Partygänger lassen sich nicht impfen

Luzerner Clubs sorgen sich vor der vierten Corona-Welle

Nach monatelanger Durststrecke haben Partygänger das Nachtleben zurück. (Bild: Adobe Stock)

Clubs und Bars haben seit gut einem Monat wieder offen. Das Partyleben kommt nach einem langen Corona-Winter so langsam wieder in Gang, aber die Lage bleibt fragil. Ausgangslokale fordern deshalb vom Kanton eine Strategie für die sich abzeichnende vierte Welle. Doch dieser tut sich momentan schwer, die junge Bevölkerung zu erreichen.

Dank der viel zitierten 3-G-Regel gibt es ihn wieder, den Ausgang, wie wir ihn vor der Pandemie kannten. Volle Clubs, Hunderte Menschen eng aufeinander, und das alles in schlecht durchlüfteten Räumen. Aus der Perspektive eines Virus natürlich ein Paradies. Doch die Impfung und die Corona-Schnelltests machen es möglich, dass die Partyszene nach einem tristen Corona-Winter so langsam wieder erwacht.

Was sich in den vergangenen Wochen aber auch gezeigt hat: Die Lage ist sehr fragil. In mehreren Schweizer Clubs, unter anderem auch im «Rok» in Luzern, kam es trotz Zertifikatpflicht zu Ansteckungen (zentralplus berichtete). Die 3-G-Regel kann ein potenzielles Ansteckungsrisiko also offenbar nicht zu 100 Prozent ausschliessen.

Gleichzeitig nimmt die Impfbereitschaft in der Schweiz und auch im Kanton Luzern kontinuierlich ab. Vor allem die junge Bevölkerung scheint der Impfung gegenüber sehr skeptisch zu sein. Zudem steigen die Infektionszahlen überall in der Schweiz, was die Situation zusätzlich verkompliziert.

Clubs und Bars sind vor dieser heiklen Ausgangslage besonders exponiert. «Wir sind die ersten, die schliessen müssen und die letzten, die wieder aufmachen dürfen» erklärt Phillip Kathriner, Geschäftsführer vom «Rok». Auch die IG Kultur Luzern ist sich dieser fragilen Situation bewusst. Sie fordert darum vom Kanton Luzern eine Strategie für die nahende vierte Welle, sodass ein dritter Lockdown nach Möglichkeit verhindert werden kann und die Kulturbetriebe und Clubs offen bleiben. «Der Herbst kommt bald, darum muss der Kanton jetzt etwas tun, um einen dritten Lockdown zu verhindern. Bis jetzt wurde zu wenig Sichtbares unternommen», kritisiert Gianluca Pardini, Geschäftsführer der IG Kultur Luzern, den Kanton.

Sensibilisierung ist gefragt

Pardini möchte dabei vor allem eine Strategie ins Zentrum der Bemühungen stellen: «Wir müssen die junge Bevölkerung für die Impfung sensibilisieren und ihr aufzeigen, was die Vorteile einer Impfung sind.» Denn gerade diese Bevölkerungsgruppe macht den Grossteil der Clubbesucher aus, zeigt aber gleichzeitig die geringste Impfbereitschaft.

Im Kanton Luzern sind Ende Juli gemäss BAG-Zahlen erst 33 Prozent der Personen im Alter von 20 bis 29 Jahren doppelt geimpft. Zum Vergleich: Im Kanton Zürich haben immerhin bereits 45 Prozent dieser Bevölkerungsgruppe den vollen Impfschutz. Das dürfte auch das Resultat einer breit angelegten Impfkampagne im Kanton Zürich sein.

Die Kampagne des Kantons Luzern versucht, junge Personen für die Impfung zu motivieren. (Bild: Kanton Luzern)

Der Kanton Luzern hat diese Problematik bereits wahrgenommen. So hat er eine eigene Informationskampagne zum Impfen lanciert, die sich spezifisch an jüngere Personen richtet. Allerdings sei die Sichtbarkeit dieser Kampagne begrenzt, kritisiert Pardini. Ein neuer Ansatz zur Sensibilisierung der jungen Bevölkerung für die Impfung ist deshalb die direkte Zusammenarbeit zwischen der IG Kultur Luzern und dem Kanton, welche diese Woche lanciert wurde.

Auch in dieser Hinsicht dient der Kanton Zürich als Vorbild, der gemeinsam mit der Bar- und Clubkommission Zürich eine Kampagne lanciert hat, die spezifisch auf jüngere Personen ausgerichtet ist und ihnen die Vorteile der Impfung näherbringen soll. Etwas Ähnliches ist nun also auch für den Kanton Luzern angedacht.

Mit dieser Impfkampagne versucht die Bar- und Clubkommission Zürich junge Menschen für die Impfung zu sensibilisieren. (Bild: Bar- und Clubkommission Zürich)

Der Luzerner Gesundheits- und Sozialdirektor Guido Graf lobt gegenüber zentralplus: «Wir begrüssen die Initiativen der IG Kultur Luzern bei der Bekämpfung der Pandemie und unterstützen sie dabei.» Und auch Pardini freut sich über die Bereitschaft des Kantons zur engeren Zusammenarbeit: «Der Wille für die gegenseitige Unterstützung ist spürbar.» Die konkrete Form der Zusammenarbeit ist allerdings noch nicht definiert.

