Kultur
Lukas Dischl im Gespräch

Luzerner Polizist mischt sich unter die Krimiautoren

Lukas Dischl schreibt Krimis mit Luzern als Setting – und arbeitet auch hier als Polizist. (Bild: cbu)

Die Morde in den Krimis von Lukas Dischl haben es in sich. Das Besondere: Dischl weiss, wovon er schreibt. Er ist selbst Kriminalpolizist.

Mit Monika Mansour, Silvia Götschi und Bruno Heini hat die Zentralschweiz eine ganze Palette an Schreibtalenten, die sich dem Genre des Lokalkrimis widmen. Ein – noch – weniger geläufiger Name ist Lukas Dischl. Er schreibt seit 2019 Krimis mit Luzerner Setting. Im vergangenen Spätherbst erschien sein drittes Buch «Unheil».

Dischl hat den anderen Autorinnen aber etwas voraus. Während seine schreibenden Kollegen die Abläufe und Handlungsweisen der Romanfiguren im Polizeimetier recherchieren müssen, kann Dischl aus seinem einen Erfahrungsschatz schöpfen.

Denn Lukas Dischl ist hauptberuflich Kriminalpolizist der Luzerner Polizei und in der Abteilung Leib und Leben zugeteilt. Jener Abteilung, die sich unter anderem mit Gewaltverbrechen beschäftigt.

Eine kunterbunte Karriere

Als zentralplus Dischl zu einem Gespräch trifft, erwartet uns jedoch nicht das klassische Bild eines Polizisten in Uniform. Leger, mit einem roten Hemd bekleidet, Ohren- und Nasenring, die Haare zu einem Manbun gebunden, setzt sich Dischl an den Tisch. Das Gespräch dreht sich zu Beginn für einige Zeit nicht um seine Werke, sondern um Filme, andere Bücher und Gummibärchen. Schnell wird klar: Dischl ist ein geborener Geschichtenerzähler.

Mit dem Geschichten-Erzählen kennt sich der 40-jährige Luzerner aus. Über ein KV bei einem Schweizer Verlag rutschte Dischl in die Medienwelt und landete schliesslich bei verschiedenen deutschen TV-Sendern. Hier entwickelte er verschiedene Show- und Serienkonzepte. Die Arbeit an einem Bericht über Gewalt an Homosexuellen weckte in Dischl einen anderen Berufswunsch: Polizist.

«Ich schreibe keine hochstehende Literatur, mir geht es darum, eine Geschichte zu erzählen.»

Lukas Dischl, Polizist und Autor

2010 begann er die Ausbildung bei der Luzerner Polizei. Bis 2020 war er auf Streife. Dann wechselte er zur Abteilung Leib und Leben. Hier klärt er bis heute Delikte auf. Und schreibt – meistens nachts – seine Kriminalromane. «Diese nächtliche Melancholie motiviert mich», sagt er.

Lukas Dischl schreibt «Fernsehen in Buchform»

Für seine bisher dreiteilige Krimireihe hat Lukas Dischl ein bodenständiges Ermittler-Duo geschaffen. Elias Amrein und Coco Kronenberg sind beide bei der Luzerner Polizei und – wie Dischl selbst – bei der Abteilung Leib und Leben tätig.

Als «Fernsehen in Buchform» beschreibt Dischl seine Werke. Das kommt hin. Die Kapitel sind kurz, beinhalten meistens nur eine Szene und enden oft mit einem Cliffhanger. Ausschweifende Beschreibungen von Umgebungen oder Gefühlswelten kommen kaum vor, Dischl präsentiert stattdessen klare Dialoge und Tatsachen. Konzeptschreibstil nennt es der Autor. «Ich schreibe keine hochstehende Literatur, mir geht es darum, eine Geschichte zu erzählen.» Reduziertes aber effektives Storytelling also. Dischl sagt: «Ich will einfach, aber gehaltvoll, schreiben.»

«Auch aus moralischen Gründen könnte ich nicht über reale Mordfälle schreiben.»

Abgetrennte Geschlechtsteile, in die Haut geritzte Worte, häusliche Gewalt – in Lukas Dischls Bücher geht es rabiat zu. Die Fälle aber, versichert der Autor, sind alle fiktiv. «Auch aus moralischen Gründen könnte ich nicht über reale Mordfälle schreiben.» Seine Arbeit als Polizist beeinflusst seine Bücher trotzdem. «Es sind kleine, emotionale Momente, die hängen bleiben und die ich manchmal in die Geschichten einfliessen lasse.»

