Jodel und Handorgel im Luzerner Kleintheater

Mehr als «Hudigäggeler»-Musik

Nadja Räss und Markus Flückiger mit viel Gefühl.

(Bild: dhe)

Das Duo Nadja Räss und Markus Flückiger begeisterte am Mittwochabend das Luzerner Publikum mit unkonventionellen Melodien, alter Dichtkunst und viel Gefühl. Dass aus Jodelgesang und Handorgelmusik mehr zu machen ist als hundskommune «Hudigäggeler»-Musik, stellten sie mit ihren Eigenkompositionen unter Beweis. Ein etwas anderer Jodlerabend im Kleintheater.

Nadja Räss und Markus Flückiger könnte man auch als Aufmischer der Schweizer Volksmusikszene bezeichnen. Mit viel Neugierde und musikalischem Feingefühl loten sie die Grenzen der traditionellen Volksmusik aus und spielen mit allerlei Arten von Naturjodel und Volksmelodien aus unterschiedlichen Regionen und Epochen.

Die Prix-Walo-Gewinnerin und Intendantin der Klangwelt Toggenburg Nadja Räss ist eine der innovativsten Jodlerinnen der Schweiz. Begleitet von ihrem langjährigen musikalischen Partner und Schwyzerörgeli-Ausnahmetalent Markus Flückiger sorgt sie mit ihrer klaren und kräftigen Stimme bereits ab der ersten Sekunde für Gänsehautstimmung im Publikum.

Mit viel Charme über die Churfirsten

Die melancholische, bald lüpfige Jodelmusik mit archaischen Noten führt mitten in die dramatische Bergwelt der Churfirsten. Die sieben steil aus dem Walensee herausragenden Bergspitzen dienten den beiden Musizierenden als Inspiration für die Titelbezeichnungen; Schiibestand und Frümselchen lauten deshalb die ersten beiden Lieder.

Nadja Räss mit perfekter Jodeltechnik.

Nadja Räss mit perfekter Jodeltechnik.

(Bild: dhe)

Räss führt charmant und bescheiden durch die Stücke und bringt das Publikum zum Lachen. Ob sie denn nun richtig jodle und man die «Schafseckel-Stimme» erkennen könne, fragt sie die Teilnehmenden aus dem vorgängigen Jodel-Workshop. Das mehrheitlich ältere Publikum freut sich besonders über das nächste Lied, das Räss den «alten Schachteln» gewidmet hat. Dass diese «noch viel Pfeffer im Füdle» hätten, sorgt bei den Zuhörenden für Jubel und Gelächter.

Alte Dichtkunst neu belebt

Dass es auch anders geht, zeigen Räss und Flückiger nicht nur mit ihrer Musik. Auch optisch heben sie sich von der traditionellen Jodlerszene ab: Nicht mit Tracht, sondern ganz in Schwarz musizieren die beiden auf der Bühne. Während bei den traditionellen Jodlerinnen und Jodlern die Hände stets in den Hosentaschen stecken, benutzt Räss ihre Hände für eine ausdrucksstarke Gestik.

Flückiger mit schnellen Fingern auf dem Schwyzerörgeli

Flückiger mit schnellen Fingern auf dem Schwyzerörgeli

(Bild: dhe)

Obwohl sie sich mit ihrem Jodel auch nonverbal sehr gefühlvoll ausdrücken kann, man mit ihr traurig, melancholisch, freudig oder wütend ist, bedient sie sich in einigen Liedern der alten Lyrik vom Einsiedler Mundart-Dichter Meinrad Lienert. Räss, selbst gebürtige Einsiedlerin, hat vor allem die wehmütige Seite des Dichters für sich entdeckt. Die Mischung aus Jodelgesang und den melancholischen Geschichten der traurigen und liebestrunkenen jungen Mädchen aus Lienerts Texten sorgt für grosse Emotionen im Publikum.

Musikalische Glanzleistung

Was Flückiger alles aus seinen unterschiedlichen Handorgeln herausbekommt, ist sensationell. Gekonnt spielt er mit seinen schnellen Fingern auf dem Schwyzerörgeli und lässt es zur richtigen Zeit wieder neu atmen. Im Gegensatz zu den traditionellen Volksmusikstücken sind die gespielten Stücke an diesem Abend oftmals in Moll arrangiert. Dies lässt den sonst so sonnigen Jodel eher schwermütig klingen. Der teilweise jazzige Einschlag führt dabei zu ganz neuen Klangerlebnissen.

Auch Räss überzeugt mit ihrer perfekten Jodeltechnik. Die Registerübergänge zwischen der Kopf- und der Bruststimme sind weich und sauber. Die grossen Intervallsprünge und den unglaublich schnellen Zungenschlag beherrscht sie blind und sicher. Das Zusammenspiel von Räss und Flückiger passt hervorragend. Die beiden spielen gekonnt mit den variierenden Klangfarben, sind präzise aufeinander abgestimmt und harmonieren bis zum letzten Ton. Mit dem Stück «Heiweh» verabschieden sie sich von einem begeisterten Publikum. Gemeinsam mit Nadja Räss jodeln die Fans an der Kleintheater-Bar weiter.

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