Wie das Luzerner Theater seine Arbeit rechtfertigt
Ina Karr vertritt eine klare Haltung. (Bild: mif)
Das Luzerner Theater will sich durch die Niederlage an der Urne nicht ausbremsen lassen. Die neue Spielzeit ist vollgepackt. Doch schon bald wird der fehlende Neubau spürbar.
«Man muss das Abstimmungsresultat vom Februar jetzt erst mal verdauen, sich setzen lassen und dann analysieren, wie weiter vorzugehen ist», sagt Ina Karr. Es ist Montag, der 14. April, und die Intendantin – seit 21/22 am Luzerner Theater – soll das Programm zur neuen Spielzeit vorstellen.
Für die nächsten drei Jahre ist der Betrieb des Mehrspartenhauses finanziell gesichert. Die Spielzeit der Saison 25/26 ist mit über 350 Aufführungen und 8000 Proben prall gefüllt. Zudem sind die Programme für 26/27 und 27/28 zum grossen Teil festgelegt. Auch sicher sind die Räume, die – zwar mit Einschränkungen – nutzbar bleiben.
Doch die langfristige Lösung ist gescheitert: Das Stadtluzerner Stimmvolk hat das Bauprojekt für ein neues Theater am 9. Februar hochkant abgelehnt. Ein Schock für die rund 400 Mitarbeitenden am Luzerner Theater. Und so betont Ina Karr erneut, dass die Theaterräumlichkeiten in einem nicht mehr zumutbaren Zustand seien – was Platzverhältnisse und Arbeitsbedingungen betrifft.
Doch sie spüre den Support der Stadt und des Kantons Luzern. Der Wille für nachhaltige Verbesserungen der aktuell schwierigen Situation sei ungebrochen, sagt Karr.
Die künstlerische Leitung des Mehrspartenhauses mit Intendantin Ina Karr, Operndirektorin Ursula Benzing, Schauspieldirektorin Katja Langenbach, Tanzdirektorin Wanda Puvogel und Teresa Rotemberg, Leiterin Junges Luzerner Theater, versprüht am Montag im Foyer des Luzerner Theaters ungebremste Begeisterung für ihre Arbeit.
Derzeit sorgt die Theaterumsetzung von Benedict Wells’ Erfolgsroman «Hard Land» regelmässig für ein ausverkauftes Haus. Die Zuschauerzahlen sind über die vergangenen drei Jahre gestiegen, die Auslastung liegt bei 80 Prozent. Für Ina Karr eine Bestätigung: «Es geht immer noch hauptsächlich um zugkräftige Inhalte und weniger um Politik. Der Publikumszuspruch ist es, der unsere Arbeit hauptsächlich rechtfertigt», findet sie.
Programmheft mit neuer Farbe Pink
Erfolgreich soll es auch in der Saison 2025/26 weitergehen – und frisch. So ist auf dem Programmheft nicht mehr bloss die Hausfarbe Orange zu sehen, sondern auch ein Pink im gesprayten Look. Man wolle frech und besonders am Puls der Zeit sein, um das Publikum nachhaltig zu begeistern, erklärt Ina Karr. Wer im Motto «Morgen ist die Frage» eine Anspielung auf die Abstimmung wittert, verkennt jedoch, dass die Planung einer Saison schon länger feststeht.
Das Luzerner Theater versteht das Motto als Frage wie auch als Aufforderung. Wie sieht es aus, das Morgen? Und erliegen manche angesichts der Krisen bei ihrer Antwort nicht zu leicht der Versuchung des Pessimismus?
Warum Theater gerade jetzt wichtig ist
Mehr denn je, findet Intendantin Ina Karr, brauche es jetzt eine schöpferische Form der Zuversicht, wie sie das Theater im Idealfall schaffen könne. «Die auf der Bühne eröffneten Gedankenräume sollen uns dazu einladen, uns zu reflektieren.» Angesichts autoritärer Kräfte, die das glorreiche Gestern beschwören.
Nicht nur im Programm soll sich dies zeigen, sondern auch im Programmheft, in dem Gespräche mit Menschen aus verschiedensten Kontexten, vom Biolandwirt über die Trauerbegleiterin bis zum Handballtrainer aus Luzern und Umgebung, Eingang gefunden haben. Sie alle sagen, was sie von der Zukunft erwarten.
Musiktheater nur eingeschränkt möglich
Am Rande der Präsentation lässt sich Ina Karr auch etwas zur schwierigen Situation des Luzerner Theaters entlocken. Wie sie verrät, seien bereits in der übernächsten Spielzeit diverse Renovationsarbeiten geplant, was zur Folge habe, dass der Spielplan etwas verkürzt respektive die Pause etwas verlängert werde.
Selbstverständlich sei es schwierig, die Produktionen in der Sparte Musik umzusetzen, weil die Orchestergrösse derzeit platzbedingt reduziert werden müsse. Hier brauche es in naher Zukunft tragfähige Lösungen, die berücksichtigen, dass hinter dem Betrieb eine komplizierte Logistik stecke. Die Erweiterung des Theaters in Richtung Buobenmatt, die nach der Abstimmung bereits diskutiert worden sei, sei ihr bekannt. Viel mehr sagt sie dazu aber nicht. Ausser: Die Anforderungen eines Theaters seien komplex.
Produktionen mit grosser Ausstrahlung im Programm
Zurück zur neuen Spielzeit: Das Tanztheater wartet mit sieben Inszenierungen auf. Die Oper hat modern adaptierte Klassiker und Neuinterpretationen im Angebot. Beim Schauspiel sind 16 meist zeitaktuelle Stücke vorgesehen, inklusive der Wiederaufnahme des gefeierten Wells-Stücks «Hard Land».
Dazu gibt es verschiedene Angebote: Das Junge Theater Luzern soll die Kleinen ansprechen. Mit dem Patenbaby-Programm dürfen Jahrgänge 2025 mitsamt Begleitung gratis ins Luzerner Theater. Dazu folgt ab diesem Herbst mit «Contact» ein Inklusionsangebot für Betroffene von Nervenkrankheiten wie Parkinson oder Multipler Sklerose.
Redaktor bei zentralplus mit Themen-Schwerpunkten Politik und Kultur. Hat an der Universität Zürich Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie studiert. Als ehemaliger Triathlet nach wie vor begeisterter Läufer, Rennradfahrer und Schwimmer.