Porträt: Haris Dubica

Luzerner mischt Musikszene im Balkan auf

Haris Dubica mit seinem Arbeitsgerät. (Bild: Koenig Photography)

Haris Dubica ist erfolgreicher Regisseur, ausgeprägter Perfektionist und inzwischen Multimillionär in Sachen Youtube-Klicks. Er dreht Musikvideos und gilt im Balkan als Star. Seine Spezialität: Emotionen, sein Trumpf: Die schöne Zentralschweiz als Kulisse. Aber hier in der Schweiz kennt ihn kaum jemand  – und das will er bald ändern.

Im grossen Luzerner Bahnhofkiosk und Buchladen «Books & more» finden sich ein paar Magazine in slawischer Sprache. Haris Dubica greift sich ein Heft, blättert nicht lange und sagt gelassen: «Hier bin ich.» Er hält ein glänzendes Musikmagazin in den Händen, das den Regisseur bei seiner Arbeit zeigt. Wie ein Star ist er abgelichtet. «Ich finde hier am Bahnhof regelmässig etwas von mir in diesen Magazinen», sagt er.

Haris Dubica, der schweizerisch-bosnische Doppelbürger, ist in Emmen aufgewachsen und hat es im Balkan weit gebracht. Er hat sich als Regisseur in einem immensen Musikmarkt etablieren können: In seiner Wohnung in Emmen türmen sich Magazine mit seinen Artikeln, er hat mit einer Eurovision-Songcontest-Siegerin gedreht und wurde unter anderem Regisseur des Jahres in Belgrad. «Ich bin noch nicht reich, aber ich verdiene jetzt ein wenig mehr als früher. Ich verkaufe keine Staubsauger mehr.»

Der Gratis-Werber für Luzern

Bekannt wurde Dubica vor allem durch seine typisch emotionsgeladenen Szenen. Serben, Kroaten oder Bosnier schwärmen für viel Leidenschaft und Drama in der Musik. Deshalb sind die Dubica-Produktionen im Balkan heiss begehrt. Gegen 100 Musikvideos mit slawischen Künstlern hat er bisher in seiner Laufbahn produziert – zusammen gezählt bringen es diese Videoclips auf knapp 80 Millionen Besucher auf der Internetplattform Youtube.

Oft spielt in seinen Videoclips die Zentralschweizer Postkarten-Idylle im Hintergrund eine zentrale Rolle. Der Vierwaldstättersee, die Museggmauer, das Château Gütsch – solche Drehorte hat der Regisseur in Reichweite vor der Tür. «Überall wo man sich in der Zentralschweiz umdreht, ist es wunderschön», sagt er. Das besondere Flair dieser Kulissen kann Dubica den slawischen Musikern als Heimvorteil schmackhaft machen.

Das Video «Mila» des serbischen Sängers Sasa Kovacevic, man nennt ihn den «Justin Timberlake des Balkans», zählt inzwischen 1.7 Millionen Youtube-Klicks. Zum Vergleich: Luca Hänni, der in der Schweiz sehr populäre Gewinner der grössten Deutschen Castingshow, bringt es mit seiner bekanntesten Single auf gerade mal 190’000 Klicks. Emil, der Schweizer Volksliebling hat mit «Best of Emil» bisher 300’000 Besucher gesammelt.

Eigentlich schulde ihm die Luzerner Tourismusbranche etwas, sagt Dubica mit breitem Grinsen. Im Balkan senden 65 Fernsehstationen regelmässig seine Musikclips. «Ich denke, dass niemand mehr Gratis-Werbung für Luzern gemacht hat als ich.» Die Videoclips, in denen die Kulisse Luzerns vorkommt, zählen insgesamt gegen 30 Millionen Klicks.

