Michael Elsener erhielt über halbe Million Corona-Gelder
Es rumort in der Zuger Kulturszene: Der bekannte Zuger Satiriker Michael Elsener soll von Stadt und Kanton Zug mehr als eine halbe Million Franken an Corona-Entschädigungen erhalten haben. Stimmt der hohe Betrag, der an Elseners Pointenbauer GmbH geflossen ist?
Der Zuger Comedian Michael Elsener war im März in den Medien allgegenwärtig. Die Kammerspiele Seeb in Bachenbülach führen im März und April seine gemeinsam mit Roman Riklin verfasste Komödie «Vier werden Eltern» auf. Bereits Ende Dezember waren Vorschusslorbeeren darauf in der SRF-Sendung «Kulturplatz» zu sehen.
Gleichzeitig läuft seit 2. März ein zweites gemeinsam mit Roman Riklin verfasstes Theaterstück «Shitstorm für Anfänger*innen» am Theater Casino Winterthur. Am 1. März ist auch sein neues Bühnenprogramm «Alles wird gut» angelaufen. Das Programm preist der 37-jährige Zuger als «interaktive Polit-Comedy-Show» an: Er will damit der Politverdrossenheit, die sich unter anderem an Wahl- und Abstimmungsbeteiligungen von unter 50 Prozent zeigt, entgegenwirken.
Gelder aus dem Lotteriefonds
Der Satiriker plädiert in seinen älteren und ganz besonders in seinem neuesten Programm für eine offene Diskussion von politischen Themen und nimmt dabei gerne andere auf die Schippe. Doch wie reagiert er, wenn es um die Transparenz betreffend seinem eigenen Schaffen geht? Denn eines ist klar: Michael Elsener beansprucht öffentliche Gelder. Und das nicht zu knapp. Vor allem über die letzten zwei Jahre. Das sorgt in der Zuger Kulturszene für Befremden und Unmut. Deren Exponenten haben zentralplus auf die Umstände aufmerksam gemacht.
Nicht nur, dass der Zuger Satiriker Liebkind der Schweizer Medien sei – er werde geradezu mit öffentlichen Geldern überschüttet, während andere Kulturschaffende um jeden Franken ringen müssten. Der Auslöser: Am 7. Dezember 2022 gab der Zuger Regierungsrat bekannt, dass er 85'928 Franken aus dem Lotteriefonds zugunsten der Pointenbauer GmbH spricht. Das ist die Firma von Michael Elsener.
189'000 Franken, um sich neu auszurichten
Die regierungsrätliche Begründung für den Unterstützungsbeitrag: «Mit dem Transformationsprojekt soll das Entwickeln und Schreiben von TV-Komödien erlernt und umgesetzt werden.» Bereits am 6. Mai 2021 hatte der Zuger Regierungsrat eine Auszahlung von 87'336 Franken für ein erstes Transformationsprojekt an die Pointenbauer GmbH gesprochen – zugunsten einer Produktion von sechs Erklärvideos zu politischen Themen.
Wie Recherchen von zentralplus zeigen, hat Elsener für die Zeit während der Corona-Pandemie Beiträge von über 300'000 Franken für Transformationsprojekte bei Stadt und Kanton Zug beantragt. Erhalten hat er insgesamt 189'064 Franken aus dem Lotteriefonds, damit er sich neu ausrichten kann.
Dringend notwendige Gelder für Kulturschaffende
Doch die 189'064 Franken sind längst nicht der ganze Betrag. Hinzu kamen Ausfallentschädigungen für entgangene Auftrittsmöglichkeiten infolge der Pandemie. Diese existenzsichernden Gelder erhielten alle jene, die glaubhaft entgangene Einnahmen geltend machen konnten.
Denn während der Pandemie waren Auftrittsmöglichkeiten für Kulturschaffende stark eingeschränkt. Erst seit gut einem Jahr, respektive seit dem 1. April 2022, herrscht auf Theaterbühnen wieder Normalbetrieb. Mit Nachwirkungen allerdings: Das Publikumsaufkommen hat sich noch nicht vom Corona-Einschnitt erholt. Es ist nach wie vor von einem Rückgang von 30 Prozent die Rede (zentralplus berichtete).