Nebst der Sensibilisierung der jungen Bevölkerung für die Impfung gibt es auch noch indirekte Ansätze, um mehr Personen zur Impfung zu motivieren. Und hier kommt den Corona-Schnelltests eine zentrale Rolle zu. Denn diese sind zurzeit kostenlos, weil der Bund die Kosten für einen Test pro Tag übernimmt. Weil in Luzern nun auch die Testkapazitäten am Wochenende und am Abend aufgestockt wurden, ist der Zugang zu einem Schnelltest und damit zum Covid-Zertifikat derzeit relativ niederschwellig (zentralplus berichtete).

Bleibt die Frage: Wie lange noch? Denn auf nationaler Ebene werden die Stimmen lauter, die den kostenlosen Tests ein baldiges Ende setzen wollen. So forderte die FDP Schweiz vergangene Woche ein Ende der Gratistests für all jene, die sich mittlerweile impfen lassen können. Dies soll sich letztlich positiv auf die Impfbereitschaft der Bevölkerung auswirken.

Gratistests sollen bleiben, aber …

In Luzern hält man von dieser Forderung hingegen wenig. Weder die Clubbetreiber, die IG Kultur Luzern noch der Kanton Luzern unterstützen ein baldiges Ende der Gratistests. Für Gesundheitsdirektor Graf handelt es sich hierbei um eine Frage der Solidarität: «Die Tests sollen auch weiterhin gratis sein, zumindest in absehbarer Zeit. Wenn die Jugendlichen die Tests selber bezahlen müssten, könnten sich das viele nicht mehr leisten. Das würde die bisherige Solidarität der Jungen arg strapazieren.»

Für die Clubs spielen nebst dem Faktor der Solidarität auch finanzielle Argumente eine wichtige Rolle. Denn momentan nutzen noch viele Partygäste das Angebot der kostenlosen Schnelltests. Fällt dieses Angebot weg, rechnen die Clubs mit deutlich weniger Gästen. «Das würden wir sehr einscheidend spüren», erläutert Sam Alge vom Schwarzen Schaf in Luzern.

Der neue Testpoint am Inseliquai bietet auch Abends und am Wochenende kostenlose und spontane Corona-Schnelltests an. (Bild: bic)

Zudem gewährleisten die Schnelltests auch einen geringeren Schutz vor einer Ansteckung als die Impfung. Auch ist es komplizierter, jedes Wochenende aufs Neue mittels Test ein Covid-Zertifikat zu organisieren, als dieses mittels Impfung auf Dauer zu erhalten.

Der Kanton macht es sich zusammen mit der IG Kultur Luzern deshalb nun zur Aufgabe, diese Vorteile der Impfung auch der jungen Bevölkerung zu vermitteln. Denn das würde gemäss Guido Graf die Impfbereitschaft der jungen Menschen mit Sicherheit fördern.

«Ich bin überzeugt, dass sich immer mehr junge Menschen impfen lassen werden, wenn sie die Vorteile sehen und realisieren, dass sich sehr viele ihrer Kolleg/innen haben impfen lassen.»

Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf

Ob die neue Impfkampagne des Kantons Erfolg haben wird, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Die Clubs schauen derweil nur bedingt optimistisch in die Zukunft. Sie hoffen auf eine steigende Impfbereitschaft in der Bevölkerung – und sind darauf eingestellt, dass sie ihre Türen womöglich in nicht allzu ferner Zukunft wieder schliessen müssen.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Paul Bründler
    Paul Bründler, 01.08.2021, 11:25 Uhr

    Ich habe es immer noch nicht verstanden.
    Könnte mir das nochmal jemand erklären?
    Was ich weiss ist folgendes:
    A: Die Impfung stoppt die Ausbreitung der Delta Variante nicht nennenswert.
    B: Junge Menschen haben vernachlässigbar selten ernsthafte Probleme bei einer SARS-CoV-2-Infektion.

    Was genau verspricht man sich von dieser Impfung für das «Partyleben»?
    Welches Problem löst die Impfung für diese Gruppe?

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎2Daumen runter
    • Profilfoto von Paul Bründler
      Paul Bründler, 01.08.2021, 18:48 Uhr

      An den «Daumen runter»: Wie wäre es mit einer Antwort? Ich habe ja eine Frage gestellt und keine Behauptung aufgestellt.

      @zentralplus: Ich verstehe, warum ihr das Bewertungssystem eingeführt habt.
      Als kleines Plus für «Möglichmacher».
      Aber eigentlich finde ich es hier zu «familiär» für so etwas.
      Wenn jemand mit einem Beitrag nicht einverstanden ist, dann soll er/sie doch bitte schreiben warum.
      Aus meiner Sicht macht das Bewertungssystem hier vieles kaputt, was bisher sympathisch war.
      Klar, das ist nur meine Meinung. Es ist euer Forum.

      👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
      • Profilfoto von Redaktion zentralplus
        Redaktion zentralplus, 01.08.2021, 21:29 Uhr

        Seit Aufschaltung unsere freiwilligen Abos haben über 300 Personen ihre Unterstützung bekundet und wurden Möglichmacherin oder Möglichmacher. Diese haben unter anderem die Möglichkeit, im eingeloggten Zustand, Kommentare anderer zu bewerten. Es ist für uns klar, dass wir diesen Personen einen Mehrwert bieten wollen. Es steht allen frei, ebenfalls Möglichmacher zu werden: https://www.zentralplus.ch/moeglichmacherin/

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