Kostümbildnerin Ammon plaudert aus dem Nähkästchen

«Luzern ist wie Ferien»

Janina Ammon in Luzern, wo sie sich immer mehr im Urlaub fühlt. (Bild: jav)

Die aufstrebende Luzerner Kostümbildnerin Janina Ammon ist ständig unterwegs. Doch nicht nur deswegen hat sie keine Hobbys. zentral+ erzählte sie, was ihre Arbeit ausmacht. Und sie erklärt auch, warum Laientheater so gefährlich ist.

Janina Ammon wirkt entspannt und gelöst. Kein Wunder: Die 28-jährige Kostümbildnerin ist gerade aus den Ferien aus Marokko zurück. Ihre mit Henna bemalten Hände und die farbigen Schuhe zeugen davon. Diese Reise sei seit vier Jahren der erste richtige Urlaub gewesen. «Aber dafür bin ich für die Arbeit sehr viel unterwegs.» Vor Marokko war sie in Regensburg, jetzt arbeitet sie in Hallwyl, dann in Zürich.

Luzern ist dabei die «Homebase». Es sei immer beruhigend, zurückzukommen. «Unsere kleine Stadt ist schon sehr gemütlich, man kennt die Leute auf der Strasse. Ich habe meinen Freund hier. Es ist ein wichtiger Ort – zum Ankommen und Runterfahren. Mittlerweile ist Luzern schon wie Ferien», sagt sie und lacht.

«Alles, was auf dem Schauspieler drauf ist, ist Kostüm.»

Denn an den anderen Orten sei immer alles Arbeit. «Aber ich geniesse es dann auch, voll einzutauchen und eine intensive Arbeitsphase zu haben.» Vier bis fünf Monate pro Jahr ist sie so unterwegs. Ihr Atelier hat sie deshalb mittlerweile zuhause eingerichtet.

Viel unterwegs, in Luzern zuhause

Doch kaum zurück, ist die Kostümbildnerin bereits wieder am nächsten Auftrag. Sie müsse heute noch viele Blumen basteln. «Eine alte Diskussion – ob etwas Requisite oder Kostüm ist. Aber grundsätzlich zählt: Alles, was auf dem Schauspieler drauf ist, ist Kostüm.»

Janina Ammon

Nach der Ausbildung in Textildesign an der Luzerner Kunsthochschule machte Ammon ein Praktikum beim Luzerner Theater. Daraufhin erhielt sie am Haus eine Anstellung als Kostümassistentin für zwei Jahre. Seither ist sie freischaffend in der Schweiz und Deutschland tätig. Ammon lebt in Luzern.

Für die Zauberflöte an den Schlossfestspielen Hallwil macht Ammon derzeit eine Assistenz. Eine Assistenz? «Ja, ich mache das zwischendurch sehr gerne. Es ist eine angenehme Arbeit. Aber ich mache sie nur, wenn ich weiss, dass ich mich mit der verantwortlichen Person gut verstehe und auch von ihr lernen kann. Wenn ich die Zusammenarbeit schätze.» Erfahrungen mit Kostümbildnern hat Ammon während ihrer Zeit am Luzerner Theater genügend gemacht, um das einschätzen zu können. «Alle sieben Wochen wechseln die Kostümbildner und das oft auch überschneidend. Dadurch lernt man so viel von so vielen verschiedenen Leuten: Wie man es machen kann, auch wie man es nicht machen sollte.»

Keine Grenzen

Die Arbeiten von Ammon haben ihren eigenen Stil. Eine gewisse Üppigkeit ist ihr inne. «Einen Stil zu haben ist wichtig, aber auch gefährlich, wenn man dem zu sehr frönt. Man muss auch flexibel sein und ständig neue Ideen haben.» Dafür habe man aber auch eine riesige Freiheit. «Es gibt eigentlich keine Grenzen – es muss nur tragbar sein. Wortwörtlich.»

«Es ist sicher von Vorteil keine graue Maus zu sein.»

Doch nicht nur in ihrer Arbeit zeigt sie sich kreativ. Ammon fällt auch als Person auf. Mit ihrem ganz eigenen Stil, angelehnt an die 50er Jahre, und dem hohen Dutt. «Das macht grösser», lacht die 1,55 grosse Ammon. Die Haare trage sie seit Jahren so. Es ist eine Art Erkennungsmerkmal geworden. «Trage ich die Haare offen, bin ich fast inkognito unterwegs», amüsiert sie sich.

Doch muss man als Kostümbildnerin eigentlich Stil haben, auffallen? «Müssen bestimmt nicht. Aber in diesem Beruf hat man ja hoffentlich Spass daran, Leute anzuziehen. Und diesen Spass hat man dann bei sich selbst auch. Und es ist sicher auch von Vorteil keine graue Maus zu sein», so Ammon.

Janina Ammon's Atelier.

Janina Ammon’s Atelier.

Ein Lager für ihren Fundus an zahlreichen Kostümen hat Ammon keines. Gelagert ist alles im Atelier und im eigenen Kleiderschrank. «Mein Kleiderschrank ist mehr als zur Hälfte voll mit Kostümen. Ich kann an gewissen Teilen am Flohmarkt einfach nicht vorbeigehen. Denn so was findet man oft nie wieder.» Viele Dinge von der Bühne sieht man deshalb später an ihr oder auch umgekehrt.

Zurück in die Realität

Ihr Freund ist nicht im künstlerischen-, sondern im IT-Bereich tätig. «Und das ist gut so.» Er hole sie oft aus der Theaterwelt zurück in die Realität. «Er zeigt mir, dass auch andere Dinge wichtig sind. Er sagt mir oft auch, ich bräuchte ein Hobby. Aber mein Job ist mein Hobby», sagt sie und lacht.

Doch das kann auch gefährlich sein. Das ist gerade in der Laientheaterszene, in welcher Ammon in der Schweiz oft die Kostüme macht, ein Thema. «Es ist unglaublich wie viele Leute hier ihre Zeit und Energie investieren, ohne finanzielle Entlöhnung», sagt Ammon.

Das sei grossartig und auch wichtig, aber man müsse unterscheiden, wenn jemand eine professionelle Ausbildung in diesem Bereich habe. «Aber ich habe auch schon halb gratis gearbeitet», sagt sie und lacht. Das sei gerade am Anfang fast nicht zu umgehen.

«Ich kann die Figur mitgestalten und dem Schauspieler helfen, in seine Rolle zu schlüpfen»

Lange Zeit habe sie aber überhaupt nicht gewusst, was sie konkret mit ihrer Ausbildung machen würde. Kostümbildnerin war nicht das Ziel. «Das ist heute seltsam, denn es ist so offensichtlich, dass es perfekt passt.» Die Arbeit sei sehr vielfältig. «Ich kann Aussagen zur Figur machen, kann die Figur mitgestalten und dem Schauspieler helfen, in seine Rolle zu schlüpfen», schwärmt Ammon. Das sei die grosse Herausforderung und mache gleichzeitig den meisten Spass.

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