Stiftung fördert Filmtalente mit 570'000 Franken

Luzerner Filmemacherin zeigt, wie «absurd wir konsumieren»

Die Regisseurin Aline Schoch thematisiert mit ihrem Trickfilm «Megamall» das Konsumverhalten von Menschen.

Die Albert-Koechlin-Stiftung führt im März zum dritten Mal die Verleihung des Innerschweizer Filmpreises durch. Grosszügig prämiert werden auch Filme von Nachwuchsfilmern aus Luzern. Darunter sind Aline Schoch, Louis Möhrle und Amélie Cochet, die sich in ihren Filmen mit Gesellschaftskritik auseinandersetzen.

Mit dem Innerschweizer Filmpreis hat die Albert-Koechlin-Stiftung (AKS) weniger einen klassischen Wettbewerb ins Leben gerufen, sondern einen Mix aus Wertschätzung und Förderung für hiesiges Filmschaffen. «Die Filmförderung in der Zentralschweiz ist schweizweit am tiefsten», sagt Simon Koenig, Geschäftsführer vom Filmbüro Zentralschweiz. Aus diesem Grund hat die AKS den Preis 2017 gemeinsam mit der Filmbranche ins Leben gerufen.

Ziel des Filmpreises ist also weniger, einen Sieger zu küren, sondern mit Preisgeldern zwischen 20'000 und 50'000 Franken Filmschaffende aus der Innerschweiz zu unterstützen – in verschiedenen Genres und Formen. «Die breite Auswahl an Werken soll die Vielfalt des Mediums und der Macher honorieren und deren Arbeit bekannt machen», so Koenig.

Auf dem Programm stehen nebst Produktionen von erfahrenen Profis wie den Luzerner Regisseuren Edwin Beeler («Hexenkinder») oder Aldo Gugolz mit «Kühe auf dem Dach» (zentralplus berichtete) auch verschiedene junge Talente.

Innerschweizer Filmpreis

In diesem Jahr findet zum dritten Mal die Verleihung des Innerschweizer Filmpreises statt. Aus 34 eingereichten Filmen hat eine fünfköpfige Jury zwölf Filme und drei Personen des Filmschaffens prämiert. «Die Selektionskriterien sind sehr streng», erklärt Koenig. So müssen die Werke im Kino oder einem namhaften, internationalen Festival gelaufen sein.

Weil Corona eine Durchführung mit Publikum im Hotel Schweizerhof nicht zulässt, haben sich die Organisatoren für eine virtuelle Verleihung entschieden. Der aufgezeichnete Anlass wird via Stream übertragen. Während den zwei Tagen, am 6. und 7. März, können sich Filmbegeisterte für eine Pauschale von 10 Franken alle 15 Filme ansehen.

Der Anlass wird von Monika Schärer moderiert und musikalisch von Heidi Happy begleitet.

Weitere Infos findest du hier.

Konsumkritik in Bildern

Eine von ihnen ist die Luzernerin Aline Schoch, die mit ihrem Trickfilm «Megamall» das Konsumverhalten von Menschen thematisiert. Der Film zeigt zwei surreale Welten aus Rolltreppen – eine hektische Welt auf der Oberfläche und eine ruhige, entschleunigte Welt darunter. «Rolltreppen sind für mich ein Sinnbild für unsere westliche Konsumgesellschaft», erklärt Schoch ihr Szenario. Bequem werde man von A nach B transportiert, ohne sich selbst bewegen zu müssen.

Mit dem Thema Konsum beschäftigt sich die 25-Jährige auch persönlich intensiv – auf eine kritische Art und Weise. Besuche in grossen Shopping-Zentren zu Recherchezwecken waren für sie eine ziemliche Qual. «Ich wollte da sehr schnell wieder raus.» Für sie war es wichtig, nicht nur zu unterhalten, sondern «das Publikum anzuregen, darüber nachzudenken».

Die Welt des Konsums in den Augen der Luzerner Jung-Regisseurin Aline Schoch. (Bild: Filmstill / Aline Schoch)

Monatelange Handarbeit

Den Stil, den Schoch für ihren Film gewählt hat, hat sich aus der Geschichte heraus ergeben. Die Figuren im Film sind mit Einkaufszetteln und Ausschnitten aus Werbezeitschriften «gefüllt». Sie tragen ihren Konsum quasi in sich. «Ich habe unzählige Quittungen und Ausschnitte gesammelt und zu thematischen Collagen zusammengesetzt.» Diese dienten dann als Fläche für die gezeichneten Figuren.

«Die Coronakrise hatte keinen Einfluss auf den Film.»

Aline Schoch, Regisseurin

Jedes Einzelbild – zwölf Bilder pro Sekunde – hat sie dann einzeln von Hand auf einem Tablet gezeichnet und zu einem Ganzen zusammengefügt. Über ein halbes Jahr hat sie an dem Werk gearbeitet – das durch die Coronakrise unverhofft an Aktualität gewonnen hat.