Der Unterschied zwischen Realität und Fiktion

Auch die grundsätzliche Ermittlungsarbeit findet sich in seinen Büchern wieder. «Natürlich zusammengekürzt oder leicht abgeändert», sagt der Autor. «Gewisse Dinge geschehen in echt nicht so schnell wie im Buch. Aber zwei Tage Wartezeit beschreiben, ist für die Spannung nicht gerade förderlich.»

Dass er sich in seiner Freizeit, wenn auch «nur» literarisch, ebenfalls mit Polizeiarbeit beschäftigt, übersättigt ihn nicht. «Ich kann sehr gut zwischen Realität und Fiktion unterscheiden.» Ausserdem ist das Schreiben für ihn eine Nebenbeschäftigung. Eine von vielen.

Nebenher setzt sich Dischl als Co-Präsident vom Verein PinkCop für die Vernetzung von homo-, bi- und transsexuellen sowie intergeschlechtlichen Polizeikräfte in der Schweiz ein. Zudem ist er fleissiger Kinogänger und Filmfan. «Mein Lieblingsfilm? ‹Die Schöne und das Biest›», sagt er gut gelaunt. Ausserdem käst er gerne – ein Hobby, das er auch seinem Ermittler Elias Amrein auf den Leib geschrieben hat.

Aus einer Geschenkidee wurde eine Buchreihe

Eigentlich hätte sein Erstling «Unrein» auch sein einziges Buch bleiben sollen. «Ich hatte nie den Plan, eine ganze Reihe zu schreiben», erzählt Dischl. Die Grundlage für den Fall geht auf ein noch nicht realisiertes Serien-Konzept zurück, das er vor einiger Zeit fürs Fernsehen entwickelt hatte.

«Ich hatte dann die Idee, die erste Staffel als Buch umzusetzen.» Zuerst lediglich als Geschenkidee für Freunde und Familie. Dann aber entwickelte sein Buch ein Eigenleben. «Die Mund zu Mund-Werbetrommel funktionierte sehr gut.» Das Interesse an seinem Werk wuchs. Dischl setzte sich an die Nachfolgewerke.

«Das Schönste, was ein Mensch besitzen kann, ist eine eigene Bibliothek.»

Die hohe Nachfrage – wie hoch die Auflagen ausfallen, möchte er lieber nicht publik machen – fühlt sich für den Autor auch nach über drei Jahren noch «surreal» an. «Dass selbst Leute, die kaum lesen, meine Bücher kaufen und dann nach Nachschub fragen, ist ein tolles Gefühl.» Rückmeldungen gebe es viele. Aus dem Freundeskreis, von Krimifans, aber auch aus dem Berufsumfeld. Ein Beispiel? «Eine Kollegin schrieb mir mitten in der Nacht, dass ich das Buch doch nicht mit einem Cliffhanger enden lassen könne!»

Konflikte zwischen seiner Arbeit als Polizist und seiner Tätigkeit als Autor gab es bislang keine – im Gegenteil. «Es gibt viele Leser bei der Luzerner Polizei», sagt Dischl und schmunzelt. Vor Weihnachten hätten sogar einige seine Bücher als Geschenke gekauft.

Autor im Eigenvertrieb

Die Bücher vertreibt er via Selfpublishing auf seiner Website. Über die ISBN-Nummer kann man die Krimis auch im regulären Buchhandel kaufen. Bei grossen Verlagen vorstellig werden, will er indes nicht. «Bisher fahre ich mit meiner Taktik gut.» Auch eBook-Versionen sind für ihn kein Thema. «Das gedruckte Buch ist etwas Wunderschönes», so der Autor und zitiert seinen früheren Lateinlehrer: «Das Schönste, was ein Mensch besitzen kann, ist eine eigene Bibliothek.»

Auch wenn Lukas Dischl nicht Vollzeitautor werden will, die Ideen gehen ihm so schnell nicht aus. Der vierte Band «Unschuldig» mit seinem Ermittlerduo Kronenberg-Amrein erscheint 2024.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Lukas Dischl
  • Website des Autors
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.


Apple Store IconGoogle Play Store Icon