Entscheide und Architekturwettbewerb stehen bevor

Lobby erhöht Druck auf Luzerner Theaterneubau

Nächste Woche kommt aus, was gegen die Risse in der Decke des Zuschauerraumes im Luzerner Theater unternommen werden muss.

(Bild: sah)

Das Luzerner Theater macht Druck in Sachen Theaterneubau und verspricht einen Architekturwettbewerb im Laufe der nächsten Saison. Doch zuerst hat das Stadtparlament das Sagen – und dann liegt der Ball beim Kanton.

«Hier soll das neue Theater stehen, im Herzen von Luzern.» Der Wille bei Stiftungsratspräsidentin Birgit Aufterbeck Sieber ist greifbar. Man will keine weitere Zeit verlieren und vorwärtsmachen in der eingeschlafenen Diskussion um einen Theaterneubau.

Auch das neue Programm des Luzerner Theaters unter dem Motto «Zeit der Zukunft» soll wieder Schwung in die Debatte bringen. Jedenfalls geht das Ensemble in der kommenden Saison auf die «Suche nach dem besten aller Spielorte», wie das Theater am Dienstag bekannt gab (zentralplus berichtete).

Es sei wieder an der Zeit, über Betriebssystem und Thea­terbau zu diskutieren. «Im Jahr 2019/20 werden wir einen Archi­tekturwettbewerb für ein Theater am Theaterplatz vorbereiten und damit eine Idee, die man anfassen kann. Endlich!», drückt das Luzerner Theater im neuen Programm auf die Tube.

«Es ist jetzt Zeit für einen internationalen Architekturwettbewerb.»

Luzerner Theater

Passend zur neuen Aufbruchsstimmung luden Stadt und Kanton Luzern am Dienstagabend zur hoch dotierten öffentlichen Diskussion in der Causa neues Luzerner Theater in die Box. Es waren anwesend als Botschafter in Sachen Theaterneubau: Stadtpräsident Beat Züsli, die städtische Kulturchefin Rosie Bitterli, Regierungsrat Reto Wyss, Intendant Benedikt von Peter, Technikdirektor Peter Klemm sowie Stadtarchitekt Jürg Rehsteiner.

Und eben Aufterbeck Sieber: «Es ist jetzt Zeit für einen internationalen Architekturwettbewerb als Grundlage für die öffentliche Entscheidung.» Sogar Jean Nouvel, Erbauer des KKL, habe sich schon eingebracht. Der Dienstag dürfte den Auftakt für die grosse Werbetrommel in Sachen Theaterneubau markieren, einen «beherzten Anfang», nannte es die Stiftungsratspräsidentin. Tatsächlich kam im voll besetzten Saal mit lauter Architekten, Theatergönnern und Politikerinnen Aufbruchsstimmung auf: Jetzt geht’s los!

Stadt hat noch nicht Position bezogen

Erweiterung oder Neubau? – So lautet die Grundfrage. Eine Testplanung der Stadt hat letzten Herbst gezeigt, dass am jetzigen Standort des 180-jährigen Theaters beides möglich ist (zentralplus berichtete). Die einen plädieren für einen Erhalt des alten Gebäudes mit Erweiterung – andere für einen Abriss und Neubau. Doch es fehlt bisher die Debatte: Es existiert weder ein Zeitplan noch ein Budget für das Projekt seitens des Kantons.

«Ich könnte den ganzen Abend über Probleme referieren.»

Peter Klemm, Luzerner Theater

Bei der Stadt hat man noch keine Position für eine Variante bezogen – zumindest nicht öffentlich. Beat Züsli sagte: «Wir müssen jetzt die Diskussion starten und die Unterstützung gewinnen.» Anders beim Luzerner Theater sowie Sinfonieorchester und Lucerne Festival, die sich klar für einen Abriss und Neubau aussprechen – nur so lassen sich die betrieblichen Defizite beseitigen.

So könnte ein Theaterneubau aussehen (Aufnahme aus dem Schlussbericht zur Testplanung eines Luzerner Theaters).

So könnte ein Theaterneubau aussehen (Aufnahme aus dem Schlussbericht zur Testplanung eines Luzerner Theaters).

(Bild: zvg)

Das Probleme-Referat

Peter Klemm führte nochmals eindrücklich die Notlage vor Augen, mit der das Team heute agiert. Sicher noch bis 2025 muss sich das Theater mit der alten Bühne abfinden, die letztmals vor 20 Jahren saniert wurde. «Wir sind räumlich völlig ausgenutzt, die Entwicklung ist vorbei», sagte er, eine weitere Sanierung sei ein Ding der Unmöglichkeit.

«Ich könnte den ganzen Abend über Probleme referieren», sagte Klemm und brachte Beispiele: Musiker proben neben Abfallcontainern, Tänzerinnen wärmen sich im Foyer auf – und der Schuhfundus: eine einzige Zumutung. «Völlig unzulänglich» sei der alte Saal mit fehlenden Neben- und Hinterbühnen.

Darum Peter Klemm: «Alle Probleme sind baulich lösbar, aber nur ein Neubau macht Sinn, ein Umbau löst die Probleme nicht.» Denn die betrieblichen Mittel werden auch in Zukunft knapp bleiben, und nur ein Neubau würde die Krux lösen, dass heute viele Mittel in technische Unzulänglichkeiten statt in die Kunst fliessen.

Die städtische Kulturchefin Rosie Bitterli und Stadtarchitekt Jürg Rehsteiner stellen sich in der Box den Fragen des Publikums.

