«Shi Xing Long – ein Leben für das Shaolin Kung Fu»

Luzerner Journalist liefert mit 57 Jahren sein Filmdebut ab

Roger Stutz (links) wurde beim Dreh von Regisseur Claudio Brentini (rechts) auf Schritt und Tritt begleitet. (Bild: zvg)

Der Journalist, Regisseur und Schauspieler Claudio Brentini veröffentlichte jüngst seinen ersten Dokumentarfilm. Im Zentrum steht das Leben des Luzerner Shaolin-Meisters Roger Stutz.

Claudio Brentini war schon vieles in seinem Leben. Fotograf, Videojournalist, Schauspieler und Regisseur waren nur einige seiner Stationen. Nun kann er sich auch noch Dokumentarfilmer nennen. «Für mich war der Film ein Pilotprojekt. Es war eine Herausforderung an mich selber. Und ich fragte mich: Kann ich das überhaupt?»

Die Freundschaft zwischen Brentini und Shi Xing Long, wie Roger Stutz' chinesischer Name lautet, geht schon viele Jahre zurück. «Ich praktiziere seit 35 Jahren Taijiquan. Roger wurde dann irgendwann mein Lehrer.» Später hat Brentini bei Stutz' Buch «Die Tugenden des Shaolin Kung Fu» als Ghostwriter mitgewirkt.

Viel Überzeugungsarbeit notwendig

Den Luzerner Kung-Fu-Meister für das Projekt zu begeistern hat den Journalisten viel Überzeugungsarbeit gekostet. «Roger hat sich zuerst mit Händen und Füssen gewehrt. Er steht nicht gerne im Vordergrund. Es waren viele Gespräche nötig, bis er eingewilligt hat», sagt Brentini.

Am Ende habe Stutz die Art und Weise des Filmprojekts überzeugt. «Claudio versprach mir, einen Film zu drehen, der mich nicht idolisiert, sondern mich als Menschen mit Stärken und Schwächen zeigt. Mir war diese Echtheit wichtig», sagt Stutz.

Autodidaktisch beigebracht

Über ein Jahr hat sich Claudio Brentini auf den Dreh vorbereitet. Die Handhabung der Kamera und des Ton- und Lichtequipments hat er sich selbst beigebracht. Befreundete Filmemacher hätten ihn über weite Strecken des Projekts beratend unterstützt.

«Ohne Vitamin B ist nichts machbar. Und manchmal hilft nicht mal das.»

Claudio Brentini, Regisseur

Entscheidend war nebst den technischen Features auch die Grösse der Ausrüstung. «Man muss genau überlegen, was man mitnimmt. Als Dokumentarfilmer muss man schnell und mobil sein.»

Finanziert wurde die Produktion zumTeil mit Crowdfunding. «Wir bekamen genug Geld zusammen, um die Reisekosten und die Equipmentmiete zu decken.»

Dreh war eine Herausforderung

Auf die Frage hin, wie die Dreharbeiten in China verliefen, sagt Brentini lachend: «Eine echte Herausforderung.» Eine vernünftige Planung sei unmöglich gewesen. Die zahlreichen Anekdoten erzählt er voller Schalk. Heute kann er darüber lachen, damals seien die Dreharbeiten enorm nervenaufreibend gewesen. E-Mail-Bestätigungen und Journalistenausweise hätten in China keinen Wert gehabt. «Ohne Vitamin B ist nichts machbar. Und manchmal hilft nicht mal das.»

Brentini spricht über eine dreistündige Diskussion für eine einzelne Drehbewilligung: «Sie wurde uns dann endlich erteilt – am nächsten Morgen wusste dann aber niemand mehr etwas davon.»

«Ich habe mich manchmal etwas schwergetan, die ganze Zeit gefilmt zu werden.»

Roger Stutz, Kung Fu-Meister

Stutz kennt die Eigenheiten der Chinesen. «In der Schweiz löst man vieles mit ein, zwei Telefonaten. In China wird viel über Geld geregelt.» Für Dreharbeiten an öffentlichen Plätzen habe man vielerorts Geld gefordert – teils im fünfstelligen Bereich, erzählt Brentini. Bezahlen konnte er diese Summen natürlich nicht. Also habe er nach Alternativen gesucht oder etwas auf gut Glück trotzdem gemacht. «Eine Tempel-Aufnahme habe ich mit der Drohne gedreht, während ich von einem Beamten angebrüllt wurde.»

Auf Schritt und Tritt verfolgt

Der Dreh erstreckte sich über drei Jahre. Brentini reiste in dieser Zeit zweimal mit Stutz nach China, begleitete ihn auf Schritt und Tritt. Das war nicht immer einfach. Für beide. «Ich habe mich manchmal etwas schwergetan, die ganze Zeit gefilmt zu werden», erzählt Stutz. «Manchmal fühlte ich mich verfolgt.» Trotzdem habe er nie das Vertrauen in Brentinis Arbeit verloren.

Für diesen gab es dafür Momente, in denen er nur schwer seine journalistische Distanz wahren konnte. Als Beispiel nennt er einen Todesfall in Stutz' Familie. «Aber diese Momente muss man aushalten können und die Kamera laufen lassen, auch wenn man sich dabei manchmal wie ein Voyeur fühlt.»

Produktive Restenverwertung

Über 20 Stunden Filmmaterial hat Brentini über die drei Jahre gesammelt. «Eine Form für den Film zu finden war eine der grössten Herausforderungen. Ich hatte zunächst keine Ahnung, wie ich den Film schneiden sollte.» Am Ende zahlte sich seine Arbeit als Theaterregisseur aus. «Mein Bilddenken und die Kenntnisse in Dramaturgie haben mir geholfen herauszufinden, wie ich die Geschichte erzählen möchte.»

Viel von dem gedrehten Material fand im fertigen Film keinen Platz. «Da waren teils tolle Szenen dabei, die ich aber nicht einbauen konnte.» Dieses Material soll aber anderweitig ausgewertet werden. «Gewisse Sequenzen geben gute Kurzfilme ab. Die könnten wir auf Videoplattformen hochladen.»

Interesse aus dem Ausland

Brentini ist mit «Shi Xing Long – ein Leben für das Shaolin Kung Fu» ein ruhiger und persönlicher Film gelungen. Eine Festivalauswertung strebt Brentini jedoch nicht an. Die ist vielleicht auch gar nicht nötig: «Der Verkauf ist gut angelaufen und mittlerweile interessieren sich auch mehrere Personen aus dem Ausland für den Film.»

Er könne sich auch vorstellen, den Film Fernsehstationen anzubieten. «Aber da bin ich völlig entspannt. Wenn er nirgendwo aufgenommen wird, ist das auch okay.»

Mit dem Ergebnis zufrieden

Für ihn war die Reise das Ziel und er ist mit dem Resultat sehr glücklich. «Ich kann's nicht besser», sagt er lachend. «Aber ich konnte das erzählen, was ich wollte.» Und ein bisschen stolz ist der 57-Jährige auch auf sich: «Es freut mich, dass ich es durchgezogen und geschafft habe.»

Für Roger Stutz war die Erstsichtung des Films eine spezielle Erfahrung: «Es war nicht ganz einfach, mich selbst im Film zu sehen und meine Aussagen zu akzeptieren. Aber ich kann jetzt gut dahinterstehen.»

«Shi Xing Long – ein Leben für das Shaolin Kung Fu» ist ab sofort für 27 Franken auf Vimeo on Demand erhältlich.

Das Poster des Dokumentarfilms.
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