Theater und Techno sind nicht vereinbar? Joelle Alea Iten und Leila Scharwath wollen das Gegenteil beweisen. Im «Südpol-Club» laden sie zu einem Rave, an dem auch Theater gespielt wird.
Wenn der Clubabend zum Theaterbesuch wird – oder im Theater nicht still auf den Stühlen verharrt, sondern getanzt wird. Unter den Discokugeln wird im Scheinwerferlicht performt, gesungen und gespielt – aus den Musikboxen wummern die Technobässe.
Das haben Joelle Alea Iten und Leila Scharwath vor. Joelle ist Teil des Kollektivs Dionysos – einer Gruppe Theaterschaffender. Gemeinsam mit Leila leitet die 22-Jährige aus Luzern das Projekt «Club x Opera».
Liebe – neu interpretiert
Leila Scharwath stammt aus der Welt des klassischen Gesangs und fand es schon immer spannend, verschiedene Sparten zusammenzubringen, wie etwa die Kombination aus klassischem Gesang und elektronischer Musik. Joelle Alea Iten spielt bereits seit frühen Jahren Theater und studiert derzeit an der Zürcher Hochschule der Künste Theaterpädagogik. Gemeinsam wollten die beiden ein spartenübergreifendes Projekt auf die Beine stellen, das auch junge Menschen anspricht.
Aufgeführt werden Teile des Stücks «Romeo und Julia» – der wohl bekanntesten Liebesgeschichte der Welt von William Shakespeare. «Wir tauchen ein in die Geschichte und entnehmen ihr gesellschaftskritische Themen», erklärt Joelle. Es geht um Liebe, Hass, Grenzüberschreitungen in Beziehungen und den freien Willen.
An diese Themen knüpften sie an, suchten aber Parallelen zur heutigen Zeit, um sie neu zu interpretieren. So wichen die zwei Künstlerinnen für ihre Fassung stark von den klassischen Shakespeare-Texten ab und dichteten neue Passagen hinzu. Ist im Original, wo sich Romeo und Julia auf einem Maskenball verlieben, noch von «Liebe auf den ersten Blick» die Rede, heisst es bei Scharwaths und Itens moderner Fassung «Liebe auf den ersten Klick».
Unverkrampftes Setting – dank Club, Tanz und Techno
«Wir spielen nicht nur vorne auf der Bühne, sondern in der Menschenmenge, bei der Bar – und an ganz anderen Orten, vielleicht auch auf dem WC, wer weiss? Wir verschwinden, kommen wieder – die Gäste bleiben eigentlich immer in Bewegung», so Joelle weiter. Für die Aufführung spannen sie mit dem Luzerner Musikkollektiv Hellwach zusammen, DJ Klink wird an den Decks stehen. An einem Testlauf kommenden Freitag werden Joelle und Leila erste Elemente ihres Stücks zeigen. Die ganze Aufführung findet dann am 8. Juli statt – jeweils im Club des Krienser Südpols.
«Jeder und jede kann selbst entscheiden, wie viel sie von unserer Darbietung mitbekommen – oder ob sie lieber weiterraven möchten.»
Joelle Alea Iten
Stellt sich die Frage, ob Raverinnen überhaupt von Performances «gestört» werden möchten. Oder ob sie überhaupt verstehen, was genau um sie geschieht. «Jeder und jede kann selbst entscheiden, wie viel sie von unserer Darbietung mitbekommen – oder ob sie lieber weiterraven möchten», sagt Joelle. «Was wir unbedingt vermeiden möchten, ist, dass die Performances Verwirrung auslösen.» Deswegen gibt es einen «klassischen Theaterstart»: Um 22 Uhr wird die Tür geöffnet, die Musik läuft. Um 22:30 Uhr sprechen Künstlerinnen klassische Texte aus dem Stück Romeo und Julia, es gibt Tanzaufführungen und Performances. Bis das Ganze bricht und der DJ die Musik wieder aufdreht.
Novum für Luzern
«Unser Ziel ist es, einen ungezwungenen und lockeren Zugang zu darstellenden Künsten zu ermöglichen», sagt Joelle Alea Iten. «Gerade für jüngere Menschen sind klassische Theaterbesuche eher einschüchternd.» Deswegen haben sie sich für das unverkrampfte Setting eines Clubs entschieden.
Joelle und Leila haben bereits viele Rückmeldungen gekriegt. «Alle sind gespannt und können sich gar nicht wirklich vorstellen, wie es aussehen wird. Vermutlich, weil es so eine Aufführung in Luzern noch nie gegeben hat.»