk, Kultur und ganz allgemein der Jugend werden konnte, «verdankt» der Sedel den Jugendunruhen.

Es gab nicht viele Orte, wo sich die Jugend entfalten konnte. Einige Jugendbewegungen zeigten sich ein bisschen in den Gassen und Kellern der Städte. Auch wenn schon über ein Jahrzehnt seit den Jugendunruhen der 1968er vergangen war, gelöst war das Problem nicht.

Exemplarisch berichtet Urs Knüsel, Sänger der Band Crazy, dass der Punk damals praktisch in allen Beizen Hausverbot hatte. «Am Ende haben sie uns nur noch ins Neustädtli gelassen. Na gut – vielleicht haben wir uns auch nicht immer so benommen, wie es den Herren genehm war», erzählt er mit einem Schmunzeln.

Monatelang forderte die Luzerner Jugend, dass der alte Knast doch ihr Haus für Kultur werde. Die Stadtregierung hatte erst dann ein wirklich offenes Ohr, als eine grosse Demonstration durch die Stadt angekündigt worden war. «Die Krawalle waren der Hauptgrund, für die Sedel-Geburt. Die Stadt wusste, dass etwas gemacht werden musste. Und sie haben sehr gut gehandelt, indem sie uns den Sedel gegeben haben», sagt Werni Heller.

So wird der Geburtstag gefeiert

Am 15. April 1981 war der grosse Tag gekommen. Dem neu gegründeten Verein ILM Sedel, der Interessengemeinschaft Luzerner Musikerinnen, wurden die Schlüssel für das neue Zuhause in die Hände gedrückt.

Der heutige ILM-Präsident Silvan Weibel sagt, wie der «40 plus eins»-Geburtstag am heutigen Samstagnachmittag gefeiert wird. «Wir gehen jetzt mal in die City, um zu zeigen, was wir sonst so im Sedel machen.» Der Startschuss fiel um 15 Uhr auf dem Kornmarkt.

Nach 17 Uhr beginnen die nächsten Konzerte auf dem Theaterplatz. Um 19.30 Uhr zieht die Gruppe Richtung Geissmätteli. Ab 22 Uhr geht der Sedel-Geburtstags-Umzug dann wieder zurück nach Hause und feuert oberhalb des Rotsees in die Nacht. Der Titel dieser Luzerner Street Parade: der Jailhouse Walk – die Jubiläums-Parade.

(Bild: Sedel)
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