Die städtische Kulturchefin Rosie Bitterli und Stadtarchitekt Jürg Rehsteiner stellen sich in der Box den Fragen des Publikums.

(Bild: jwy)

Noch kein Projekt

Für die meisten Anwesenden war klar: Es braucht einen Neubau mit 400 bis 600 Plätzen am jetzigen Ort. Die Grundstücke sind im Besitz der Stadt, der Neubau (oder allenfalls die Erweiterung) würde die Lücke auf dem heutigen Theaterplatz bis nahe an die Jesuitenkirche füllen.

«Die Verantwortung liegt jetzt beim Stadtrat.»

Reto Wyss, Regierungsrat

Bei aller Aufbruchsstimmung mahnte Stadtarchitekt Jürg Rehsteiner: «Wir haben noch kein Projekt, sondern erst ein Vorstadium als Grundlage für den Wettbewerb, der hoffentlich bald startet.»

Fazit der heute vorliegenden Optionen: Ein Neubau ist betrieblich optimal und würde weniger Grundfläche beanspruchen. Eine Erweiterung würde die Nostalgiker und allenfalls Denkmalschützer berücksichtigen, die dem alten Theaterbau nachtrauern.

Wie arbeiten Stadt und Kanton zusammen?

Stapi, Kulturchefin, Stadtarchitekt: Der Lead liegt momentan ganz klar bei der Stadt, da geht fast vergessen, dass die Entscheidung letztlich beim Kanton – und irgendwann einmal bei der kantonalen Bevölkerung – liegt.

Es dürfte klar sein, dass sich die Stadt ein entschiedeneres Vorgehen seitens des Kantons wünscht, auch wenn Rosie Bitterli betonte, dass man im Zweckverband zwischen Stadt und Kanton in dieser Sache sehr gut kooperiere.

Regierungsrat Reto Wyss stimmte zu: «Die öffentliche Wahrnehmung ist vielleicht anders, aber wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit.» Dass man momentan nur von der Stadt Fortschritte vernehme, sei richtig, weil es momentan ein städtebauliches Thema sei. «Die Verantwortung gegenüber der Stadtbevölkerung liegt jetzt beim Stadtrat», so Wyss. Die nächsten Schritte würden jedoch einvernehmlich folgen.

Die Sache mit den Löhnen

Wie wichtig die öffentliche Diskussion ist, zeigt die kürzlich angestossene Lohndebatte: Politiker der linken Seite drohen unverhohlen, dass sie einem Neubau nicht zustimmen werden, wenn sich in der Lohnfrage nichts bewege (zentralplus berichtete).

Die Löhne am Luzerner Theater gehören schweizweit zu den niedrigsten, zugleich herrscht Schweigen über die Cheflöhne. Die Forderungen liegen auf dem Tisch: arbeitsrechtliche Mindeststandards und mehr Transparenz für das hochsubventionierte Kulturhaus. Dazu war am Dienstag jedoch nichts zu hören, in dieser Sache bleibt noch Überzeugungsarbeit seitens des Zweckverbands und der Theaterleitung.

Der Fluch der ersten Zahl

Als sich die Diskussion in der Box öffnete, war klar: Das Publikum sorgt sich um den anstehenden politischen Prozess. Andrea Gmür, CVP-Nationalrätin und Ständeratskandidatin: «In der Stadt geniesst der Theaterneubau viel Rückhalt, was ist, wenn es im Kanton zur Abstimmung kommt?» Die gescheiterte Abstimmung im Kantonsrat und die unglückliche öffentliche Debatte zur Salle Modulable stecken noch in den Knochen.

«Die Standortwahl wird im Stadtparlament gefällt.»

Beat Züsli, Stadtpräsident

Reto Wyss mahnte zur Geduld und versprach: «Wir müssen gemeinsam eine Form finden und werden unseren Beitrag leisten.» Gerne würde man vom obersten Kulturverantwortlichen im Kanton dazu eine Vision hören – oder zumindest einmal eine Zahl. Die Frage nach den Kosten kam schliesslich auch aus dem Publikum.

Doch Reto Wyss will sich hier noch nicht auf die Äste hinauswagen – mit guten Gründen: «Das ist der Fluch der ersten Zahl.» Sei diese einmal genannt, bringe man sie nicht mehr aus der öffentlichen Diskussion. Darum: «Wir wissen es einfach noch nicht, wir machen uns aber Gedanken, was wir politisch für mehrheitsfähig halten.» Einzig von Rosie Bitterli hörte man an diesem Abend einmal die Grössenordnung zwischen 100 und 150 Millionen Franken.

Wie geht es nun politisch weiter? Der Stadtrat wird sich für eine Variante entscheiden und mit einem Antrag ans Parlament gelangen. «Die Standortwahl wird im Parlament gefällt», sagte Beat Züsli. Wann das zeitlich passiert, das ist wie so viele Fragen noch offen.

Ein wichtiger kommunikativer Akt wurde an diesem Dienstagabend vollzogen, die Botschafter in Sachen Theaterneubau haben sich formiert. Beat Züsli: «Jetzt braucht es Öffentlichkeitsarbeit.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von ferdinand Spaeti
    ferdinand Spaeti, 13.01.2020, 17:05 Uhr

    Wie gross ist das jährliche Betriebsdefizit des Luzerner Stadttheaters? (ohne die Beiträge der öffentlichen Hand.)

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