Dubica ist ein Kontrollfreak

Privat sei er ein Tollpatsch, sagt Dubica über sich selbst. Vielleicht ist er auch ein wenig zerstreut: Nach einem Gespräch vergisst er seine Tasche im Restaurant. Die Servicekraft muss ihm nachrennen, übergibt sie, Dubica bedankt sich herzlich und kommentiert: «Das kann schon mal vorkommen. Zum Glück habe ich alles Wichtige in meinem Mobiltelefon gespeichert.»

Anders wirkt er hingegen am Set. Sobald es um seine Arbeit geht, wird Haris Dubica pedantisch und zu einem Perfektionisten. Nicht selten strapaziert er seine Crew mit vielen Wiederholungen, will Take um Take. «Ich finde im Nachhinein immer ärgerliche kleine Fehler im Video, die nur ich sehe», sagt er.

Ein Lichttechniker, der schon oft mit ihm am Filmset stand, ist Dian Kahrimanovic: «Dubica treibt es auf die Spitze: Wenn drei bis vier Stunden Arbeit am Set angesagt sind, werden es schlussendlich acht bis zwölf, weil er es perfekt haben möchte», klagt Kahrimanovic über seinen Chef. Besonders, wenn es um sein eigenes Drehbuch geht, ist Haris Dubica ein Kontrollfreak. «Ich habe meine Ideen. Diese will ich im Kasten.»

Er schont sich dafür selbst nicht. Wie damals, beim Dreh für den bosnischen Volksstar Dino Merlin, als sich Dubica kurzerhand selbst den Schädel rasierte und sich zum Schauspieler machte. Am Set war von den 800 gecasteten Statisten keiner bereit dafür. Dubica wollte unbedingt, dass für einen kurzen Moment ein zwiespältiges Gesicht in die Kamera grinst; halbseitig Clown, halbseitig normal. Das sei um drei Uhr morgens gewesen, er habe sich schlussendlich selbst rasiert und geschminkt.

«Ich bin zu kreativ»

Das Knowhow für die Kamera und für die Tricks im Schnittraum hat sich Haris Dubica zum grossen Teil selbst beigebracht. Als Ausbildung hat er ein Bürofachdiplom in der Tasche, im Büro hat er aber nie gearbeitet. Zweieinhalb Jahre verkaufte Dubica Geräte in einem Elektrofachgeschäft. Richtig glücklich hätte er aber in diesem Beruf nicht werden können, sagt er. «Ich bin zu kreativ.» Es habe sich schon im Deutschunterricht in der Schule gezeigt: «Ein Aufsatz von mir hatte 26 Seiten, aber unglaublich viele Rechtschreibfehler. Ich habe den Seitenrekord bestimmt noch bis heute», lacht er.

Er muss keine Werbung mehr machen

Dass er sich defintiv entschieden hat, Regisseur zu werden, ist zum einen auch dem Château Gütsch zu verdanken. Das zurzeit leerstehende Schlosshotel war Kulisse und ein entscheidendes Argument für die Zusage Dino Merlins, ein Video zu «Deset mladja» (übersetzt: zehn Jahre jünger) mit Dubica zu drehen. Das war im Jahr 2008. «Seither kommen die meisten Aufträge auf mich zu. Ich muss keine Werbung für meine Arbeit mehr machen.»

Langsam aber sicher will Dubica mit seinen Produktionen auch in der Schweiz Fuss fassen. Seit Neuestem produziert er für den Schweizer Jugendsender «Joiz» kurze Videos. In diesen Parodien spielen die Moderatoren von «Joiz» die Hauptrollen. «Es kam bis jetzt sehr gut an», sagt Dubica stolz.

In naher Zukunft will er in der Schweiz mehr machen und plant einen längeren Spielfilm. Ideen und einige Angebote habe er schon, will aber nicht mehr verraten. Er nehme sich jetzt wirklich Zeit dazu. «Ich schaue mich um, kläre Finanzierungen ab, das ganze Was-wie-wo. Irgendwann arbeite ich dann vielleicht in Hollywood.»

Hier eine Sammlung von Dubicas Schaffen als Kostprobe:

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