Neues Leben an der Pfistergasse

Kunst und Handwerk ziehen in die Luzerner Kleinstadt ein

Bringen frischen Wind in die Pfistergasse: Noëmi Gamma (links), Lillian Loos und Markus Kanthack. (Bild: zvg)

Lokales Handwerk, Design und Kunst findet man oft im Netz, an Festivals und Märkten. Doch nun entsteht in der Luzerner Kleinstadt ein Geschäft, in dem die Schwelle zum Kaufen und Verkaufen einiges tiefer liegen soll.

Über 30 Jahre wurden an der Pfistergasse 10 in der Luzerner Kleinstadt Souvenirs verkauft. Kein Wunder, die Kleinstadt ist ein Paradies für Uhren- und Racletteöfeli-Jäger. Aktuell jedoch stehen hier einige Ladenlokale leer (zentralplus berichtete). Wegen Umbau, wegen höheren Mieten – und wegen ausbleibenden Touristenbussen.

Doch auf den 80 Quadratmetern an der Pfistergasse 10 tut sich nun etwas, eine Chance für die Kleinstadt. Hier werken Markus Kanthack und Lillian Loos, die man vom Krienbrüggli ein paar Türen weiter kennt, gemeinsam mit Noëmi Gamma an einem neuen Konzept.

Es erinnert zwar noch vieles an den alten Souvenirladen, doch der Rest ist Baustelle. Alte Vitrinen, neues Holz, Farben – drinnen ist es kühl, draussen fährt das blaue Touri-Züglein vorbei.

«Wir werden einiges der Einrichtung beibehalten, doch es wird viel, viel farbiger werden», sagt Kanthack und setzt sich auf eine Werkzeugkiste. Der Gastronom führt seit 2018 gemeinsam mit Marcel Amstutz das Bistro Krienbrüggli. Den Leerstand ein paar Türen weiter hatte er deshalb bald auf dem Schirm.

LG statt WG

Ein Marktplatz für Kunstschaffende und Handwerker entsteht nun an der Pfistergasse 10, der bereits Anfang September eröffnen soll. Eine Art WG für Kunst – eine LG. «Ladengemeinschaft» nennt es Gamma. Hier kann man Fläche mieten und seine eigene Kunst von Loos, Gamma und Kanthack verkaufen lassen.

Loos und Gamma, selbst Absolventinnen der Luzerner Kunsthochschule, haben die Idee für das «Spektrum» gemeinsam mit Kanthack entwickelt. Dieser war stets von den Skizzen begeistert, die Lillian Loos als Vorarbeit für ihre Malereien anfertigte. «Ich fand es schade, dass man diese Arbeiten von Lillian nirgends sehen und kaufen konnte», so Kanthack.

«In so vielen Ateliers, in heimischen Werkstätten und Büros liegen vielfältige und tolle Handarbeiten, die vor sich hinstauben.»

Noëmi Gamma, Co-Gründerin «Spektrum»

Und nicht nur in Loos’ Atelier bleibt viel Kunst ungesehen. «In so vielen Ateliers, in heimischen Werkstätten und Büros liegen vielfältige und tolle Handarbeiten, die vor sich hinstauben», sagt Noëmi Gamma. Es sei nun ein schönes Experiment, mitten in der Stadt die Möglichkeit zu haben, Fine Art, Handwerk und spontane Ideen aufeinandertreffen zu lassen.

Viel Platz

88 Flächen sollen im Minimum vermietet werden, damit das Konzept auch finanziell aufgeht. Regalflächen, Mappen, Vitrinen und Kleiderständer – zwischen 14 und 58 Franken kostet ein Platz im Monat. Und die Kommission liegt bei 20 Prozent. «Damit sind wir einiges günstiger als Galerien, die um die 50 Prozent Kommission nehmen», so Loos.

