Comedy im Konzerthaus Schüür

Wir haben mit Charles Nguela über Helvetias Geheimnisse gelacht

Charles Nguelas neues Programm heisst «Helvetia's Secret». (Bild: zvg)

Stand-up-Comedian Charles Nguela bescherte der Luzerner Schüür einen witzigen, unterhaltsamen Abend. Aber auch einen nicht ganz so schwarzhumorigen Black Friday, wie er es versprochen hatte.

Charles Nguelas Karriere ist, verglichen mit nationalen Humorgrössen wie Marco Rima oder dem Cabaret Divertimento noch jung und überschaubar. 2014 gewann er als damals 24-Jähriger den Swiss Comedy Award. In der Folge stand der Stand-up-Comedian mit Wurzeln in Südafrika und dem Aargau auf der Bühne so prestigeträchtiger Formate wie Giaccobo/Müller oder «Das Zelt».

Zuletzt wurde er in den sozialen Medien dafür gefeiert, dass er den Schweizern und Schweizerinnen zusammen mit seinem Kollegen Rob Spence auf witzige Art die Eigentümlichkeiten der schweizerdeutschen Sprache erklärt.

«Helvetia's Secret» ausgeplaudert

Am vergangenen Black Friday beehrte der Neu-Zürcher nun die Schüür mit seinem neusten Programm «Helvetia's Secret». In Zeiten von durch «Sauglattismus» und Oberflächlichkeit geprägter Comedy liest sich der Pressetext zu seinem zweiten Abendfüller wie eine willkommene Abwechslung: Als «tabulos, bitterböse und absolut politisch inkorrekt» kündigt sich Charles Nguela an und bezeichnet sich dabei nicht ganz unbescheiden als «Godfather of Black Swiss Comedy».

Klingt vielversprechend für Freunde des schwarzen Humors. Wer am Freitag jedoch tiefgründigen, beissenden Witz erwartet hat, bei dem die Lacher fast im Hals stecken bleiben, der dürfte die Schüür nach 90 Minuten eher enttäuscht verlassen haben. Nguelas Humor bewegte sich an diesem schwarzen Freitag nämlich anders als angekündigt grösstenteils im grünen Bereich, fern von Tabu- und Kompromisslosigkeit. Ansonsten gilt: Der Auftritt war witzig und gelungen. Das liess sich auch in den Gesichtern des zahlreich erschienenen Luzerner Publikums ablesen.

Eher unter der Gürtellinie als tabulos

Wie im Vorfeld angekündigt, kam Charles Nguela also auf einige der «intimsten Geheimnisse der Schweizer Gesellschaft» zu sprechen. Gestenreich und ausdrucksstark sprach er in der Schüür über unangenehme Wasserspritzer beim Verrichten grösserer Geschäfte auf der Frauentoilette.

Er berichtete davon, wie er einmal einen grossspurigen Freund ruhigstellte, indem er ihm riet, die lustvollen «tiefer, tiefer» Rufe seiner Frau mit «enger, enger» zu kontern. Und er gestand den Luzernern, dass das weibliche Geschlechtsteil für ihn neben Delfinen und Wasserfällen das Schönste sei, was Gott kreiert habe.

Gestenreich gegen das Klischee

«Charlys» Stärken liegen in der Energie, die er versprüht, und in seiner ausgeprägten Mimik. Ständig ist er in Bewegung. Und er versteht es meisterhaft, so zu agieren und zu sprechen, wie es dem Klischee eines «Afrikaners» entspricht – laut, mit vielen Zischlauten, die Augen stets weit aufgerissen. Dabei hält er seinem Publikum natürlich auch einen Spiegel vor. Seine Anekdoten und Sprüche sind dabei amüsant und lustig. Der Applaus und der durch schallendes Lachen verursachte Lautstärkepegel in der Schüür sprachen Bände.

Möglicherwiese ist der aufstrebende Comedian tatsächlich einer der wenigen innerhalb der Schweizer Comedy-Landschaft, der sich traut, grenzwertige Witze zu machen – einer, der laut Pressetext «Dinge enthüllt, die andere nur denken, aber nicht auszusprechen wagen». Tabus aber bricht Charles Nguela ebenso wenig, wie er an den Grundfesten der Political Correctness rüttelt.

«Helvetia's Secret» wirkt zwar durchaus erfrischend und neuartig. Das Programm überschreitet die etablierten Grenzen des guten Schweizer Geschmacks aber zu selten, als dass Herr und Frau Schweizer dadurch aus ihrem kleinbürgerlichen Alltag herausgerissen und zum Nachdenken angeregt würden.

Das volle Potenzial liegt noch tiefer

Dass es Charles Nguela durchaus ein Anliegen ist, auf Vorurteile und Missstände in der (Schweizer) Gesellschaft hinzuweisen, zeigt sich etwa daran, dass er Themen wie Islamophobie und Rassismus geschickt miteinander verbindet. Heute könne er ohne Probleme mit einem Kilogramm Marihuana in der Halle des Züricher HBs stehen und an einem Joint ziehen. Werde ein Polizist neugierig, entgegne er ihm: «Ich weiss, es sieht schlimm aus. Aber wieso trägt Ahmed dort drüben seinen Rucksack nicht mehr?»

Charles Nguela hat die Apartheid in Südafrika an eigenem Leib miterlebt. Wenn er solche Witze macht, oder sich mit breitem Grinsen darüber freut, dass er als Schwarzer in der Schweiz knapp ein Jahr länger über «mehr Rechte» verfüge als die Frauen in Appenzell Innerrhoden, lässt er die Sprengkraft seines ganz persönlichen schwarzen Humors aufblitzen.

Die Vorstellung am Black Friday in der Schüür war unterhaltsam. Und sie war witzig. Unterhaltsam, witzig und pechschwarz werden Charles Nguelas Auftritte dann, wenn es ihm gelingt, sein Publikum nicht nur mit seiner Interpretation einer Rektaluntersuchung zum Lachen zu bringen, sondern dazu, darüber nachzudenken, warum dieses unangenehme Prozedere am Bahnhof Enge gerade dem schwarzen, unbeteiligten Passanten blühte.

Am Freitag, den 6.12. spielt Charles Nguela im Burgbachkeller in Zug.

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