Unverhofft aktuell

«Die Coronakrise hatte keinen Einfluss auf den Film», sagt Schoch. «Aber sie belegt meine Absicht hinter dem Film. Es ist absurd, wie wir konsumieren.» Menschen, die in einen Kaufrausch verfallen, sich mit Dingen eindecken, die sie eigentlich gar nicht brauchen – Stichwort Hamsterkäufe.

Der Film entstand als Abschlussarbeit von Schochs Bachelor-Studium an der Hochschule Luzern Design und Kunst. Die Arbeiten daran starteten schon im Oktober 2019 – noch vor Ausbruch der Coronakrise – und haben dadurch fast etwas Prophetisches.

Preisgeld für neue Projekte

Die Auszeichnung und das Preisgeld, das Schoch durch die Verleihung bekommt, fühlen sich für sie noch surreal an. «Ich habe das noch immer nicht so ganz realisiert.» Einen Teil der 20'000 Franken wird sie für ein neues Projekt verwenden, das derzeit noch in der Entwicklung ist und für den Rest «habe ich noch keinen Plan. Vielleicht kaufe ich mir ein Gucci-Täschli», sagt sie und schmunzelt.

Schoch ist aber auch froh, dadurch ein kleines finanzielles Polster zu haben, um sich in den kommenden Jahren komplett selbstständig zu machen und sich vollständig dem Filmschaffen widmen zu können.

Hitchcock mit Müll

Gesellschaftskritisch setzte sich auch der 27-jährige Luzerner Louis Möhrle auseinander, der seinen Film zusammen mit der Co-Regisseurin Amélie Cochet realisiert hat. Statt Shopping haben sie sich jedoch mit Abfall auseinandergesetzt.

Ihr Trickfilm «Ihr» spielt im Innenhof einer Wohnsiedlung. Durch verschiedene Fenster kriegt der Zuschauer flüchtige Einblicke in das Leben der Bewohner. Hitchcocks «Das Fenster zum Hof» war eine der stilistischen Inspirationsquellen, wie Möhrle betont. Statt eines Mordes steht in dem sechsminütigen Kurzfilm aber der Umgang mit Abfall im Zentrum – in mehrheitlich kargem, handgezeichnetem Schwarz-Weiss.

Innenhof als Mikrokosmos

Von achtlos aus dem Fenster geworfenen Abfallsäcken bis zu Cocktail-Gläsern, Aktentaschen und am Ende gar ungeliebte Ehepartner – Abfall produziert mehr Abfall, bis der Innenhof sich in ein Meer aus Müll verwandelt hat. Und mittendrin eine Oma, die doch nur korrekt ihren Müllbeutel im Container entsorgen wollte.

«Wir wollten ein Ensemble ohne klare Hauptfigur, um verschiedene Sichtweisen aufzeigen zu können.»

Louis Möhrle, Co-Regisseur

«Der Innenhof widerspiegelt unsere Welt», sagt Möhrle und beschreibt das Setting als Mikrokosmos. Die verschiedenen Protagonisten, von der Oma bis zu einer Nachbarin mit Sauberkeitsfimmel, seien bewusste Klischees. «Wir wollten ein Ensemble ohne klare Hauptfigur, um verschiedene Sichtweisen aufzeigen zu können.»

Das Regieduo von «Ihr»: Amélie Cochet und Louis Möhrle. (Bild: Claudia Schildknecht)

Zeichnen im Duett

Ein Trickfilm als Duett? Für Möhrle und Cochet keine grosse Hürde mehr. «Wir haben schon während der Ausbildung an der Hochschule Luzern Design und Kunst Filme im Duett realisiert.» Ihre beiden Zeichenstile seien sich sehr ähnlich und würden deswegen gut zusammenpassen. «Zum Teil weiss nicht einmal ich mehr, was von mir und was von Amélie stammt.»

Es wird auch nicht das letzte Projekt der beiden sein. Auch sie planen einen Teil des Preisgeldes in kommende Arbeiten zu stecken. Konkret seien diese aber noch nicht, sagt Möhrle. Zuerst freuen sie sich auf die Auszeichnung und die Wertschätzung und Anerkennung, die damit einhergeht. Denn der Film sei sehr unterschiedlich aufgenommen worden.

«Viele Grossmütter haben sich im Film wiedererkannt», sagt Möhrle. Spannend seien auch die regionalen Unterschiede gewesen. Während sich das Publikum in Genf köstlich amüsiert hat, waren die Reaktionen in der Deutschschweiz eher verhalten. Und grundsätzlich: «International wird der Film besser aufgenommen als in der Schweiz.»

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