Zudem sei es für viele Künstlerinnen und Handwerker eine niederschwellige Möglichkeit, Rückmeldungen auf ihre Arbeiten zu erhalten und zu sehen, ob sich das eigene Schaffen denn auch verkauft.

Inspiration in Leipzig gefunden

Der Standort sei ein Glücksfall und die Miete noch im Rahmen. Die Besitzerin, die den Souvenirladen früher selbst führte, sei an einer lebendigen Kleinstadt interessiert.

So wie auch die drei Gründerinnen von «Spektrum». «Erstmal werden wir wohl kaum viel damit verdienen», so Loos. Doch dass das Konzept funktioniert und langfristig auch etwas damit zu verdienen ist, davon ist Kanthack überzeugt. Ein Freund von ihm habe etwas Ähnliches in Leipzig aufgebaut und mittlerweile bereits mehrfach vergrössern müssen.

Verkaufen und Netzwerken

Für das «Spektrum» hat es bereits über 20 Anmeldungen gegeben. Und rund 40 Interessenten hätten mündlich zugesagt. Darunter sind aktuell viele aus dem Netzwerk der Kunsthochschule, aber auch ältere Handwerkerinnen und Künstler seien dabei.

Von Kunst, Keramik, Schmuck bis hin zu Postkarten, Kleidern, Holzhandwerk und einigen Überraschungen ist alles zu finden. «Alles, was eine Person selbst gemacht hat», so Kanthack und Gamma ergänzt: «Wir starten sehr offen und kuratieren mit der Zeit bestimmt ein bisschen.» Erstmal seien sie aber vor allem auf der Suche nach weiteren Interessierten.

Den Verkauf werden die drei Gründer selbst übernehmen. «Uns ist dabei auch wichtig, dass wir nicht einfach bloss verkaufen. Wir wollen den Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform geben, über ihre Arbeiten Bescheid wissen und Besuchenden inhaltlich mehr darüber erzählen können», so Loos. Zudem soll das «Spektrum» neben dem Laden auch zu einem Ort des Netzwerkens werden. Dafür ist zusätzlich eine Begegnungsecke geplant – ein Treffpunkt für die Kunst.

Und allenfalls – man darf hoffen – ist es nicht das letzte frische Konzept, das neben Comics, Blumen und Kunst die ehemalige Souvenir-Ecke der Kleinstadt zum Leben erweckt.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von BuA
    BuA, 18.08.2020, 18:17 Uhr

    Hallo Jana,
    ich schätze die Themenwahl deiner Artikel jeweils sehr. Jedoch störe ich mich daran, dass du keine geschlechtersensible Sprache benutzt. Gerade in diesem Artikel wo es doch z.B. überwiegend Frauen* sind die «Spektrum» gründen, gibt es keine Ausrede generischen Maskulina den Rücken zu kehren. Ich schlage dir deshalb dringend vor, dir die Schreibweise mit Gender-Asterisk anzueignen. Also: von Gründer*innen zu sprechen, sodass auch weitere Geschlechter repräsentiert werden. Und nicht nur die binären Geschlechter Mann und Frau (wie etwa bei GründerInnen etc.) angerufen und das heteronormative System reproduziert wird.
    THX.

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    • Profilfoto von Redaktion zentralplus
      Redaktion zentralplus, 18.08.2020, 19:12 Uhr

      Danke für die Anregung. Wir verwenden bei zentralplus einheitliche Regeln zur Sprache, unabhängig vom Inhalt eines Artikels oder von der Autorin / dem Autor. Wir haben dies unter anderem hier ausgeführt: https://www.zentralplus.ch/zentralplus-fragt-leserinnen-was-haltet-ihr-von-sternchen-1479919/

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  • Profilfoto von Sarah
    Sarah, 15.08.2020, 10:54 Uhr

    Es gab mal den Young Designers Market. Ging auch nach Jahren nicht auf und verabschiedete sich ins Internet. Sorry aber go woke, go broke. Das wird sich leider nicht lange halten.

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