Ausfallsentschädigungen machen Löwenanteil aus
Insgesamt zahlten Bund und Kantone in den Jahren 2020 bis 2022 je hälftig Unterstützungsbeiträge für Kulturunternehmen und Kulturschaffende in der Höhe von 562,4 Millionen Franken aus. Lediglich 57,9 Millionen Franken wurden für Transformationsprojekte ausgerichtet. Der Löwenanteil von 447,9 Millionen Franken entfiel auf Ausfallentschädigungen.
Wie das kantonale Amt für Kultur in einer Medienmitteilung vom Juli 2022 mitteilt (online nicht mehr verfügbar), gingen beim Kanton Zug 76 Anträge ein. 63 Ausfallentschädigungen in der Höhe von gesamthaft 2'938'464 Franken flossen. Die tiefste Ausfallentschädigung betrug 852 Franken, die höchste 551'258 Franken.
Wohl über eine halbe Million Franken an die Pointenbauer GmbH
Aus einem öffentlichen Dokument geht hervor, dass Elsener 570'000 Franken für Ausfälle geltend machte. Gemäss Recherchen von zentralplus soll es bei Ausfällen üblich gewesen sein, 60 bis 80 Prozent der beantragten Mittel zu bewilligen. Es dürfte sich daher um einen Betrag zwischen 342'000 bis 456'000 (80 Prozent) Franken gehandelt haben. Elsener bestätigt, dass er Ausfallentschädigungen im Rahmen dieser Prozentsätze erhalten hat. Insgesamt kommen so aus Ausfallentschädigungen und den erwähnten knapp 190'000 Franken für Transformationsprojekte wohl zwischen 530'000 bis 640'000 Franken zusammen, die an Elseners Firma geflossen sein dürften.
Doch zurück zum Auslöser des Unmuts in der Zuger Kulturszene: zu den am 7. Dezember 2022 bewilligten 85'928 Franken für Elseners TV-Komödien. Noch am selben Tag hat zentralplus den Zuger Behörden unter Berufung aufs Öffentlichkeitsprinzip ein Gesuch um Dokumenteneinsicht zugestellt. Es dauert bis März 2023, bis nach Nachfragen erste Antworten vorliegen. Allerdings verschweigen diese mehr als sie preisgeben.
Passagen zu Erfolgskriterien und -kontrolle oder Zeitplan bleiben trotz Nachfragen geschwärzt. So auch die Antwort auf die Formularfrage «Haben Sie auch ein Gesuch für eine Ausfallentschädigung eingereicht?» Michael Elsener verteidigt die Schwärzungen: «Die Anträge meines Kultur-KMU wurden von amtlichen Stellen und Jurys geprüft. In so einem Antrag sind viele Details über Inhalte für die Umsetzung enthalten. Die Beurteilung dessen, welche Teile davon veröffentlicht werden sollen, überliess ich den Fachpersonen der Direktion des Kantons.»
Frage der Verteilungsgerechtigkeit
Eine Quelle von zentralplus aus der Zuger Kulturszene äussert sich nicht nur ungehalten über die «überrissenen» Beiträge und die damit verbundene Ungerechtigkeit in der Verteilung. Als besonders störend würden andere Künstlerinnen und Künstler werten, dass sich Michael Elsener weder für die Zuger Kulturszene engagiere noch im seltensten Fall inhaltlich auf Zug beziehe. Spricht hier auch der Neid?
