Luzerner Musiker hat sich eine neue Rolle angeeignet

Kunz: «Ich hatte lange genug Pause und könnte jetzt ein ganzes Jahr durchspielen»

Musiker Marco Kunz erzählt im Gespräch mit zentralplus von seinen Erfahrungen während der Corona-Pandemie. (Bild: Marjana Ensmenger)

Der Luzerner Mundart-Musiker Kunz hat während der Corona-Pandemie ein neues Album produziert. Nach einem Jahr Corona kann er auf aufreibende Monate zurückblicken. Bei einem Bier erzählt uns der Familienvater und Sänger von seinen Erfahrungen – und welche Auswirkungen das Virus bis heute auf seine Familie hat.

Wir treffen den Luzerner Sänger Marco Kunz passend zu seinem neuen Album im «Mai» in seinem Lieblingscafé in Luzern. Pünktlich auf die Minute trifft der Sänger ein. Der 35-Jährige ist stolzer Vater, gelernter Maurer und Musiker aus Leidenschaft. Er hat mehrere Auszeichnungen erhalten, unter anderem erhielt seine Band eine Gold-Auszeichnung für das Album «Förschi» im Jahre 2019.

Ähnlich wie bei seinen Auftritten trägt Kunz braune Lederschuhe und Hosen, ein weisses Hemd und ein Gilet. Der perfekte Schwiegersohn begrüsst uns mit einem breiten Lächeln.

zentralplus: Corona hat auch euch Musiker vor Herausforderungen gestellt: Wie hat Kunz die vergangenen Monate  erlebt?

Kunz: Wir haben versucht, so gut es ging weiterzumachen, und die Zeit letztlich auch genutzt, um ein neues Album herauszubringen. Das braucht enorm viel Zeit und die hatten wir ja auch. Zeitweise konnten wir sogar ins Studio. Schlussendlich hat alles geklappt. Ausser die Konzerte. Deshalb stecken wir jetzt umso mehr Energie in diese Vorbereitung.  

«Unser Booking hatte eine Herkulesaufgabe zu meistern, weil unsere Konzerte bereits drei Mal verschoben werden mussten.»

zentralplus: Apropos neues Album: Das Album wurde während der Pandemie produziert. Wie muss man sich die Arbeit eurer Band in dieser Zeit vorstellen?

Kunz: Es war schon speziell … Am Schreibprozess änderte sich aber nicht viel. Ich schreibe die Songs zuerst alleine. Wenn ich sie dann der Band präsentiere, sind sie im Normalfall schon fast fertig. Bis zur finalen Version dauert es aber nochmals zwischen einem Tag und einer Woche. In dieser Zeit werden die Songs jeweils von der Band arrangiert. Das ging jetzt natürlich nicht. Also haben wir immer wieder mit einzelnen Bandmitgliedern gearbeitet. Heisst: Einmal arbeitete ich mit dem Pianisten, ein anderes Mal mit dem Schlagzeuger.

zentralplus: Kunz hat auch auf Instagram Fotos mit Masken im Studio gepostet. Wie war das für euch?

Kunz: Die Aufnahmen entstanden kurz nach dem Lockdown. Während dieser kurzen Zeit war es erlaubt, Songs aufzunehmen. Da haben wir Vollgas gegeben, weil wir immer live im selben Raum spielen konnten. Oft hat uns nur eine Glasscheibe getrennt.

«Du kannst ein Optimist oder ein Pessimist sein. Ich habe mich für Ersteres entschieden.»

zentralplus: Und wie macht ihr das jetzt mit den Konzerten?

Kunz: Unser Booking hatte eine Herkulesaufgabe zu meistern, weil unsere Konzerte bereits drei Mal verschoben werden mussten. Ausserdem waren gewisse Konzerthäuser bis zum Rand voll, weil alle natürlich unbedingt im Herbst auftreten möchten. Für mich war es ein Glücksfall, dass meine Booking-Expertin Daten finden konnte.

zentralplus: Wie ging das mit den Erwerbsausfallentschädigungen für eure abgesagten Konzerte?  

Kunz: Wir haben zwar Fernsehauftritte, aber das generiert nicht ansatzweise gleich viel Ertrag wie bei Konzerten. Auch wir sind auf finanzielle Hilfe des Staates angewiesen, wenn wir ein Berufsverbot erhalten. Es steht und fällt mit den Konzerten. Finden diese nicht statt, wird auch unser Leben schwer.

zentralplus: Aber ihr habt Unterstützung erhalten?

Kunz: Ja und dafür sind wir enorm dankbar. Wenn du eine Familie hast, musst du auch als Musiker Geld nach Hause bringen.

zentralplus: Würdest du sagen, die kulturelle Arbeit der Künstler wird nach wie vor zu wenig ernst genommen?

Kunz: Die Gesellschaft muss erkennen, dass Kunst oder Musik zu machen ein Brotjob wie jeder andere ist und nicht nur ein Hobby. Wenn eine Künstlerin nicht auftreten kann, kann sie stattdessen nicht auf Knopfdruck im Büro arbeiten. Unsere Projekte sind zum Teil Jahre im Voraus geplant und man muss dranbleiben. Einfach schnell, schnell einer anderen Arbeit nachzugehen, liegt bei vielen nicht drin.

zentralplus: Hattest du im letzten Jahr nie Zweifel oder Existenzängste?

Kunz: Es war natürlich nicht immer einfach, aber man muss sich dann auch fragen, was die Alternativen sind. Du kannst ein Optimist oder ein Pessimist sein. Ich habe mich für Ersteres entschieden. Ich bin aber auch privilegiert, weil meine Frau arbeitet und ich dann zu meinem Sohn schaue. Dadurch plagen mich zum Glück keine Existenzängste. Aber es stimmt tatsächlich. Zurzeit bin ich halt etwas mehr der Hausmann, erledige die anfallenden Arbeiten und geniesse meine Papi-Zeit.

«Ein Album lebt davon, die Songs live vor den Fans zu spielen.»

zentralplus: Welche Erwartungen hast du an das neue Album «Mai»? Rechnest du wieder mit einer Gold-Auszeichnung?

Kunz: Ja, so wie es derzeit läuft, schon. Es kommt sehr gut an und ist in den Charts. Aber natürlich weiss man nie, wie sich das weiterentwickelt.

zentralplus: Ein Blick in die Zukunft, die ersten grossen Konzerte sind für September geplant: Wie gross ist die Freude, wieder vor Fans aufzutreten?

Kunz: Natürlich riesig. Die Auftritte sind besonders für das neue Album wichtig, weil wir es noch nicht live spielen konnten, auch wenn die Fans es bereits herunterladen konnten. Ein Album lebt davon, die Songs live vor den Fans zu spielen. Wir haben übrigens auch schon geprobt!

zentralplus: Du hast zahlreiche Konzerte nachzuholen. Wird dir das nicht zu viel?

Kunz: Ja, darum haben wir auch ab und zu eine Pause eingeplant. Aber jetzt hatte ich lange genug Pause und könnte ein ganzes Jahr durchspielen.

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