Das Beispiel der Kleinkunstbühne «Satz und Pfeffer», die sich als Plattform für das Zuger Kulturschaffen etabliert hat, könnte diese Wahrnehmung erklären. Während der Corona-Zeit war «Satz und Pfeffer» als Transformationsprojekt zunächst Geld für den Umbau ihrer Bühne in der Zuger Altstadt in Aussicht gestellt worden. Doch verweigerte die Regierung den Beitrag nach erfolgtem Umbau (zentralplus berichtete). Nur Zuwendungen von über 100 privaten Unterstützern machten es im Januar dieses Jahres möglich, dass die Bühne nicht geschlossen werden muss (zentralplus berichtete).
Kritik an Erklärvideos zu politischen Abstimmungsvorlagen
Die Erklärvideos, für die Michael Elsener im Mai 2021 87'336 Franken zugesprochen erhielt, sind öffentlich sichtbar auf Youtube. Ihre Laufzeiten liegen bei 9 Minuten, im Einzelfall bei 25 Minuten. Sie sind temporeich produziert und mit grafischen Elementen angereicherten. Der hohe Produktionsaufwand ist ihnen anzusehen.
Michael Elsener sagt dazu: «An den satirischen Erklärclips arbeitet jeweils ein ganzes Team: Eine Person unterstützt mich bei der Recherche. Nach der Story- & Skript-Erarbeitung übernimmt eine Person den Faktencheck. Für die Videoaufnahme braucht es ein Studio, Kamera- & Ton- & Lichtequipment.»
Es brauche eine Person, die die Kamera betreut. Danach eine Person für den Schnitt, eine Person für die Animationen. Dann kümmere sich jemand darum, die Videos für die unterschiedlichen Social-Media-Kanäle zu konfektionieren. Und das ist noch nicht alles, wie der Zuger Comedian ergänzt: «Eine Person unterstützt mich beim Verarbeiten aller Kommentare und Direktnachrichten.»
Trotz angespannter Situation Arbeit ermöglichen
Zu seinem Unternehmen und zu den dafür benötigten finanziellen Mitteln sagt er: «Mein Kultur-KMU beschäftigt festangestellte Mitarbeiter:innen sowie Menschen, die auf Mandatsbasis arbeiten. Die genannten Projekte entstehen alle in Teamarbeit und über einen Zeitraum von drei Jahren. Mein Ziel war und ist es, trotz angespannter Situation in der Kulturbranche mit neuen Ideen voranzugehen und möglichst vielen Menschen im Kulturbereich eine Arbeit zu ermöglichen.»
Die Kosten seien deshalb so hoch, weil man von Skriptfassung zu Skriptfassung beispielsweise je eine Lesung mit mehreren Schauspielern und einer möglichen Regisseurin organisieren müsse. «Diese proben einen Tag lang den Text. Dann spielen sie ihn an einem anderen Tag vor. Man lädt dazu zusätzlich noch erfahrene Skriptcoaches ein, die danach ein Feedback geben.» Diese Personen würden vor der Lesung jeweils eine Skriptanalyse erstellen, was in etwa zwei bis drei Tagen Arbeit entspreche. «Diesen Vorgang wiederholt man etwa dreimal», sagt Elsener.
Subventionen für Schülereintritte
Michael Elseners Pointenbauer GmbH produziert also aufwendig. Und ungeprüft wird sein Schaffen nicht mit Geldern alimentiert. Das Ersuchen um öffentliche Gelder gehört für Elsener zum täglichen Geschäft.
Tatsächlich scheint Michael Elsener ein Gespür zu haben, am richtigen Ort um Unterstützung zu bitten – so auch in Bezug auf sein Bühnenprogramm «Alles wird gut». Allerdings hat die Stadt Zug hier nur die Hälfte der beantragten 20'000 Franken zur Subventionierung von Eintritten von Zuger Berufsschülern gesprochen.
- Telefongespräche und E-Mail-Verkehr mit Michael Elsener
- Umfangreicher Schriftverkehr mit den Zuger Behörden im Rahmen des Öffentlichkeitsgesetzes
- «Tagesgespräch» SRF vom 19. März zur Politverdrossenheit der Schweizerinen und Schweizer
- Corona-Fonds Kultur der Stadt Zug, Abteilung Kultur 2. Welle
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Kurt Heller, 26.04.2023, 15:45 Uhr In Zug ist es halt so: alles geht nur ums Geld. Und wenn man schon einmal etwas in der «Kultur» hat, führt man es mit Geldspielen wieder auf den Zuger-Grundbaustein «Geld»zurück. Schade!
Und, dass Vetter hier mitspielt ist zwar nicht ganz oder eher voll cabaret-würdig. Aber auch Komödianten haben wohl Ihre geldgierige Seite.👍2Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterMichael Urech, 26.04.2023, 15:13 Uhr Na ja, da wird mit der grossen Kelle angerichtet. Der Inhalt der Arbeit ist subjektiv.
👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runterChristian Ineichen, 26.04.2023, 11:48 Uhr Bei den Videos handelt es sich oft auch nicht um blosse «Erklär-Videos», sondern um die Verbreitung von Elseners persönlicher Haltung zum jeweiligen Abstimmungsgeschäft.
👍2Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎2Daumen runterHanna M., 25.04.2023, 19:13 Uhr Elsener ist nichts anderes als ein Oppurtunist. Er nutzt geschickt seine Verehrer um an Fördergelder zu kommen (man kennt sich halt in Zug). Seine Outputs sind zwar technisch gut, aber Humor ist bekanntlich Geschmackssache – meiner trifft er leider sehr, sehr selten. Die von ihm gelebte Selbstgefälligkeit ist m.E. hart an der Schmerzgrenze.
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👍3Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterBeat Bölsterli, 25.04.2023, 14:29 Uhr Ich bin Besitzer einer kleinen Handelsfirma und musste noch für Corona Tagelder kämpfen, während dieser Elsener mit Geld überschüttet wurde?!
Es geht hier um Gerechtigkeit!
Ich finde es ganz einfach ein Skandal, was hier wieder abgelaufen ist, es ist eine reine Willkür!👍4Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterSapperlotta, 25.04.2023, 12:35 Uhr Wenn der Kulturplatz über Kultur berichtet ist das doch erfreulich. Das meiste aus dem Umfeld der Moderatorin ist meistens weit davon entfernt.
👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔2Nachdenklich👎0Daumen runterMarie-Françoise Arouet, 25.04.2023, 12:03 Uhr Es wird all die Beizer, die schon dichtgemacht haben und demnächst noch dichtmachen werden, freuen zu hören, dass die Staatskomödianten mit Geld zugeschüttet werden.
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👍2Gefällt mir👏0Applaus🤔2Nachdenklich👎7Daumen runterHanspeter Flueckiger, 25.04.2023, 10:13 Uhr Diese Aussage stimmt nicht, denn die Kulturschaffenden leben nicht hauptsächlich von Steuergelder. Einen wesentlichen und viel grösseren Anteil haben u.a. Förderstiftungen, welche Kulturschaffende unterstützen. Dazu kommen teilweise Gelder aus dem Lotteriefonds. Selbstverständlich haben auch Herr Rima und Herr Thiel aus diesen Quellen finanzielle Unterstützung erfahren. Die wären von Sinnen (Wortspiel beabsichtigt!) würden sie dies nicht tun.
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Marc, 25.04.2023, 10:20 Uhr Rima und glaubwürdig, er hat gejammert und geschwurbelt und trotzdem gerne die staatlichen Coronagelder genommen. Lächerlich.
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Windom Earle, 25.04.2023, 06:52 Uhr «Vorschusslorbeeren» ist Lob, das vor Abliefern einer Leistung ausgesprochen wird. Was war im Kulturplatz zu sehen?
Der Artikel lässt zu Beginn vermuten, dass ein Skandal vorliegt. Diese Vermutung erhärtet sich nicht. Vielmehr kommt heraus, dass Elsener das Geld für einen grossen Output nutzte.
Es wäre fair, wenn die Tonalität und der Inhalt des Artikels Deckungsgleich wären. So bleibt der Eindruck, es hätte einen Skandal gegeben.👍4Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎4Daumen runter